Wenn ich in deine Augen seh (Bianca) (German Edition)
Daisy ein, „ich zeige dir die Pferde drüben im andern Stall.“ Sie nahm ihn an der Hand und zog ihn durch eine Seitentür hinaus.
Rachel blieb allein mit Ashford und dem Vieh zurück. „Ich werde Charlie in Zukunft fernhalten. Heute hat er Daisy angefleht, ihm die Kälber zu zeigen. Ich hatte nicht erwartet, dass eine Geburt stattfindet.“ Misstrauisch beobachtete sie die Kuh, die zwar sanftmütig aussah, aber als frischgebackene Mutter vermutlich ausgeprägte Beschützerinstinkte entwickelt hatte und gewiss schnell zur Furie werden konnte.
„Kein Problem, solange er in Begleitung von Daisy oder einem Erwachsenen ist.“„Danke, dass du ihn nicht angeschrien hast.“
„Ich bin doch kein Kinderschreck.“
„So habe ich es auch nicht gemeint.“ Abrupt wandte sie sich ab.
„Rachel?“
Sie drehte sich zu ihm um.
„Ich schreie auch keine Frauen an.“ Er ging zu ihr und blieb auf Armeslänge entfernt stehen. „Ich ärgere mich vielleicht über sie und fluche leise vor mich hin, aber ich schreie nicht.“
Sie schluckte. „Das ist gut zu wissen.“
Er legte ihr einen Finger unter das Kinn und hob ihr Gesicht. „ Wer hat dich angeschrien?“
Im Geist sah sie Bill Brants zorniges Gesicht und hörte seine ätzenden Worte. Sie wich zurück. „Niemand.“ Sie hatte bisher keinem von den Wutausbrüchen ihres Vaters erzählt. „Danke, dass Charlie die Geburt mitansehen durfte. Dann gute Nacht.“ Erneut wandte sie sich ab und eilte zum Ausgang.
Beinahe unhörbar murmelte er sanft: „Gute Nacht, Rachel.“
Ein leichter Wind trieb vereinzelte Schneeflocken durch die kahlen Äste der Bäume am Straßenrand, während Rachel vor der Grundschule auf Charlie wartete.
Die Minuten verstrichen. Fünf, zehn, dann fünfzehn. Musste er etwa nachsitzen?
Sie stellte den Motor ab und eilte in das Gebäude. Sein Klassenzimmer war leer. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, während sie zum Büro lief und seine Klassenlehrerin zu sprechen verlangte.
Eine halbe Minute später erschien Mrs Tabbs.
Rachel bemühte sich, ihre Panik zu unterdrücken. „Ich möchte Charlie Brant abholen. Ist er bei Ihnen?“
„Oh, der ist mit Daisy McKee gegangen. Die beiden haben gesagt, dass es in Ordnung geht, weil Sie jetzt auf der Ranch leben.“
„Wir wohnen bloß vorübergehend dort“, korrigierte Rachel.
„Dann muss ich mich entschuldigen. Ich hätte eine schriftliche Erlaubnis verlangen sollen.“
Allerdings. Mein Junge ist doch erst sieben. Was, wenn ein x-beliebiger Fremder ihn abgeholt hätte? Rachel lief zu ihrem Auto und fuhr zur Ranch. Dort wartete sie ungeduldig auf der Veranda des Haupthauses, den Blick auf die Landstraße geheftet.
Endlich kam der Bus in Sicht. Zwei Gestalten stiegen aus und kamen mit flatternden Schals zum Haus hinauf.
„Hallo, Mom!“, rief Charlie aufgeregt. „Ich bin mit dem Bus nach Hause gekommen. Kann ich jetzt immer mit dem Bus fahren?“
Sie ging über die Rollstuhlrampe zu ihm. „Hast du gar nicht daran gedacht, dass ich wie immer vor der Schule auf dich warte?“ Aus den Augenwinkeln sah sie Ashford den Hof überqueren.
Charlies Wangen wurden rot. „Ich dachte, du weißt es.“
„Woher denn? Hast du mich gefragt? Habe ich es dir erlaubt? Ich musste mich erst bei deiner Lehrerin erkundigen, wo du steckst. Hast du überhaupt eine Ahnung, welche Sorgen ich mir gemacht habe?“ Natürlich nicht. Er ist schließlich erst sieben. Kinder machen sich keine Sorgen.
Zerknirscht sagte Daisy: „Es ist meine Schuld. Ich hätte dich anrufen und dir Bescheid sagen sollen.“
„Das stimmt. Aber mein Sohn hat genauso Schuld. Er kennt die Spielregeln.“
Kleinlaut fragte er: „Heißt das, dass ich jetzt Stubenarrest habe?“
Ashford blieb ganz in der Nähe stehen.
Rachel war sich deutlich bewusst, dass er sie und die Kinder beobachtete. „Das heißt, dass du nicht mehr mit dem Bus fährst, bis ich es dir ausdrücklich erlaube.“
Charlie verzog das Gesicht, doch sie ließ sich nicht erweichen, obwohl sie ihn am liebsten in die Arme gezogen und geküsst hätte. Ich hab dich lieb, aber das ist eine lebenswichtige Lektion, mein Sohn.
„Okay“, brummelte er bedrückt.
„Hi, Daddy“, murmelte Daisy und trottete an ihm vorbei zur Veranda.
„Hallo, Daiz.“
„Du kannst jetzt gehen“, sagte Rachel zu Charlie, und der lief erleichtert zum Cottage. Sie seufzte. „Danke, dass Sie es mir überlassen haben, die Sache mit den beiden zu klären.“
Lachfältchen erschienen um seine
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