Wenn ich dich gefunden habe
Auf diese Weise würde es keine Missverständnisse, keine Enttäuschungen und keine Verunsicherung geben. Und siehe da, drei Monate später war keine Rede vom nächsten Schritt oder davon, dass sich die Beziehung weiterentwickeln musste.
Anya und Tintin kamen zu dem Schluss, dass Dara eine Beziehungsphobie hatte.
»Es ist nicht deinä Schuld«, sagte Anya. »Mir ginge äs nach dem melancholischen Olly genauso.«
Doch Dara wusste, sie hatte keine Beziehungsphobie. Sie konzentrierte sich bloß auf eine andere Beziehung, nämlich auf die zu Angel. Angel brauchte sie, und Dara
würde sie nicht hängenlassen. Das war in ihrer Familie schon zu oft vorgekommen.
Ian sprach mit ihr über ihre Karriere. »Signalisiere ihnen, dass du eine leitende Position im, äh, Hundeasyl anstrebst.«
Dara nickte, obwohl sie nichts dergleichen in Erwägung zog. Sie war nicht sicher, wie Anya reagieren würde.
Er ermutigte Dara, sich weiterzubilden. »Du könntest einen Wirtschaftskurs besuchen und dich selbstständig machen. Dein Geschäftsfeld erweitern. Eine Kombination aus Hundeschule, Hundepension und Hundesalon eröffnen. Es gibt einen riesigen Markt für solche Dienstleistungen. Du wärst bestimmt sehr erfolgreich. Ich meine, diese …« – Er senkte die Stimme – »… Rezession kann ja nicht ewig dauern, oder?«
Dara schwieg. Sie wusste, dass sie nie Schritte in diese Richtung unternehmen würde. Wozu auch? Es lief doch alles wie geschmiert. Aber sie fand es schön, dass Ian ihr das alles zutraute.
Ian riet ihr auch, den Führerschein zu machen. »Was hast du schon zu verlieren?«, fragte er, und so avancierte Dara, die sich bislang stets mit ihrem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegt hatte, von der ängstlichen Beifahrerin (die ständig zusammenzuckte und sich die Augen zuhielt oder mit dem Fuß eine imaginäre Bremse betätigte) zur ängstlichen Fahrschülerin.
Er gab ihr sogar ein paar private Fahrstunden (die in der Fahrschule waren ziemlich teuer), und obwohl er ein Automatikauto fuhr, wusste Dara es zu schätzen, zumal ihr klar war, wie sehr er seinen Jeep liebte.
Ian war es auch, der sie dazu ermutigte, um einen Kredit für ein Auto anzusuchen. Er bot ihr sogar seine Hilfe beim
Ausfüllen des langen, komplizierten Formulars an. Dara hasste Formulare. Es war äußerst mühsam, die Buchstaben in die winzigen Kästchen auf den Vordrucken zu zwängen. Und es war mühsam, ihrer Mutter dabei zuzusehen, wie sie versuchte, Daras verschnörkelte Handschrift zu entziffern. »Ist das ein Wort?«, fragte Mrs. Flood oft mit gerunzelter Stirn.
Ian ermutigte Dara außerdem, in eine Rentenversicherung einzuzahlen, obwohl sie bei ihren lächerlichen monatlichen Beiträgen froh sein musste, wenn sie ihren Lebensabend im nahegelegenen Blackpool verbringen konnte.
Dara war klar, dass diese Art von Beziehung nicht jedermanns Sache war.
»Äs wird böses Ende nehmen«, prophezeite Anya finster.
»Die große Liebe ist es wohl nicht gerade«, sagte Tintin. Seine eigene Suche nach der großen Liebe war ausführlich dokumentiert und wurde von ihnen in fast jeder Mittags-oder Kaffeepause diskutiert – und jeden Mittwochabend, wenn sie sich im Doghouse, ihrem Stammpub gegenüber des Hundeasyls, ein Bierchen genehmigten. Tintin bezeichnete sich als bisexuell. »Warum soll ich meine Möglichkeiten einschränken?«, hatte er gefragt, als Anya gesagt hatte, er solle sich entscheiden. »Ich will doch nur für alles offen sein, weiter nichts.« So gesehen klang es absolut einleuchtend, wenn nicht sogar zweckmäßig.
Ja, Dara musste zugeben, dass Ian Harte wohl nicht ihre große Liebe war. Ehrlich gesagt bezweifelte sie, dass es die überhaupt gab. Aber er war definitiv ganz okay. Mehr als das. Und sie fand es schön, sich am Samstagabend an einen warmen Körper zu schmiegen. Jemanden zu haben, dem sie so viel bedeutete, dass er sich die Mühe machte, bei
Google nach der günstigsten Autoversicherung zu suchen. Und dann waren da noch die Geschenke, mit denen er sie förmlich überhäufte: Strumpfgürtel und Seidenstrümpfe und Stöckelschuhe und Champagner, den er ihr aus dem Bauchnabel leckte, mit einer Zunge, die genauso rosa war wie die von Edward.
13
Dara wartete eine ganze Woche auf den richtigen Moment, um Mrs. Flood und Angel von Anyas Idee zu erzählen. Sie wusste, es war eine absurde Idee, völlig verrückt, und es war höchst unwahrscheinlich, dass etwas dabei herauskam. Aber der Gedanke hatte sich in
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