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Wenn nur dein Lächeln bleibt

Wenn nur dein Lächeln bleibt

Titel: Wenn nur dein Lächeln bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lind
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das so eine Art hysterischer Kicheranfall! Hätte ich sie nicht schnell aufgesetzt, hätte sie sich fürchterlich verschluckt.
    Wir beließen es vorerst bei diesem Fütterversuch. Dennoch wollte ich Sabine immer das Gefühl geben, dass sie meine vernünftige große Tochter ist, auf die ich mich verlassen kann.
    Anja lag abends nach dem Baden in ihrer Liegebirne, eine Art mit Reis gefüllter Sitzsack.
    Sabine schaute ebenfalls frisch gebadet und nach Florena duftend das Kinderprogramm. Auch Anja war zufrieden, wenn sie die vertrauten Geräusche aus dem Fernseher hörte. Es durfte nur nicht das Sandmännchen sein! Und wieso ausgerechnet nicht das friedliche, kindgerechte Sandmännchen? Anja muss ein schreckliches Erlebnis bei einem ihrer Krankenhausaufenthalte gehabt haben, das mit der Melodie des Sandmännchens zusammenhängt. Sobald die Sandmännchen-Musik aus dem Fernseher ertönte, geschah Folgendes: Anja fing laut an zu lachen. Sie hatte die Melodie erkannt. (Von wegen taub, Herr Professor Mohr, Sie Eierloch!) Doch dann verstummte sie plötzlich, verzog schmollend das Gesicht, woraufhin ein herzzerreißendes Geheul einsetzte. Sie konnte sich stundenlang nicht wieder beruhigen. Das ist noch heute so! Was wir also tunlichst vermieden, war das Sandmännchen. Leider hat es Sabine nie gesehen!
    Als einmal ein Freund der Familie Anja hütete, passierte genau das Sandmännchen-Drama. Robert rief uns voller Panik an; er hatte gerade im Keller etwas erledigt und Anja solange vor den Fernseher gelegt, als sie losheulte wie ein ganzes Rudel Wölfe. Er konnte sie mit nichts wieder beruhigen und fürchtete natürlich, sie hätte eine Kolik, einen Blinddarmdurchbruch oder so etwas. Ich schaute geistesgegenwärtig auf die Uhr: »Läuft das Sandmännchen?!«
    »Ja, klar, ich dachte, das ist was für sie.«
    »Schalt sofort um!«
    »Wie?«
    »Tu, was ich dir sage. Schalte um!«
    Die näselnde Stimme eines Nachrichtensprechers ertönte, und sofort war Anja still.
    »Sie will die Nachrichten sehen«, wunderte sich Robert. »Das hätte ich nicht gedacht.«
    »Nein«, lachte ich. »Sie will nur NICHT das Sandmännchen sehen.«
    I ch hatte aufgeräumt. Es war Frühling. Vor unseren Fenstern zwitscherten die Amseln. Wir wagten es also eines Abends: Unseren ersten Abendspaziergang zu zweit. Es war, wie plötzlich fliegen zu können. Diese unglaubliche Leichtigkeit des Seins! Zu zweit Arm in Arm nebeneinanderher zu schlendern. Ohne einen sperrigen Rollstuhl zu schieben. Ohne die Blicke der Leute zu spüren. Wir waren ein ganz normales Ehepaar wie alle anderen auch! Gierig sog ich die milde Abendluft ein und schloss die Augen.
    »Kannst du das glauben, Bernd? Dass es solche Sahnehäubchen in unserem Leben immer wieder gibt?«
    Bernd legte den Arm um mich. »Warte nur!«, sagte er beschwingt. »Bald können wir abends essen gehen. Sabine passt auf Anja auf.«
    Sabine brannte förmlich darauf, dass wir ihr diese verantwortungsvolle Aufgabe übertrugen!
    Wir brachten also beide Mädchen zu Bett, löschten das Licht und versprachen, in einer Stunde wieder da zu sein.
    Etwas nervös stocherte ich schon in meinem Essen herum! Das Glas Wein trank ich gar nicht mehr aus.
    Als wir wiederkamen, schlief Anja wie ein Stein.
    Sabine saß jedoch senkrecht im Bett: »Ich habe mich nicht getraut einzuschlafen!«
    Schuldbewusst setzte ich mich zu ihr und strich ihr übers Haar: »Aber warum denn nicht, Liebling? Habt ihr etwa das Sandmännchen geguckt?«
    »Nein, aber ich habe mir vorgestellt, es könnte brennen! Was soll ich dann mit Anja tun? Ich kann sie ja nicht aus der Wohnung tragen!«
    Bernd lehnte nachdenklich an der Kinderzimmertür und fuhr sich über das Kinn. »Und daran, einfach alleine wegzulaufen, hast du nicht gedacht? Auch nicht, wenn’s brennt?«
    »Niemals!«, sagte Sabine im Brustton der Überzeugung. »Lieber verbrenne ich auch.«
    Wir waren zu Tränen gerührt. Allerdings wurde uns auch klar, dass wir Sabine noch nicht so belasten durften.
    Wir saßen beide bei ihr am Bett, hielten ihre kleine Hand und erklärten ihr, was in einem solchen Notfall zu tun sei.
    »Der Papa kennt einen ganz netten Feuerwehrmann«, sagte ich augenzwinkernd. »Der hat uns mal eine Pumpe gebracht.«
    Den nächsten Versuch, die beiden einmal in der Wohnung allein zu lassen, wagte ich ein halbes Jahr später, und zwar tagsüber. Ich wollte diesmal lieber allein zum Kaffee zu meiner Schwester gehen, hinterließ Sabine aber die Telefonnummer.
    Kaum hatte ich

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