Wenn ich in deine Augen seh (Bianca) (German Edition)
„Dann tu doch so, als ob du sie nicht ausstehen kannst! Was kümmert’s mich? Schließlich bist du derjenige, der den Kürzeren zieht, wenn Pete Richards oder Ethan sich an sie ranmachen.“
Ashford blieb auf dem Treppenabsatz stehen. Pete Richards arbeitete für die Rocky Times . Dass sich einer ihrer Kollegen für Rachel interessierte, konnte er nachvollziehen. Aber Ethan?
Er kehrte in das Zimmer zurück und knurrte: „Wie kommst du auf Ethan?“
Ein selbstzufriedener Ausdruck trat auf Daisys Gesicht. „Er hat mich gefragt, ob sie mit jemandem zusammen ist. Ich hab Nein gesagt. Dann wollte er wissen, wohin jemand wie sie gern essen gehen würde. Ich hab ihm geraten, mit ihr ins Cattle Barn zu gehen, weil sie gern Countrymusik hört.“
„Woher weißt du das denn schon wieder?“
Sie verdrehte die Augen. „Mensch, Dad, wach auf! Das nennt man Frauengespräche . Glaubst du etwa, dass wir bloß über Grandpa reden?“
Ja, genau das habe ich gedacht, um ehrlich zu sein. Okay, dass sie sich nebenbei über Kinkerlitzchen wie Mode oder Schminke unterhielten, konnte er sich vielleicht noch vorstellen. Aber doch nicht über so intime Dinge wie Rachels Männerbekanntschaften!? Großer Gott, ob Daisy sich bei ihr etwa nach Jungs erkundigt?
Er forschte im Gesicht seiner Tochter und stellte fest, dass sie unbemerkt erwachsen geworden war. Sie wirkte wie fünfundzwanzig statt fünfzehn. Und sie kannte sich aus mit Dingen, die er ihr vorenthielt. Dinge wie Kondome und was Jungs in ihrem Alter von Mädchen wollten – verdammt, was Männer in seinem Alter von Frauen wollten! Was ich selbst schon länger von Rachel will …
Daisy klappte das Buch zu. „Guck mich nicht so an. Rachel ist eine nette Person. Sie ist sensibel und klug und hat keine Angst, über Dinge zu reden.“
Ashford sah ihr an, dass sie dachte: Sie macht einfach nur das, was Mom auch getan hätte.
Aber hätte Susie ihre Tochter aufgeklärt? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Sie hatte ihre Tochter sehr geliebt, ebenso wie ihren Mann. Aber in manchem entscheidenden Moment war sie beiden keine Stütze gewesen.
Zum Beispiel nicht, als Daisy mit acht Jahren den Wunsch geäußert hatte, Ballettunterricht zu nehmen.
„Ballerinas sind groß und schlank“, hatte Susie erklärt. „Du kommst leider nach mir – du bist klein und rundlich.“
Später hatte er Daisy in Areos Box gefunden. In Tränen aufgelöst, weil sie nicht klein und rundlich sein wollte, sondern groß und schlank wie ihr Vater. Und weil sie unbedingt Ballerina werden wollte.
Leider sollte Susie recht behalten. Daisy war eher klein und weiblich gebaut. Vielleicht legte sie in den kommenden Jahren noch einige Zentimeter zu, aber sie bekam mit Sicherheit nicht die grazile Gestalt einer Tänzerin.
Trotzdem würde ich die Ranch darauf verwetten, dass Rachel ihr zum Ballettunterricht geraten hätte. Und dieser Unterschied beunruhigte ihn.
„Mir ist es egal, mit wem du dich unterhältst“, erklärte er, „solange du die Familie raushältst. Ist das klar?“
„Von mir aus. Du bist sowieso der Letzte, über den ich reden will!“
Das tat weh. „Dann ist es ja gut.“ Ashford drehte sich zur Tür um.
„Sie will mir helfen, ein Tagebuch über Mom anzulegen.“
Langsam drehte er sich auf dem Absatz um. „Wie bitte?“
Daisy reckte das Kinn vor. „Ich will Sachen über Mom aufschreiben, damit ich sie nicht vergesse. Rachel hat so ein Buch über ihre Mom verfasst und …“
„Du redest mit jemandem von der Zeitung über deine Mutter ?“
Ein theatralischer Seufzer. „Dad, komm mal wieder runter! Sie macht es doch nicht für einen Zeitungsartikel.“
„Wenn’s ums Schreiben geht, ist bei ihr alles für irgendeinen Artikel.“
„Tja, in diesem Fall aber nicht.“ Ihre Stimme hob sich. „Ich will Mom nicht vergessen, und das ist die einzige Möglichkeit. Überall stehen hier ihre Fotos rum, aber sie ist wie eine Fremde. Ich muss über sie reden, selbst wenn du es nicht tust. Ich will mich an die guten und an die schlechten Zeiten erinnern. Ich will die Frau auf all diesen Bildern kennen.“
Tränen glitzerten in ihren Augen. Sie schlang sich die Arme um die Knie. „Ich will nicht eines Tages aufwachen und nicht mehr wissen, ob sie mir jemals ein Schlaflied vorgesungen oder mir die Haare gebürstet oder mich geküsst hat. Begreifst du denn nicht, dass es nicht reicht, ihre Fotos aufzuhängen? Dass du ihr Andenken nicht totschweigen kannst?“
„Daisy, bitte
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