Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
wäre das gar nicht nötig gewesen. Lance hatte offenbar nur eins im Sinn: zurück in den Konzertsaal, bevor die Aufführung zu Ende war.
Sie gingen zur Straße zurück. »Der Abend war zumindest kein totaler Reinfall. Er war mit einer Frau zusammen, die seine Mannschaftskameraden nicht kennenlernen sollen, und hat sich dann allein an einen Ort begeben, von dem sie nichts wissen soll.«
Ethan grinste selbstzufrieden.
»Wir haben unseren Hebelpunkt soeben gefunden. Unser schwächstes Glied heißt Alldridge.«
39
Mit dem Schlüssel, den das Hotel ihm zur Verfügung gestellt hatte, schloss Ethan den Konferenzsaal auf. Anya bestellte beim Roomservice Kaffee und zwei Cosmopolitan als Schlummertrunk. Beide hatten keine Lust, sich in der Bar mit irgendwelchen Spielern auseinanderzusetzen, die sich dort womöglich herumtrieben.
Stattdessen betrachteten sie Videoaufnahmen von Personen, die das Hotel betraten und verließen.
»War das vor oder nach Jansons Tod?«, wollte Anya wissen.
»Wenn man sich das Gewusel so anschaut, sollte man meinen, es wäre danach, aber da haben sich auffallend viele Frauen im Flur herumgetrieben. Jede von denen könnte die sein, die zu ihm aufs Zimmer ging.«
Plötzlich beugte er sich auf dem Stuhl nach vorn. Ins Bild kam Janson, Arm in Arm mit einer kleineren Frau. Sein bulliger Körper verbarg ihr Gesicht vor der Kamera.
»Mist.« Ethan fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Es lässt sich unmöglich feststellen, wer das ist.«
»Kann man denn wenigstens ihre Kleidung erkennen?«
»Die inoffizielle New Yorker Allwetteruniform: schwarzes Kleid und hohe Absätze, Sonnenbrille und Halstuch, nur dass sie es auf dem Kopf trägt. Das schränkt die Auswahl nicht gerade ein.«
Anya hatte ihm noch nichts von der E-Mail erzählt, die sie auf der Rückfahrt im Taxi bekommen hatte. Inzwischen mussten auch die Witwe und ihre Anwälte im Bilde sein.
»Ich habe gerade eben eine Nachricht bekommen. Bei Janson wurde die ApoE4-Genkomponente nachgewiesen. Bei Kopfverletzungen waren die Risiken für ihn höher als für jemanden, der sie nicht hat. Wenn es zum Prozess wegen Tod durch Fremdverschulden kommt, könnte das ein Präzedenzfall werden, der den ganzen Footballsport über den Haufen wirft.« Das Wortspiel war nicht beabsichtigt.
Anya musste einräumen, dass sie dem Wissen Vorrang vor dem Bürgerrecht einräumte. Wenn es die Möglichkeit gäbe festzustellen, welche Sportarten ein höheres Risiko für ihren Sohn bargen, so würde sie es vorziehen, ihn davor zu beschützen. Dieses Recht konnte man den Eltern doch nicht verweigern.
Sie ließ ihre Information wirken.
»Unterschätzen Sie nicht die Liga. Die wird alles in ihrer Macht Stehende mobilisieren, um einen Präzedenzfall vor Gericht zu verhindern. Selbst wenn sie verliert, wird es Jahre dauern, bis ein endgültiges Urteil vorliegt. Ich gehe davon aus, dass Terri Janson sich eher früher als später auf eine Abfindung einlässt.«
Ohne Drittmittel war die Studie über Kopfverletzungen nicht fortzuführen, zudem waren sämtliche Ergebnisse, wie fundiert sie auch waren, allein dadurch diskreditiert, dass man Roman Bronstein wegen Drogenhandels verhaftet hatte.
Das schien Ethan nicht weiter zu bestürzen. »Das weitaus größere Problem ist dieser Vergewaltigungsprozess. Fünf Spieler der Bombers auf der Anklagebank, das sieht nicht gut aus. Und womöglich steht die Mannschaft am Ende mit einer Riesenlücke im Angriff da.«
Anya fasste nicht, was sie da hörte. Was Ethan am meisten zu bekümmern schien, war der Ausfall geeigneter Spieler, sollten die Vergewaltiger nicht mehr für das Team auflaufen dürfen.
»Die fliegen wegen der Moralklauseln sowieso, überlegen Sie doch nur, was wir über McKenzie und Dorafino herausgefunden haben«, wandte Anya ein. »Garcia sitzt jetzt schon auf der Bank, und wir wissen, dass Lance Alldridge etwas zu verbergen hat.«
Ethan rieb sich die Stirn.
»Wenn der Fall vor Gericht kommt«, fuhr Anya fort, »wird Janson zum Märtyrer für all jene werden, die darauf bestehen, dass Schulen und Colleges einen Gentest durchführen, ehe sie die Jugendlichen zu einer bestimmten Sportart zulassen. Seine Anwälte werden alles daransetzen, dass sein guter Ruf erhalten bleibt. Sie werden den anderen vieren die Schuld zuschieben. Und das ist die gute Nachricht für Kirsten.«
Ethan war anderer Ansicht. »Dieser ätzende Artikel, der sie in den Schmutz gezogen hat, war erst der Anfang. Strafverteidiger haben immer
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