Wenn ich in deine Augen seh (Bianca) (German Edition)
Klassenkameraden in einer Fantasiewelt Trost suchte. Und das war ganz allein ihre Schuld, weil sie so rastlos von einem Ort zum anderen zog.
„Kann ich vorher spielen, Mom?“
Immer wieder fragte er das, obwohl er wusste, dass er zuerst die Hausarbeiten machen musste. „Dazu hast du heute keine Zeit. Wir ziehen jetzt gleich auf die Ranch um.“
„Super! Jetzt krieg ich endlich die Pferde zu sehen.“
Rachel schmunzelte. „Nicht so schnell, mein Freund. Zuerst kaufen wir Lebensmittel fürs Abendbrot, dann holen wir den Anhänger und danach machst du deine Hausaufgaben, während ich unsere Sachen auslade.“
„Ich will aber dabei helfen!“
Sie sah im Rückspiegel, dass er einen Schmollmund zog, und blieb bei ihren Worten: „Nein, zuerst Hausaufgaben. Und schieb deine Brille hoch.“
Er gehorchte. „Ist Mr Ash immer da?“
„Meistens. Er führt doch die Ranch.“
„Zeigt er mir die Pferde?“
„Wir wollen ihn vorläufig nicht damit belästigen.“ Ebenso wenig wie mit anderen Dingen.
„Aber ich will die Pferde sehen!“
Rachel bog in den Parkplatz des Supermarkts ein, verdrängte Pferde und Ashford McKee aus ihrem Kopf und konzentrierte sich auf den Einkauf.
Er entdeckte sie, sobald er um das Getränkeregal bog. Sie stand an der ersten Kasse, den dunklen Kopf zu ihrem weizenblonden Sohn hinuntergebeugt. Ashford musterte ihr Profil aus der Ferne. Ihre zarten klaren Züge erinnerte ihn an Uma Thurman. Soll ich kehrtmachen oder zur Kasse gehen?
Wie fremdgesteuert trugen ihn die Füße an der zweiten Kasse vorbei zu Rachel. Sie lud gerade ihren Einkauf aus dem Korb auf das Band – Kartoffeln, Salat, Milch, Rindfleisch. Er grinste. „Steaks? Eine gute Entscheidung.“
Sie wirbelte herum. „Oh! Ash.“
„Hallo, Rachel.“ Er legte seine eigenen Rinderfilets auf das Band. Ihm fiel kein weiteres Wort zu sagen ein, solange ihr Blick auf sein Gesicht geheftet war. Er merkte, dass der Junge ihn durch seine runden Brillengläser anstarrte. „Hey, du.“
„Hey.“ Schüchtern versteckte Charlie sich hinter seiner Mutter.
Hatte Daisy in dem Alter ebenso Schutz bei ihrer Mutter gesucht? Ashford konnte sich nicht erinnern. Susie war damals tagtäglich mit Gästen in die Berge und durch die Wälder geritten.
Rachel musterte seinen Einkauf. „Ich dachte, Rancher essen ihr eigenes Rindfleisch!?“
„Was glauben Sie, woher die Geschäfte das Fleisch beziehen, wenn nicht von uns Ranchern?“
Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
Unwillkürlich kam ihm in den Sinn, dass sein Mund perfekt auf ihren gepasst hätte. Moment mal. Was soll denn der Unsinn?
„Ich hätte nicht erwartet, Sie hier zu sehen“, bemerkte sie.
Er holte seine Brieftasche heraus. „Sie haben nicht erwartet, dass ich esse ?“
„Das meine ich nicht. Ich dachte, Sie wären vielleicht …“
„Auf meinem Gehöft? Im Stall, wohin ich gehöre?“
Sie wirkte so verlegen, dass es ihm plötzlich Spaß machte, sie zu necken. Außerdem gefiel ihm der Klang ihres Lachens. Und viele andere Dinge an ihr. Dinge, an die er seit Jahren nicht gedacht und die er seit Jahren nicht erlebt hatte. Sie erweckte Gefühle . Und er war sich nicht sicher, ob er überhaupt etwas empfinden wollte.
Unvermittelt bemerkte er: „Sie sollten öfter lachen. Es lässt Ihre Augen blauer wirken.“
Sie errötete. „Flirten Sie etwa mit mir?“
Abrupt wurde er ernst. „Nein“, antwortete er schroff und dachte dabei an die letzte Frau, mit der er geflirtet hatte – Susie, und zwar am Abend vor ihrem Tod.
„Keine Sorge. Ich bin sowieso nicht interessiert“, sagte Rachel, doch das Strahlen in ihren Augen war erloschen. Sie bezahlte ihren Einkauf, murmelte einen Abschiedsgruß und schob Charlie vor sich her zum Ausgang.
Ashford beobachtete durch das Fenster, wie sie die zwei Einkaufstüten zu ihrem Auto trug.
Er wollte ihr nachlaufen und eingestehen, dass er sehr wohl geflirtet hatte. Dass es ihm gefiel, wie ihr Lachen ihre Augen aufleuchten ließ. Wie froh er darüber war, dass sie von nun an näher beieinander wohnen würden, nur dreißig Meter von seinem Haus entfernt.
Er nahm seine Fleischpackung und stürmte zur Tür hinaus. Verdammt! Als Nächstes komme ich womöglich noch auf die Idee, in einer Reporterin der Rocky Times ein potenzielles Date zu sehen!?
Rachel war nicht im Geringsten an einem Flirt interessiert. Und schon gar nicht mit Ashford McKee und dessen frostigem Naturell.
Sie konnte seinen abrupten Stimmungswechsel deuten,
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