Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft
sich hin. Jenny und David klappten die Liegestühle zusammen und packten die Teller und Bestecke in den Picknickkorb. May blickte suchend über den leeren Strand. «Wo sind die Kinder?»
«Ich weiß nicht. Weit können sie nicht sein.»
«Aber am Strand sind sie nicht.»
«Wahrscheinlich spielen sie in den Dünen. Ich werde sie suchen.» Jocelyn lief in die Dünen und rief und rief. May ging zum Wagen. «Wir sind gleich soweit, Schwiegervater.»
Opa warf ihr einen Blick voll unbeschreiblicher Wut zu. «Verflucht noch mal, Weib! Ein ganzes Regiment bricht das Lager schneller ab als ihr.»
Bei so einem Regiment gibt’s auch keinen Gaylord, um den man sich zu kümmern hat, dachte sie. «Sei nicht unvernünftig, Schwiegervater. Ohne die Kinder können wir nicht gut abfahren.»
«Na, dann schaff sie herbei, verdammt noch mal, schaff sie herbei!»
May sagte ruhig: «Wenn ich einen Gong hätte, könnte ich ihn schlagen, und wenn ich eine Leuchtrakete hätte, könnte ich sie abschießen; da ich aber weder das eine noch das andere habe, wirst du schon noch ein wenig Geduld haben müssen, Schwiegervater.»
«Geduld? Ich hab mein Lebtag keine Geduld gehabt», sagte der alte Mann. Doch er sprach schon etwas weniger aufgebracht. Wenn es einen Menschen gab, der mit ihm fertig wurde, dann war es May.
Jocelyn kam aus den Dünen zurück. «Die verflixten Blagen. Keine Spur von ihnen.»
Er handelte sich einen anklagenden Blick seines Vaters ein. «Heutzutage gibt es eben keine Disziplin mehr. Dir haben wir niemals erlaubt, so auf eigene Faust herumzustreunen. Und das hat sich auch bewährt.» Er stöhnte und griff sich mit der Hand ans Kreuz, als hätte ihm jemand einen Dolch hineingestoßen.
May flüsterte Jocelyn zu: «Ich glaube, das ist ein ziemlich schlimmer Anfall. Wir dürfen ihn hier nicht lange warten lassen.»
«Los, wir laufen rasch ins Dorf und suchen sie», sagte Jocelyn. Sie eilten davon und suchten am Strand, in den Dünen und auf der Promenade. Nichts. Als sie in eine Seitenstraße einbogen, kam ihnen ein kleiner Junge entgegen. Er hinkte jämmerlich, aber das lag nur daran, daß er mit einem Fuß im Rinnstein ging und mit dem anderen auf dem Bürgersteig. Er blickte auf und sah sie.
Gaylords Miene verriet seine blitzartig wechselnden Gefühle. Zunächst einmal herbe Enttäuschung. Gerade eben hatte er sich Emma mit teuflischer List vom Hals geschafft, und jetzt, wo er den Becher der Freiheit in vollen Zügen zu genießen dachte, war Mummi da und riß ihn ihm von den Lippen.
Er fragte sich, ob es schon zu spät war? Ob sie ihn gesehen hatten? Bei Paps hätte er es auf jeden Fall riskiert. Aber es bestand geringe Hoffnung, daß Mummi etwas entging. Trotzdem, es lohnte einen Versuch. Wie der Blitz machte er eine Kehrtwendung und hinkte zurück in die Richtung, aus der er gekommen war.
Seine Hoffnung wurde sogleich zunichte gemacht.
«Gaylord!» rief Mummi mit einer Stimme, die alle seine Himmel einstürzen ließ.
Eltern! dachte Gaylord degoutiert. Da bringt man sie an die Küste, sie verdrehen die Augen vor Entzücken über das Meer und den Sand, pumpen sich mit Ozon voll und führen sich auf, daß es schon leicht peinlich ist. Und kaum dreht man ihnen den Rücken, da wetzen sie schon zurück in die Stadt.
«Gaylord!» rief Mummi noch einmal.
Was war das nur? Hatte da jemand in der Ferne nach ihm gerufen? Er drehte sich um und blickte erstaunt suchend die Straße hinunter. Ach, da waren ja seine Eltern. Er begrüßte sie überrascht, doch ohne sonderliche Begeisterung, als sie keuchend näher kamen. «Paps, was heißt das: «Was heißt das?» fragte Paps. Doch Mummi war wie üblich nur mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Die Frau hatte doch nie Zeit für eine gemütliche Unterhaltung. «Gaylord, wo ist Emma?» fragte sie scharf.
Immer schön der Reihe nach. «», wiederholte er für seinen Vater. «Da läuft ein Zeichentrickfilm, aber kein Mensch war da, und auf dem Schild stand ...»
«GAYLORD! WO IST EMMA?» fragte Mummi in Großbuchstaben. Sie konnte nicht weit sein. Nachdem sie erst einmal Gaylord aufgetrieben hatten, war es nur noch eine Frage von Minuten, bis sie auch seine Kusine finden würden. May war ungeduldig, sie wollte weg von hier, schnell. Sie mußte den alten Mann auf jeden Fall so rasch wie möglich ins Bett bringen. Außerdem war sie durch die Sache mit der Möwe, wie sie vorhin ganz unfeierlich in den hintersten Winkel ihrer
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