Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
so lange gedauert hat, bis die Frau von Tiger Woods ihm auf die Schliche kam. Die wissen ja nicht, wie sehr diese Typen abgeschirmt sind und welche Freiräume sie haben, in denen sie jeden Unfug treiben können, der ihnen gerade in den Sinn kommt.«
Das mit Tiger Woods war für Anya allerdings etwas völlig anderes, als wenn ein Sportler zum Gewaltverbrecher wurde. Es war nicht verboten, mehrere Geliebte zu haben, und soweit sie informiert war, waren seine vermeintlichen Seitensprünge völlig gewaltfrei verlaufen.
»Unmoralisch und illegal sind zwei völlig verschiedene Paar Stiefel.«
»Ihre Aufgabe«, Ethan schnappte sich eine weitere Handvoll Nüsse, »ist es, ihnen den Unterschied klarzumachen.«
7
Kirsten Byrne stieg aus dem Taxi und zog den Saum des Kleids herab, um wenigstens die üppigsten Teile ihrer Oberschenkel zu bedecken.
Von sich aus hätte sie nie etwas derart Enges angezogen. Aber als Repräsentantin von Cheree Jordan Fashions musste sie eben entsprechend aussehen. »Gediegen verrucht«, nannte die Designerin den Stil. Cheree hatte Kirsten versichert, dass die Leute an diesem Abend nur auf eins starren würden, das Kleid, nicht die Frau, die es trug.
Die Menge stöhnte auf, als sie Kirsten erblickte. Man erhoffte sich offenbar einen Star oder Spitzensportler. Die Straße vor dem Hotel war von Reportern und Fans gesäumt. Sie sog die Erregung in sich ein. Sie stand auf der 42nd Street, und für einen Moment war der Traum wahr. So fühlte es sich also an, reich und berühmt zu sein. Wenn sie sie doch nur daheim in Louisville jetzt sehen könnten.
Sie verlangsamte den Schritt und nestelte an ihrer Handtasche herum. Was bildete sie sich eigentlich ein? Wie konnte sie nur glauben, jemals zu diesen Leuten gehören zu können? Sie, der die Mitschüler auf der Highschool vorhergesagt hatten, sie werde wahrscheinlich als verrückte Katzentante enden.
Aber damals war sie noch nicht Praktikantin bei einer New Yorker Modedesignerin gewesen, mit dem Auftrag, Pete Janson unter Vertrag zu nehmen, einen der größten Footballstars und renditeträchtigsten Sportler überhaupt. Ein eigenes Modelabel mit seinem Namen wäre ein Coup für die Chefin. Es war nur so verdammt schwer, an ihn ranzukommen, mit seinem Tross aus Managern, Betreuern und Schmarotzern. Eine Feier wie diese bot die größte Chance, ihn kennenzulernen und zwanglos mit ihm zu plaudern.
Sie stöckelte an den Reihen der Fans vorbei, die Poster und Fotos ihrer Lieblingsspieler in die Höhe hielten. Jungen von kaum fünf Jahren drängten sich mit erwachsenen Männern jeden Alters, um einen Blick auf ihre Idole zu erhaschen, und alle trugen sie Purpur-Gold-Grün, die Farben der New Jersey Bombers. Ein kleiner Junge mit einem selbst gebastelten Album fiel ihr besonders auf.
»Auf wen wartest du denn?«, fragte sie.
»Pistol Pete Janson«, erwiderte der Kleine enthusiastisch.
»Na dann viel Glück!«, wünschte sie. »Genau den würde ich auch gerne kennenlernen.«
Als ihr in der Glastür des Hotels kurz ihr Spiegelbild ins Auge sprang, blieb Kirsten unwillkürlich die Luft weg. Die Stylistin hatte die braune Wuschelmähne in eine elegante Glatthaarfrisur verwandelt und mit einem raffinierten ansteckbaren Pferdeschwanz perfektioniert. Hinter gewachsten Augenbrauen, professionellem Make-up und dem paillettenbesetzten rückenfreien Kleid war das Mädchen vom vergangenen Jahr vollständig verschwunden.
Mit der Einladungskarte in der Hand marschierte sie durch die Drehtür in das still daliegende Foyer. Aus einem Springbrunnen sprudelte Wasser, und unwillkürlich bekam sie eine Gänsehaut auf ihren Armen. Auf der Rolltreppe nach oben drückten die Schuhe schon kräftig an Zehen und Fersen.
Auch hier drängten sich Touristen und Fans in Mannschaftstrikots. Ein nicht abreißender Strom groß gewachsener, glamouröser Frauen zog sich von den Rolltreppen zur Flügeltür.
Kirsten zupfte den Saum ihres Kleides wieder herab, so tief es nur ging.
Das Schild »Geschlossene Gesellschaft« stellte unmissverständlich klar, dass dies eine exklusive Party war. Ohne Einladung ging hier gar nichts.
Sie zeigte die Einlasskarte vor und hielt den Atem an. Das konnte tatsächlich die schönste Nacht ihres Lebens werden, der Beginn einer großen Karriere in New York.
Als sie drinnen war, stellte sie sich an die Wand und sah sich um. Eine dichte Gruppe Feiernder grölte und lachte; Frauen in Outfits, die mehr zeigten als verhüllten, standen beieinander und
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