Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch
dem Klodeckel und draußen auf dem Gang patrouilliert vermutlich ein wutschnaubender Schulleiter mit knallroten TortelliniOhren wie ein Wachsoldat hin und her und wartet darauf, dass ich herauskomme.
Das tue ich aber nicht. Zu dieser frühen Stunde sind die Gänge in der Schule noch leer und wenn ich jetzt hier rauswitsche, kann ich nicht im Gewühl untertauchen, dann hat er mich sofort.
In einer halben Stunde stehen meine Chancen besser. Wenn hier am Spiegel viele Mädchen stehen und sich kämmen und schminken, kann ich mich einfach dazustellen und irgendwann mit ihnen den Raum verlassen. Woher soll Herr Makel dann wissen, welche von uns da schon ewig drin war? Er hat mich ja beim Reingehen nicht gesehen, sondern nur gehört. Er müsste sich also alle merken, die vorher rein- und rausgegangen sind, und das sind zu viele, das schafft er nie.
7.12 Uhr Love it, change it or leave it.
Okay. Ich versuche es. Ich sehe diesen Ort jetzt mal so positiv, wie ich nur kann. Erstens bin ich hier sicher, denn der Maki ist männlich und kann hier nicht rein. Zweitens ist es hier kein Problem, wenn ich mal muss. Und drittens gibt es hier viele Klosprüche, die ich lesen kann. Eine Schreiberin hat offenbar auch versucht, positiv über dieses Örtchen zu denken. Sie hat an die Innenseite der Tür ein kleines Gedicht gekritzelt:
»Ich bin froh,
denn mein Po
passt genau auf dieses Klo.«
7.17 Uhr Ja. Meiner passt auch. Aber ich kann mich darüber nicht freuen. ICH WILL HIER RAUS !!!
Wait for better times – in den meisten Fällen ist das doch die einzige Lösung für Probleme aller Art.
7.19 Uhr Ich warte also.Oh Mann, wenn ich nur daran denke, dass ich DAFÜR auch noch früher aufgestanden bin! Und daswar schwer, denn es war echt spät gestern Nacht. Ich habe ja die halbe Nacht Plakate gemalt.
Aber ich habe das trotzdem durchgezogen, denn ich wollte meine Aushänge ans Schwarze Brett pinnen, bevor sich die Schule füllen würde. Alle sollten sie vorm Unterricht sehen. Bis zum Marathon haben wir ja nur noch ein paar Tage Zeit und wenn wir unsere Aktion wirklich durchziehen wollen, müssen wir schnell damit anfangen.
Tom konnte leider heute früh nicht mitkommen, denn er geht ja vor der Schule immer noch eine Runde mit seinem Hund. Also hab ich das allein gemacht.
Die Schule war noch ganz still, als ich ankam, und meine Schritte hallten durch die leeren Gänge. Vorsichtshalber zog ich die Schuhe aus, ich wollte ja keine schlafenden Schulleiter wecken.
Das erste Plakat habe ich gleich im Erdgeschoss mitten ans Schwarze Brett geheftet. Dann bin ich auf Zehenspitzen die Treppe hochgehuscht und habe das zweite an die Tür zum Mädchenklo geklebt. Das dritte kam noch ein Stockwerk höher an die Jungstoilette. So konnte ich sicher sein, dass im Laufe des Vormittags garantiert jede Schülerin und jeder Schüler an einem meiner Aushänge vorbeilaufen würde. Ich hoffte außerdem, dass die Lehrer die Plakate an den Toiletten nicht so schnell bemerken würden, sie haben ja ein eigenes Klo.
Als ich fertig war, ging ich die Treppe runter und wollte im Vorbeigehen mein Werk noch einmal stolz betrachten. Aber – Schock!!! Das Plakat am Mädchenklo war weg! Vor fünf Minuten hatte ich es da erst hingeklebt und schon war es verschwunden. Ich blieb stehen und wusste nicht, was ich tunsollte. Irgendwer war hier. Aber wer? War ich die ganze Zeit beobachtet worden? Nix wie weg!
In diesem Moment hörte ich im Erdgeschoss das Geräusch von reißendem Papier. Das war garantiert mein Plakat am Schwarzen Brett. Dann räusperte sich jemand da unten und ich erkannte die Stimme von Herrn Makel.
Ja, toll! Ich saß in der Falle! Und nicht nur das: Außerdem war alles hin. Keine Plakate, kein Boykott, so einfach war das. Natürlich hatte ich damit gerechnet, dass Herr Makel sich unseren Protest nicht lange gefallen lassen würde. Aber dass er so schnell sein würde, hätte ich nicht gedacht. Und was ich besonders unheimlich fand: Ich hatte beim Raufgehen niemanden gehört oder gesehen. Der Maki muss aber die ganze Zeit da unten rumgeschlichen sein. Warum hatte ich seine Schritte nicht gehört? Hatte auch er seine Schuhe ausgezogen? Was für ein gruseliger Gedanke! Und – wäre er zuerst nach oben statt nach unten geschlichen, hätte er mir beim Plakatkleben vermutlich plötzlich mit spitzem Finger auf die Schulter getippt. Darüber wäre ich nie hinweggekommen. In einer komplett leeren Schule Auge in Riesenauge mit dem Maki, das
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