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Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)

Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)

Titel: Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Fox
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weitergegangen.
    Vor Monets »Weg durch das Irisbeet« blieb sie stehen und setzte sich auf die nächste Bank, um das gesamte Bild auf sich wirken zu lassen. Sie war erstaunt, wie sehr sie sich tatsächlich in den dargestellten Garten versetzt fühlte.
    Ethan nahm neben ihr Platz. »Monet soll zu dieser Zeit am Kernstar gelitten haben, was sich auf sein Farbsehen ausgewirkt hat. Durch den Star wird mehr Licht absorbiert, und die Farbsättigung ist geringer, sodass alles ins Gelbe lappt und gewisse Farben getrübt sind.« Gelb war in der Tat die bestimmende Farbe auf dem Gemälde, dennoch war das Violett der Schwertlilien perfekt getroffen. »Es muss die schlimmstmögliche Strafe für ihn gewesen sein. In Briefen berichtet er, dass er die Welt nur noch durch einen Nebelschleier wahrnimmt, und nach 1915 werden seine Bilder zunehmend abstrakt. Allerdings kann das auch an seinem fortgeschrittenen Alter gelegen haben.« Ethan stand auf und trat näher an das Gemälde heran, um es genauer in Augenschein zu nehmen. »In dieser Phase wird sein Pinselstrich breiter. Das kann daran liegen, dass mit Mitte siebzig die Feinmotorik seiner Hand nachließ, auch wenn seine Handschrift davon nichts erkennen lässt.« Ethan zerkaute ein paar Nüsse aus einem Tütchen in seiner Jackentasche.
    Anya drückte den Rücken durch und wunderte sich sichtlich über sein kunsthistorisches Wissen.
    »Was denn?« Er warf die nächste Erdnuss ein. »Wer sagt, dass ich nicht bei der einen oder anderen Kunstfälschung ermittelt habe? Möchten Sie mal meine Lieblingswerke sehen?«
    Gerne ließ Anya sich die Skulpturen des Franzosen Jean-Antoine Houdon zeigen. »Die sind wie alte Freunde für mich«, schwärmte Ethan.
    In einer Marmorbüste hatte der Künstler ein Mädchen von vielleicht fünf oder sechs Jahren porträtiert, das den stolzen Ausdruck eines Kindes zeigte, das sich allmählich seine Unabhängigkeit eroberte. Sie kannte diesen Ausdruck gut, von ihrem eigenen Sohn.
    »Woran denken Sie?«, wollte Ethan wissen, da sie wie hypnotisiert zurückblieb.
    Sie versuchte, das Thema zu wechseln. »Ich dachte immer, das ist die Frage, mit der Frauen Männer in den Wahnsinn treiben.«
    Er lächelte. »Sie weichen aus. Fehlt Ihnen Ihr Sohn?«
    Anya schob die Hände in die Jeanstaschen. »Wenn Sie es wirklich wissen wollen, er fehlt mir schrecklich. Ich vermisse sein Lachen, das freche Gesicht, das er macht, wenn er etwas Dummes vorhat, die Grübchen zwischen den Fingern, die er schon als Baby hatte. Ich vermisse es sogar, ihm beim Schlafen zuzuschauen.«
    Ganz ehrlich fehlte Ben ihr in diesem Augenblick so sehr, dass es wehtat.
    »Haben Sie Kinder?«, fragte sie.
    »Ich? Nein. Zu egoistisch.« Irgendwie klang das nicht überzeugend. »Ich glaube, Sie sind eine großartige Mutter.«
    Mit rotem Gesicht wandte sie sich wieder den Kunstwerken zu. »Diese Plastik ist so voller Leben und Anteilnahme. Voltaire, der berühmte Schriftsteller, Philosoph und Streiter für die Menschenrechte«, überlegte sie laut, als sie die Beschriftung entdeckte. »Das ist ein Mann, den ich wirklich gerne einmal getroffen hätte.«
    Ethan schien sie mit seinem Blick zu durchdringen, als fahnde er nach etwas. »Wissen Sie, er hat sich nach seiner Haft noch einmal ganz neu erfunden.«
    »Wie so viele Prominente und Spitzensportler.« Mike Tyson zum Beispiel. Anya konzentrierte sich wieder auf den Grund, weshalb sie so weit von ihrem Kind getrennt war. »Ich habe über die fünf Bombers-Spieler nachgedacht. Man wird nicht dabei erwischt, wenn man zum ersten und letzten Mal zu schnell fährt. Nur wenn man es oft genug tut, wird man irgendwann geschnappt. Vergewaltigung ist Teil eines Verhaltensmusters. Es ist kein einmaliger Akt. Ein Mann, der eine Frau einmal schlägt, wird es wieder tun. Wenn er vergewaltigt, dann hat er es in aller Regel zuvor getan und wird es wieder tun.«
    »Das heißt dann wohl, wer einmal von Ihrer Weihnachtskartenliste gestrichen ist, hat keine Chance, sich je zu rehabilitieren.«
    Anya bemerkte sein schiefes Grinsen und fragte sich, ob er sie aus der Reserve locken wollte. Sie schlenderten durch etliche Räume, bis Anya schließlich vor Poussins »Raub der Sabinerinnen« anhielt, das die Entführung der sabinischen Frauen durch die Römer darstellte, die sie zu ihren Ehefrauen machen wollten.
    »Die Römer hatten keine Frauen«, erläuterte Ethan, »also nahmen sie sich welche mit Gewalt, zum sogenannten Wohl der Gemeinschaft. Was hätten sie wohl mit

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