Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
der Aufregung liegen.« Josie streichelte ihr zärtlich die Wange. »Ich krieg meine auch nicht immer pünktlich. O verdammt, hätte ich bloß den Mund gehalten!«
»Wir beide sind schon ein tolles Paar.« Ellen seufzte. »Du willst von hier weggehen, und falls ich tatsächlich schwanger sein sollte, will ich auch nicht hier bleiben. Dad und Mum werden sich in einem fort streiten. Was sollen wir bloß machen?«
»Abhauen?«
Im ersten Moment schien das eine wundervolle Idee zu sein, doch Ellens Verstand schaltete sich sofort wieder ein. »Geht nicht, du bist noch zu jung, du musst zur Schule. Und kein Wort darüber zu Mum oder Dad, verstanden?«
»Ist doch klar. Aber ich muss dir noch was erzählen.«
»Was? Hast du es etwa auch gemacht?«
Josie lachte. »Nein, doch es hätte nicht viel gefehlt, Dave war so lieb. Was ich sagen wollte: Ich werde mich wie ein richtiges Ekel benehmen. Nur so bekomm ich Mum vielleicht dazu, dass sie mich zu Onkel Brian zurückschickt. Das heißt, ich werde auch zu dir und zu Dad gemein sein. Wenn wir zwei allein sind, werde ich so sein wie immer. Aber nicht, wenn Mum und Dad dabei sind.«
Ellen zuckte mit den Schultern. Sie war so deprimiert, dass sie nichts mehr erschüttern konnte. »Okay. Na ja, falls ich schwanger bin, hab ich wenigstens einen guten Grund abzuhauen, wenn du mich die ganze Zeit nervst.«
»Das kannst du nicht machen!« Josie sah sie erschrocken an. »Das würd ich nicht ertragen!«
»Was bleibt mir denn anderes übrig?« Ellens Augen füllten sich mit Tränen. »Dad wird fuchsteufelswild sein. Und selbst wenn er sich beruhigen und zu mir halten sollte – was glaubst du, wie Mum mir das Leben zur Hölle machen wird!«
Josies Miene verdüsterte sich. Sie dachte an die Anweisungen ihrer Mutter unmittelbar vor der Heimfahrt. Ihre Aufgabe sei es, Ellen dazu zu bringen, die Farm zu verlassen. Gelänge ihr das nicht, dürfte sie nicht nach Helston zurückkehren. Violet ging davon aus, dass Albert sehr viel leichter zum Verkauf zu bewegen wäre, wenn Ellen ihm nicht zur Seite stand.
Als ihr dieses Ultimatum gestellt worden war, hatte Josie eigene Fluchtpläne geschmiedet. Die Grausamkeit ihrer Mutter Ellen gegenüber war ihr gar nicht bewusst geworden. Aber so, wie sich die Dinge jetzt entwickelten, drohten alle schönen Pläne durchkreuzt zu werden. Falls Ellen schwanger war, würde sie vermutlich nicht einfach weglaufen, sondern die Wahrheit sagen. So war sie nun einmal. Ihr Dad würde einen Wutanfall bekommen, aber letzten Endes zu ihr halten. Und wenn das Baby erst einmal auf der Welt wäre, würde ihre Mutter nicht den Hauch einer Chance mehr haben, ihren Dad zum Verkauf der Farm zu überreden. Und wo blieb sie selbst dabei?
»Ich glaub nicht, dass du schwanger bist«, erklärte sie zuversichtlich. »Wir machen uns nur unnötig verrückt. Und jetzt tun wir so, als hätten wir uns total verkracht, dann können wir uns gegenseitig helfen, egal, was passiert.«
Als sie Mitte Oktober ihre Periode immer noch nicht bekommen hatte, blieb Ellen nichts anderes übrig, als den Tatsachen ins Auge zu sehen: Sie war schwanger.
Sie versuchte den Gedanken zu verdrängen, sich einzureden, das könne einfach nicht sein, aber tief in ihrem Innern wusste sie, dass es so war. Ihre Brüste waren empfindlich geworden, und morgens, wenn ihr der Geruch von gebratenem Speck in die Nase stieg, wurde ihr manchmal übel. Sie hatte in einem Buch in der Bücherei nachgelesen, dass beides Symptome einer Schwangerschaft waren.
Tagsüber fiel es ihr leicht, ihre Sorgen aus dem Bewusstsein zu verbannen. Schülerin der Abschlussklasse zu sein, hatte gewisse Vorteile. Der Unterricht war viel lockerer als in den übrigen Klassen, sie arbeitete gern mit und mochte die Lehrer. Sobald sie jedoch wieder nach Hause kam, drängten ihre Ängste sofort wieder an die Oberfläche.
Da sie viele Hausaufgaben machen musste, konnte sie der beklemmenden Atmosphäre in ihrem Elternhaus nicht entfliehen, indem sie ihrem Vater draußen zur Hand ging. Violet ließ keine Gelegenheit aus, sie zu demütigen oder mit ihr zu schimpfen. Und Josie, die sich ihrem Plan gemäß nur dann normal benahm, wenn sie allein waren, machte alles nur noch schlimmer.
An ihren Vater kam Ellen nicht mehr heran. Er betrat das Haus nur noch zum Essen, schlang seine Mahlzeit hinunter und stürzte gleich wieder hinaus. Ein gequälter Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Ellen vermutete, Violet setzte ihm hart zu, was den Verkauf der Farm
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