Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
getroffen, als sie die Tür öffnete und ihre Mutter vor sich stehen sah. Ihr war es gar nicht recht, dass Violet mitten in dieses Chaos hineinplatzte. Josie hatte wochenlang weder die Kraft noch die Zeit gehabt, gründlich zu putzen. Es gab keinen sauberen Bettbezug mehr, Berge von Schmutzwäsche türmten sich überall, und sie hatte absolut nichts zu essen im Haus.
Violet übernahm kurzerhand das Kommando. Sie brachte die Wäsche in den Waschsalon, kaufte ein, kochte und packte Josie in das frisch bezogene Bett. Und Josie, glücklich, wieder Violets kleines Mädchen zu sein, ließ sich umsorgen.
Violet blieb vier Tage, und in dieser Zeit redeten sie miteinander wie noch nie zuvor. Josie entschuldigte sich dafür, dass sie weggelaufen war und ihre Eltern im Ungewissen gelassen hatte. Violet räumte ein, oft gemein gewesen zu sein, und es tue ihr Leid, dass sie ihre Verbitterung über ihre unglückliche Ehe an ihr ausgelassen habe.
Mark war ein einziges Mal da gewesen und hatte Josie eine Schachtel Aspirin gebracht. Danach hatte er sich nicht mehr sehen lassen; er hatte nicht einmal angerufen. Fünf Tage später kreuzte er wieder auf. Er wurde leichenblass, als er Violet sah, schickte sie unter einem Vorwand weg und befahl Josie dann, sie abzuwimmeln. Entweder sie würde ihre Mutter auf der Stelle rauswerfen, oder er würde sich ein neues Model suchen und dafür sorgen, dass sie nirgends mehr Arbeit bekäme, drohte er.
»Diese alte Vettel ist wie eine Krankheit«, beharrte er. »Sieh sie dir doch an. Und ich kenne die Sorte: Man muss schon massiv werden, sonst taucht sie immer wieder hier auf und verdirbt alles.«
Josie wusste, er hatte Recht. Er sprach lediglich aus, was sie so oft schon gedacht hatte. Und wenn sie nicht so krank gewesen wäre, hätte sie Violet keineswegs mit offenen Armen empfangen, das war ihr klar.
Trotzdem machte das die Sache nicht leichter. Es gab nur einen Weg, Violet loszuwerden: Sie musste brutal sein. Als sie zurückkam, schrie Josie sie an, beschimpfte sie, sagte, sie solle gefälligst aus ihrem Leben verschwinden, weil man sich für sie schämen müsse.
Es war grauenvoll. Violet sackte vor Schmerz und Enttäuschung regelrecht in sich zusammen. »Wie kannst du nur so grausam sein?«, wimmerte sie. »Ich bin deine Mutter, ich will doch nur dein Bestes!«
Josie konnte sie nicht ansehen. Sie wandte das Gesicht ab und schleuderte Violet mit der Bemerkung, lieber keine Mutter zu haben als eine, die so aussah wie sie, ihren Mantel vor die Füße.
Violet schlich wie ein geprügelter Hund aus der Wohnung. Und Josie schämte sich entsetzlich. Sie war Violets einziger Lebensinhalt, das wusste sie nur zu gut. Ihr war gar nicht wohl bei dem Gedanken, dass ihre Mutter in diesem Zustand allein nach Hause fahren musste. Und wenn ihr Vater erfuhr, was passiert war, würde sie nie wieder einen Fuß auf die Farm setzen dürfen.
Sogar Ellen, die Violet nie hatte ausstehen können, war schockiert. Nachdem Mrs. Peters ihr zugetragen hatte, was geschehen war, rief sie Josie an und machte ihr bittere Vorwürfe. Josie spielte die Angelegenheit herunter, Violet habe sich das selbst zuzuschreiben, wiegelte sie ab. In Wirklichkeit nahm sie es sich so sehr zu Herzen, dass sie tagelang deswegen weinte.
Vor lauter Mitleid mit Violet fuhr Ellen von da an öfter nach Hause, und es schien, als entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den beiden. Offensichtlich übertrug Violet all die Liebe, die sie früher für ihre Tochter empfunden hatte, jetzt auf ihre Stieftochter.
»Blöde Ellen«, brummelte Josie. »Der Teufel soll sie holen.«
»Warum? Was hat sie dir getan?«, fragte Mark. Er hatte Ellen nie kennen gelernt. Dafür hatte Josie bei den seltenen Besuchen ihrer Schwester schon gesorgt. Da sie in Marks Gegenwart unsicher war, fürchtete sie einerseits, er könnte sich zu Ellen mehr hingezogen fühlen als zu ihr, und andererseits, Ellen würde ihn wegen des Geldes zur Rede stellen.
»Ach, sie ist so gottverdammt perfekt«, erwiderte Josie seufzend. »Reißt sich für diese Krüppel den Arsch auf. Kümmert sich um Mum und Dad, besucht die Nachbarn, macht nie einen Fehler.«
»Ich dachte, sie ließe nichts anbrennen.« Er war nett zu ihr, wie immer, wenn Arbeit anstand. »Hast du nicht erzählt, sie hätte ständig irgendeinen Kerl?«
Das hatte Josie tatsächlich gesagt. Sie wusste nicht, wie sie Ellens Verhältnis zu Männern sonst beschreiben sollte. Es war schon merkwürdig, dass
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