Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
Füßen verlor, fuhr sie regelmäßig zu ihr. Ellen hat ihr vermutlich Geld gegeben. Sie hat alles versucht, damit sie wieder auf die Beine kam, aber vergeblich. Josie versprach ihr immer wieder unter Tränen, sich zu ändern. Doch kaum war sie zurück in London, ging alles von vorn los, und jedes Mal wurde es schlimmer.«
»Und als ihre Modelkarriere zu Ende war? Was ist aus ihr geworden?«
Mavis stand unvermittelt auf und ging in die Küche. Daisy blickte Tim fragend an.
»Pornos«, flüsterte er. »Gran wird damit nicht fertig. Fragen Sie sie also lieber nicht danach. Ich habs nach Josies Tod herausgefunden, als ich anfing, mich für sie zu interessieren. Ich hab sogar ein Video ergattert, in dem sie mitspielt, ziemlicher Schweinkram. Aber erzählen Sie das bloß nicht Gran!«
Daisy nickte. »Und wie ist sie dann zu guter Letzt wieder hier gelandet?«
»Sie wusste keinen anderen Ausweg mehr«, erwiderte Tim schulterzuckend. »Anscheinend ist sie alle sechs Monate hier aufgetaucht und hat ihrer Mutter irgendein Märchen aufgetischt, dass sie zum Film oder Fernsehen gehen würde oder so was.«
»Die arme Violet hat mir jedes Mal ihr Herz ausgeschüttet«, berichtete Mavis. Sie trug ein Tablett mit drei Tassen heißer Schokolade ins Zimmer. »Was blieb mir anderes übrig, als mir ihren Kummer anzuhören? Josie hat irgendwas zusammenfantasiert, sich Geld geborgt, das sie nie zurückgezahlt hat, und ist wieder auf und davon. Das letzte Mal allerdings war es anders. Sogar mir fiel auf, dass sie ruhiger geworden zu sein schien. Gut vier Wochen war sie hier, und Violet erzählte, sie habe ihre Wohnung in London gekündigt und wolle sich hier etwas kaufen. Es schien ihr ernst damit zu sein; sie hat sich für ein kleines Haus in Truro interessiert und sich einen Job besorgt. Wir dachten beide, sie hätte einen Schlussstrich gezogen.«
»Aber dann kam sie bei dem Feuer ums Leben«, meinte Daisy versonnen. »Seltsam, wie das Leben manchmal so spielt. Woher wollte sie überhaupt das Geld für das Haus nehmen?«
Tim blickte seine Großmutter scharf an. »Gute Frage. Weißt du, ob sie noch was hatte, Gran?«
»Kann ich mir nicht vorstellen«, gab Mavis zu. »Mein Mann erfuhr von jemandem, der Bescheid wusste, dass sie kein Testament hinterlassen hatte und ihr Konto überzogen war.«
»Hmm«, machte Daisy. »Könnte sie nicht das Feuer selbst gelegt haben? Sie wollte fliehen, hat es aber nicht mehr rechtzeitig geschafft?«
Ein betretenes Schweigen entstand. Tim und Mavis starrten sie an.
»Daran hab ich auch schon gedacht«, gestand Tim schließlich. Er fingerte nervös an seinem Kragen herum, als fürchtete er, mit dieser Bemerkung den Zorn seiner Großmutter geweckt zu haben.
»Ich auch«, gab Mavis leise zu. »Ich hab mich oft gefragt, ob Ellen deshalb nicht mehr herkommt. Vielleicht hegt sie denselben Verdacht.«
18. Kapitel
S ie werden mich doch wieder besuchen kommen, nicht wahr?«, fragte Mavis am nächsten Morgen, als Daisy Fred an die Leine nahm und sich zum Gehen anschickte.
Daisy hörte den bangen Unterton heraus und erkannte, dass Mavis befürchtete, sie würde wie Ellen auf Nimmerwiedersehen verschwinden.
»In nächster Zeit wahrscheinlich nicht«, erwiderte sie ehrlich. »Ich muss mir einen Job suchen. Aber ich werde Sie auf dem Laufenden halten. Und falls ich bei dem Anwalt in Falmouth irgendetwas Neues erfahren sollte, rufe ich Sie gleich an.«
Tim hatte sich bereits vor einer Stunde verabschiedet, aus Taktgefühl, wie Daisy vermutete, um den beiden Frauen Gelegenheit zu einem Wort unter vier Augen zu geben. Es gab in der Tat vieles, was sie Mavis gern gesagt hätte, aber noch fehlten ihr die richtigen Worte dafür.
Als sie vergangene Nacht in dem hübschen Gästezimmer gelegen hatte, war ihr noch einmal durch den Kopf gegangen, was für einen herzlichen Empfang die alte Dame ihr bereitet hatte. Sie kannte nicht viele Menschen, die so gastfreundlich und offenherzig waren.
Wie konnte Ellen eine so wundervolle, mütterliche Freundin aus ihrem Leben verstoßen? Daisy kannte Mavis kaum vierundzwanzig Stunden und fühlte bereits eine herzliche Zuneigung zu ihr. Das war mit ein Grund, dass sie Ellen unbedingt finden wollte, und sei es nur, um die alte Dame zu beruhigen. Sie musste Todesängste um Ellen ausgestanden haben, weil sie nicht wusste, ob sie nach der Brandkatastrophe möglicherweise den Verstand verloren hatte. Jetzt, da Daisy sich ein gutes Bild von den Pengellys machen konnte, schien
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