Wenn nicht jetzt, wann dann?
hatte sie später überlegt, als sie den Champagner geleert hatten und Arm in Arm auf der Picknickdecke lagen, während am dunklen Himmel über ihnen die Sterne einer nach dem anderen erschienen.
»Wir werden mit etwas über vierzig schon Kinder haben können, die aus dem Gröbsten raus sind. Bis dahin ist der Betrieb einer der führenden geworden, weil deine Kunst und mein Marketinginstinkt uns ganz nach vorne gebracht haben. Wenn wir Silberhochzeit feiern, sind wir gerade mal um die fünfzig. Dann werden wir die ganze Welt bereisen und überall Winter-Schmuck finden!«
Er bewunderte es, dass sie einfach so groß und weit vorausdenken konnte. Das würde ihm nie einfallen. Er fand es schon großartig, Goldschmied bei Winter sein zu dürfen und seine Tochter Nina zur Frau zu bekommen. Weiter brauchte er gar nicht zu denken. Das reichte, um ihn zum glücklichsten Mann der Welt zu machen. Er lag hier unten im Gras, sah oben am Himmel die Sterne funkeln, und Nina war die Frau, die sie alle einzeln vom Himmel pflücken wollte.
Fabian schaute auf die Uhr und sah, dass es Zeit war zu gehen. Heute fand die Besichtigung einer Auswahl der Locations statt, wo sie ihre Hochzeit feiern könnten. Seine Sternenpflückerin würde es überhaupt nicht begrüßen, wenn er zu spät kam. Er stand auf, schloss die wertvollen Materialien in den Safe, knipste das Arbeitslicht an seinem Platz aus und verabschiedete sich beim Hinausgehen von den anderen beiden Goldschmieden, die im Raum nebenan noch arbeiteten.
Als er aus dem Haus trat, war Ninas Auto noch nirgends zu sehen. Das war gut. Er kannte niemanden, der gerne wartete, aber Nina wartete von allen Menschen, die er kannte, am allerwenigsten gerne. Er hatte schon beschlossen, Nina komplett wählen zu lassen, wo sie feierten. Es würde ihm bestimmt gefallen, was sie aussuchte. Sie hatte schließlich einen guten Geschmack und auch einen guten Riecher bei solchen Entscheidungen.
Es war Claus Winters Wagen, der kurz darauf um die Ecke bog, neben ihm saß Frau Hummel, mit einem dicken Buch auf dem Schoß, und hinten Nina, die er mit einem Kuss begrüßte, als er sich neben sie setzte.
»Wir haben vier Stationen, bei denen wir uns die Räumlichkeiten innen und die Außenbereiche anschauen. Zwei liegen weiter außerhalb, mit denen beginnen wir, bei den anderen kommen wir auf dem Rückweg vorbei.«
Claus Winter bereitete ihn darauf vor, was ihn erwartete, und zwinkerte ihm im Rückspiegel zu. Das war nett von ihm. Claus Winter gab ihm stets das Gefühl, als Schwiegersohn völlig akzeptiert zu sein und dazuzugehören, manchmal dachte er, dass sein Schwiegervater in spe froh war, noch einen Mann in der Familie zu haben. Er selbst fand Claus Winter großartig. Er war so etwas wie sein Mentor, wie ein Vater, den er sich immer gewünscht hatte. Ein Mann von Format, der sich in einer anderen Welt bewegte, als seine kleinbürgerlichen Eltern es taten, und der ihn großzügig dahin mitnahm, um sie ihm zu zeigen. Claus Winter war ein fairer Chef, und er würde ein fairer Schwiegervater sein. Fabian nahm Ninas Hand und drückte sie lächelnd.
»Und, gibt es irgendwelche Favoriten? Weißt du schon, wo wir feiern?«
»Dann würden wir ja wohl kaum hier sitzen, um in der Gegend umherzufahren! Nein. Liz Baumgarten hat ein paar Orte vorgeschlagen, die wir noch nicht kennen. Einige haben wir bereits von den Fotos her ausgeschlossen, zu kleiner Außenbereich oder doch zu ländlich-rustikal, schauen wir mal, was jetzt kommt.«
Nina erwiderte den Druck seiner Hand und wandte sich an Annemie Hummel.
»Wohin geht’s denn als Erstes? Das Schlösschen oder das ehemalige Weingut?«
»Zuerst zu dem Schlösschen. Das ist am weitesten entfernt und von dort arbeiten wir uns dann Stück für Stück langsam zurück nach Hause.«
»Das Schlösschen hatte eine eigene Kapelle, oder?«
Frau Hummel nickte.
Nina wusste schon wieder über alles Bescheid. Fabian konnte sich lächelnd zurücklehnen. Sie würde es schon richten.
Das Schlösschen sah ein wenig französisch aus und lag abgeschieden von der Hauptstraße in einem Park. Sie fuhren durch ein großes schmiedeeisernes Tor auf einem Kiesweg, der durch alten Baumbestand zum Haus führte, bis zu einem Rondell, in dessen Mitte ein Springbrunnen plätscherte. Als der Wagen zum Stehen kam, erschien der Schlossherr im Tweedjackett auf der Freitreppe, um sie zu begrüßen. Anscheinend hatte er sie bereits erwartet. Herr Wagenbach trug sein Haar halblang und streng
Weitere Kostenlose Bücher