Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
möglich von daheim weggingst, damit du zur Ruhe kommst.«
»Ich würde lieber heute als morgen fortgehen, wenn ich nur wüsste, wohin«, meinte Ellen schniefend. »Violet und Josie sind immer nur gemein zu mir, und mein Dad geht mir aus dem Weg.«
»Es gibt Heime für ledige Schwangere, doch die nehmen dich erst für die letzten sechs Schwangerschaftswochen auf. Du könntest dich aber jetzt schon um einen Platz bemühen, in die Nähe des Heims ziehen und dir einen Job suchen, bis es so weit ist.«
»Und was ist mit der Schule?«, fragte Ellen.
»Schule ist nicht alles im Leben.« Mrs. Peters tätschelte ihr die Schulter. »Ein gescheites Mädchen wie du kann das Abitur später auf der Abendschule nachholen.«
»Aber nur, wenn ich das Baby weggebe«, murmelte Ellen und fing wieder an zu weinen. »Und behalten kann ich es ja nicht. Dafür braucht man Geld.«
Mrs. Peters hatte selbst zwei Kinder, und beide waren keine Engel gewesen, besonders Isobel nicht, die Jüngere. Doch gemeinsam hatten sie alle Probleme bewältigt. Und heute waren ihre Töchter glücklich verheiratet, und sie hatte vier Enkelkinder. Ellen jedoch hatte niemanden.
Albert war ein verschlossener, sturer und in jeder Hinsicht schwieriger Mann, und seine Frau war im Grunde genommen eine Schlampe. Ellen konnte Mavis’ Ansicht nach ihr Einfühlungsvermögen und ihre Intelligenz nur von ihrer Mutter geerbt haben. Das Mädchen war Frank und ihr ans Herz gewachsen. Sie waren beide der Meinung, Ellen werde es einmal weit bringen. Deshalb fand sie den Gedanken, dass ein flüchtiger Moment der Leidenschaft ihr Leben ruinieren sollte, einfach furchtbar. Normalerweise hielt sie nichts davon, sich als Außenstehender zwischen ein Kind und seine Eltern zu drängen, doch in Ellens Fall schien ihr das zwingend erforderlich zu sein.
»Soll ich mich für dich erkundigen, wo es solche Heime gibt?«, fragte sie. »Ich kenne eins in Bristol. Meine Tochter Isobel gehört dem zuständigen Ausschuss an. Sie könnte eine nette Familie für dich suchen, wo du als Haustochter unterkommen könntest, bis du im Heim aufgenommen wirst.«
Ellens Augen leuchteten hoffnungsvoll auf. »Würden Sie das wirklich für mich tun, Mrs. Peters?« Aber schon verdüsterte sich ihre Miene wieder. »Ich kann Dad doch nicht einfach ohne ein Wort verlassen.«
»Nein, das kannst du nicht, und das darfst du auch nicht«, erklärte Mrs. Peters mit Entschiedenheit. »Aber falls dir eine Familie eine Stelle in ihrem Haushalt anbietet, ist das doch ein guter Grund fortzugehen, findest du nicht?«
»Dad wird enttäuscht sein, dass ich die Schule abbrechen will. Und meine Lehrer auch.«
»Das wird er sicher sein, aber er weiß doch bestimmt, wie unglücklich du wegen Violet bist. Er wird denken, das sei der Grund für deinen Wunsch fortzugehen.«
Ellen dachte einen Augenblick über Mrs. Peters’ Vorschlag nach. Und ihr war, als würde ihr eine riesige Last von den Schultern genommen. Sie schmiegte sich an Mavis und drückte sie ganz fest. »Sie sind so nett zu mir, ich fühle mich jetzt viel besser. Tausend Dank!«
Frank Peters kam, kurz nachdem Ellen gegangen war, nach Hause, und Mavis erzählte ihm alles, denn sie machte sich Vorwürfe, weil sie sich zwischen Vater und Tochter drängte.
»Du hast das Richtige getan«, meinte er. »Das gäbe eine Katastrophe, wenn Albert es erführe. Fern von allem kann sich Ellen in Ruhe überlegen, was das Beste für sie und das Kind ist.«
»Er wird toben, falls er es je herausfindet«, gab Mavis zu bedenken.
»Und wenn schon!« Frank zuckte mit den Schultern. »Hätte er die Mädchen nicht immerzu von allem isoliert, wäre das wahrscheinlich nie passiert. Ich hab, ehrlich gesagt, kein Mitleid mit ihm. Nach allem, was man hört, soll er Ellens Mutter richtig unter Druck gesetzt haben, damit sie ihn heiratet. Und einige sagen, er hätte sie mit seiner Eifersucht in den Tod getrieben. Es wäre ein Jammer, wenn die kleine Ellen auf dieser Farm versauern würde. Sie hat was Besseres verdient.«
»Ich werde Isobel heute Abend noch anrufen«, entschied Mavis, die der moralische Rückhalt ermutigte. »Ellen sollte von hier fort sein, bevor jemand was merkt.«
»Glaubst du, sie hat Josie eingeweiht?«
»Ich weiß es nicht, sie hat nichts gesagt.«
»Hoffentlich nicht, Mädchen in dem Alter können ganz schön hinterhältig sein«, bemerkte Frank nachdenklich. »Ich kann mir nicht helfen, aber ich finde, Josie ist nicht aus dem gleichen Holz wie Ellen,
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