Wenn ich in deine Augen seh (Bianca) (German Edition)
Augen. „Mir scheint, dass Sie sehr gut allein zurechtgekommen sind.“ Er wurde ernst und versicherte: „Es wird nicht wieder vorkommen. Daisy ist impulsiv, aber sie begreift schnell.“
„Mir geht es nicht um sie, sondern um Charlie. Als er zu sprechen anfing, habe ich ihm schon beigebracht, nicht mit Fremden mitzugehen.“ Hastig fügte sie hinzu: „Natürlich ist Daisy keine Fremde, aber …“
„Es geht ums Prinzip.“
Dass er verstand, tat ihr gut. „Genau.“
Die Haustür flog auf. Daisy, ohne Mantel und Ranzen, spähte hinaus. „Tut mir echt leid, dass du dir wegen mir Sorgen gemacht hast, Rachel.“
„Schon vergessen.“
Fragend blickte Daisy zu Ashford.
„Zur Strafe wäschst du eine Woche lang das Abendbrotgeschirr ab.“
Sie nickte und wandte sich ab, zögerte dann aber. „Dad? Kannst du am St. Patrick’s Day bei unserem Schulfest die Aufsicht übernehmen? Das ist ein Freitag.“
„Es ist gerade kein guter Zeitpunkt, um mich das zu fragen.“ Sein Ton verriet, dass er sich noch zu sehr über ihr verantwortungsloses Verhalten ärgerte.
„Außerdem wollte ich wissen, ob Rachel Fotos für die Zeitung machen kann.“
„Daisy, bitte!“
„Schon gut“, warf Rachel ein. „Ich frage Mr Hanson.“
Daisys Miene erhellte sich. „Cool! Dann kannst du ja zusammen mit Dad kommen.“
Zusammen? Wie ein Paar? „Ich denke …“, begann Rachel.
„Rachel muss sich jetzt um Charlie kümmern.“ Ashford stieg die Rampe hinauf. „Und du mach die Tür zu, sonst geht noch die ganze teure Wärme aus dem Haus.“
„Aber ich muss es wissen, Dad!“
„Später.“ Er schob sie hinein und schloss die Tür.
Verständnislos blieb Rachel allein im eisigen Wind stehen. In einem Moment stellte Ashford sich auf ihre Seite und im nächsten schlug er ihr buchstäblich die Tür vor der Nase zu.
Enttäuscht von dem Verlauf des Tages lief sie zum Cottage, wo Charlie zweifellos ungeduldig darauf wartete, das Ausmaß seiner Bestrafung zu erfahren.
Daisy lag auf dem Bett, ein Buch an die angezogenen Knie gelehnt, und las. Zumindest tat sie so.
Ashford klopfte an die offene Tür. „Ich glaube nicht, dass ich das Fest beaufsichtigen kann.“
„Warum nicht? Weil ich Rachel gefragt habe, ob sie auch kommt?“
Er betrat das Zimmer. „Weil die Kälber Hochsaison haben.“
„Kann Ethan sich nicht eine Nacht darum kümmern? Außerdem wärst du gar nicht die ganze Nacht weg. Das Fest geht bloß bis zehn.“ Einen Moment lang presste sie die Lippen zusammen. „Du wärst also rechtzeitig wieder bei deinen kostbaren Kühen.“
„Spar dir die Ironie, ja!? Außerdem machst du aus einer Mücke einen Elefanten.“
„Ach ja? Wie oft habe ich dich denn schon gebeten, irgendwas für die Schule zu tun? Oder auch nur zum Elternabend zu erscheinen?“
Susie war das Bindeglied zur Schule gewesen. Das rechtfertigte allerdings nicht seine Nachlässigkeit. Insgeheim gestand er sich den wahren Grund ein: Er hatte Angst, dass er von einem Lehrer aufgefordert wurde, Daisys hervorragende Aufsätze zu lesen. Was hätte er nicht dafür gegeben, dies auch tun zu können!
Hitzig fuhr Daisy fort: „Du könntest mir ruhig mal helfen! Ich bin nämlich im Festausschuss und wir kriegen nicht genügend Leute für die Aufsicht zusammen.“
„Was ist denn mit den Lehrern?“
„Vier haben zugesagt. Aber wir brauchen insgesamt acht Personen. Sonst wird das Fest gestrichen.“
Seufzend rieb er sich den Nacken und rief sich in Erinnerung, dass sie für ihre fünfzehn Jahre sehr vernünftig war. Eigentlich musste er dankbar dafür sein, dass sie nicht in schlechter Gesellschaft verkehrte, weder drogensüchtig noch kriminell, ja nicht mal verrückt nach Jungs war. „Also gut. Setz mich auf die Liste.“
„Danke, Dad.“
Er wandte sich zum Gehen.
„Falls Rachel kommt, um Fotos zu machen, könnt ihr ja zusammen hinfahren.“
Abrupt wirbelte er zu ihr herum. „Es hat keinen Sinn, Daisy.“
Mit großen Unschuldsaugen fragte sie: „Was denn?“
„Dein Verkupplungsversuch, meine Liebe.“
„Ich will euch doch gar nicht verkuppeln. Ich denke bloß daran, dass du Gesellschaft hast und Benzin sparst, wenn ihr in einem Auto fahrt.“ Sie runzelte die Stirn über seinen ungläubigen Blick. „Komm schon, Dad, sie ist doch keine eklige Kröte. Außerdem merkt jeder, dass du sie magst.“
„Halt dich da bloß raus, Daiz.“ Er schlug mit einer Hand gegen den Türrahmen und ging zur Treppe.
„Prima!“, rief sie ihm nach.
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