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Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition)

Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition)

Titel: Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fulvio Ervas
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einem Schwarzweißfilm: Soldatenuniformen, niedrige Holzhäuser, Unmengen von Schaufensterpuppen, Indianer, Colts und große Gewehre. Ein gegen den Feind gerüstetes Amerika, roh, gestrig, in einer Pose erstarrt. Im Haus von Kit Carson verkleiden wir uns als Banditen, samt Pistole. Ich fordere Andrea zum Duell: Schnell ziehe ich meinen Colt und tue so, als würde ich schießen. Er rührt sich nicht. Doch beim zweiten Versuch kommt er mir blitzschnell zuvor, und auch beim dritten und beim vierten Mal, mein bildschöner Billy the Kid. Er hört gar nicht mehr auf. Er schießt auf die Welt, auf den Himmel, auf die Berge. Auf den Staub.
    Ich kann ihn nicht dazu bringen, wieder in seine eigenen Klamotten zu schlüpfen, eine Weile schlendert er durch Taos im Pistolero-Kostüm. Zuletzt zwinge ich ihn, es abzulegen, was ihn in große Erregung versetzt. Mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit streckt er mir seinen Arm hin, damit ich ihn beiße. Ich bleibe standhaft: Nein, bei der Abfahrt haben wir eine Abmachung getroffen. Er will nichts hören, lässt sich nicht beruhigen. Vielleicht hat er Hunger, sage ich mir, und schleife ihn in ein Restaurant.
    Andrea ist wirklich total aufgedreht: Kaum sind wir drinnen, stellt er die Klimaanlage ab, rückt das Besteck auf dem Tisch nach seinem persönlichen Geschmack zurecht, will dann um jeden Preis das der Nachbarn genauso hinlegen – worauf wir uns einen Blick einfangen, der wohl bedeuten soll: »Was zum Teufel seid ihr denn für zwei?« In Sekundenschnelle kippt er zwei Flaschen Mineralwasser, hält mir immer wieder den Arm an den Mund, weil er gebissen werden will. Andre, wiederhole ich, das kommt nicht in Frage! Daraufhin springt er vom Stuhl, rauf und runter, rauf und runter.
    Dann wendet er sich der Kellnerin zu: Jedes Mal, wenn sie vorbeigeht, greift er nach ihrer Hand und lässt sie nicht mehr los, doch die schmächtige Kleine legt eine unerwartete Kraft an den Tag und zieht stärker als er.
    Sie ist sehr hübsch, nett und freundlich.
    »Sir, Ihr Sohn hält mich an der Hand fest«, flüstert sie, als handele es sich um ein Familiengeheimnis.
    »Andre! Lass das Mädchen los!«
    »Schimpfen Sie nicht. Es wäre überhaupt kein Problem, wenn ich nicht arbeiten müsste…« Fragen stehen ihr ins Gesicht geschrieben.
    »Andre!«
    Er berührt ihren Bauch. Ich kann ihn einfach nicht bändigen. Wir müssen gehen.
    Draußen setze ich mich mit ihm auf die erste Bank, die wir finden.
    »Erklärst du mir mal, warum du alle Mädchen so anfasst?«
    »Verlobte fasse ich an.«
    »Aber du fasst auch Mädchen an, die du gar nicht kennst…«
    »Mädchen schön.«
    »Andre, die Leute haben einen Bauch, zugegeben, aber es gibt nun mal Verhaltensregeln, und es kann sein, dass es den Frauen unangenehm ist, wenn so ein Draufgänger wie du ihnen zu nahe tritt, du übertreibst es mit den Umarmungen, dieses arme Mädchen wusste gar nicht mehr, was sie machen sollte, und irgendwann sagen die Leute: Pass auf, da kommt dieser lange Lulatsch, der dir auf den Bauch drückt, lauf, lauf schnell weg! Hast du verstanden? Die Leute können weglaufen und dich meiden, dann wirst du niemanden mehr so umarmen. Willst du denn plötzlich ganz allein dastehen?«
    Er sieht mich an.
    »Andre, willst du allein dastehen?«
    »Allein, Papa.«
    In der Ferne hören wir ein Grollen, ein Gewitter ist im Anzug.

Coyotenjagd
     
    Stimmengewirr im Hintergrund. Ich öffne die Augen und sehe, dass Andrea vor dem laufenden Fernseher sitzt.
    »Bist du denn nicht mehr müde?« Keine Antwort, die Bilder hypnotisieren ihn: ein Saloon namens Coyote Ugly, es wird getanzt und geht hoch her. Der Film spielt in Denver. Ich versuche, Andrea ins Bad zu schicken, aber nichts zu machen. Er ist jetzt außer sich vor Begeisterung, tanzt auf dem Bett Pirouetten.
    Denver…
    Die texanischen Rider hatten uns zum Besuch der Stadt geraten, zum Dampfablassen. Jedenfalls herrschen dort gemäßigte Temperaturen. Vielleicht ist ja ein bisschen prickelnde Luft Balsam für unsere Seelen.
    Einverstanden, Andre, wir fahren durch die Berge. Denver ist hier gleich um die Ecke. Und wenn es das Coyote Ugly tatsächlich gibt, schauen wir es uns an.
    Fünfhundert Kilometer, am frühen Nachmittag sind wir da. Die Stadt erscheint uns majestätisch, eine große amerikanische Metropole. Wir parken vor dem ersten Hotel, das uns das gute Navi empfohlen hat, mitten im Zentrum. Pflaumengroße Tropfen klatschen auf den noch sonnenwarmen Asphalt. »Andre, beeil dich, diese

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