Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
heraufführt, ich nehme an, Sie sind auf dem Weg hierher da entlanggefahren. Und die Beacon Farm lag in einer Senke und hinter einem Waldstück; man konnte sie von der Straße aus nicht sehen.«
»Das ist ja grauenvoll«, hauchte Daisy. »Aber warum konnten sie sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen?« Die Vorstellung, dass jemand bei lebendigem Leib verbrannte, war einfach furchtbar.
Tim zuckte mit den Schultern. »Vermutlich haben sie eine Rauchvergiftung erlitten. Außerdem war es in jener Nacht windig, sodass das Feuer sehr schnell um sich gegriffen haben dürfte. Für die Feuerwehr gab es jedenfalls nicht mehr viel zu tun.«
Mavis schaute ihren Enkel streng an. »Koch uns jetzt lieber einen Tee.« An Daisy gewandt, fügte sie hinzu: »Es tut mir ja so Leid, Kindchen! Sie sind noch keine fünf Minuten da, und wir überfallen Sie mit einer so schlimmen Nachricht.«
Als Tim den Tee gebracht und jedem eingeschenkt hatte, sagte Daisy:
»Und Ellen? Das muss doch schrecklich für sie gewesen sein.«
»O ja. Sie hat sich seitdem verändert.« Mavis’ Stimme zitterte ein wenig. »Seit sie von hier fortging, schrieb sie mir oder rief mindestens einmal im Monat an, und sie kam immer vorbei, wenn sie ihre Eltern besuchte. Als die Polizei in Bristol sie über das Unglück informierte, brach sie zusammen. Das Ganze nahm sie so mit, dass sie nicht einmal zur Beerdigung kommen konnte.«
»Du meine Güte!«, rief Daisy aus.
Tim beugte sich vor. »Würden Sie gern sehen, wo die Farm gestanden hat? Ich möchte Sie meiner Großmutter nicht entführen, aber es wird bald dunkel werden, und Sie sollten sich die Gegend wirklich ansehen. Wir könnten mit Fred einen Spaziergang über die Felder machen.«
Mavis warf ihm einen dankbaren Blick zu. »Das ist eine ausgezeichnete Idee, Tim. Aber seid zum Abendessen zurück. Bis dahin werde ich alles aus meinen Erinnerungen hervorgekramt haben, was ich Daisy über Ellen und ihre Familie erzählen muss.«
Mavis war bis ins Innerste aufgewühlt, und Tim wollte ihr offenbar Gelegenheit geben, sich wieder zu fangen. Daisy konnte das verstehen, und so willigte sie ein.
»Das ist sehr freundlich von Ihnen«, meinte sie. »Ich muss mir auch noch ein Quartier für die Nacht suchen. Können Sie mir eine hundefreundliche Pension empfehlen?«
»Sie bleiben selbstverständlich hier bei uns«, erklärte Mavis sofort. »Keine Widerrede«, fügte sie hinzu, als Daisy protestieren wollte. »Ich habe ein Gästezimmer, und wir würden uns wirklich freuen, wenn Sie blieben, nicht wahr, Tim?«
»Aber ja, Daisy, machen Sie uns die Freude«, bat er lächelnd. »Außerdem habt ihr beide sicher eine Menge zu bereden.«
»Ihre Großmutter ist eine ganz reizende Person«, bemerkte Daisy, als Tim und sie einen Fußweg einschlugen, der hinter dem Dorf entlangführte.
»Ja, das ist sie und sehr sentimental«, erwiderte er. »Es tut mir Leid, dass ich Sie so zum Aufbruch gedrängt habe, aber ich habe gemerkt, dass Gran das alles ziemlich mitnimmt. Nicht nur Ihr unverhoffter Besuch, sondern die Sache mit Ellen. Es gibt da ein paar Dinge, die ich Ihnen erklären muss.«
Daisy sah ihn fragend an.
»Gran hatte Ellen schrecklich gern, wissen Sie?«, fuhr er fort. »Als Kind habe ich immer gedacht, sie sei eine Verwandte. Aber nach dem Feuer ging es Gran sehr schlecht, und da erklärte mir mein Großvater, sie trauere um Ellen, weil sie sich sehr nahe gestanden hätten. Ich verstand das nicht, schließlich war Ellen ja nicht bei dem Brand ums Leben gekommen. Doch Großvater meinte, Ellen habe Gran einfach fallen lassen, und sie könne nicht begreifen, warum. Deshalb sei sie so deprimiert.«
»Fallen lassen?«
Tim nickte. »Sie hat den Kontakt von einem Tag zum anderen abgebrochen, ihr nie mehr geschrieben, sie niemals wieder besucht. Großmutters Briefe kamen mit dem Vermerk Unbekannt verzogen zurück. Ich erfuhr erst Jahre später von meiner Tante Isobel von Ellens Schwangerschaft. Isobel erzählte mir auch, welche Rolle Gran bei der Geschichte gespielt hatte. Nicht einmal meine eigene Mutter wusste davon.«
»Das ist ja merkwürdig«, erwiderte Daisy versonnen. »Aber es muss doch einen Grund geben, warum Ellen den Kontakt plötzlich abgebrochen hat.«
»Oh, meine Großmutter wird Ihnen ein Dutzend Gründe nennen.« Er lächelte gequält. »Sie hat Ellen immer in Schutz genommen. Sie müsse sich ein neues Leben aufbauen und den Ballast der Vergangenheit abwerfen. Sie habe eine trostlose Kindheit
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