Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
Schlampe!«
»Ich bin keine Schlampe.« Josie hielt sich die brennende Wange und begann zu weinen. »Du solltest nicht von dir auf andere schließen.«
Ihre Mutter schien sich vor Entrüstung regelrecht aufzublähen. »Was genau willst du damit andeuten?«
»Du bist doch schon zu Dad ins Bett gestiegen, als seine erste Frau noch nicht mal kalt war«, schrie Josie. »Nur eine Schlampe würde so was fertig bringen.«
Diese pikante Information hatte sie von ihrer Großmutter kurz vor deren Tod erhalten. Die alte Hexe hatte eine Menge böse Dinge gesagt, und viele davon waren Onkel Brian zufolge schlichtweg falsch. Josie war es gleichgültig, ob es die Wahrheit war oder nicht, sie wollte ihre Mutter verletzen, wie sie selbst verletzt worden war.
Noch bevor sie dazu kam, wegzulaufen und die Treppe hinaufzuflüchten, traf sie ein kräftiger Schlag gegen die Schulter und riss sie regelrecht von den Füßen. Am Boden liegend, drehte sie den Kopf und sah ihre Mutter, das Gesicht dunkelrot vor Wut, ein Nudelholz schwingen.
Josie versuchte, auf allen vieren davonzukriechen, aber sie war zu langsam. Violet packte sie an den Haaren und prügelte wie von Sinnen mit dem Nudelholz auf sie ein. »Du elendes Miststück!«, kreischte sie. »Alles hab ich nur für dich getan! Ist das der Dank dafür?«
Sie schien den Verstand verloren zu haben. Die Schläge prasselten nur so auf Josies Kopf, Hals, Rücken und Arme, während Violet in einem fort so laut schimpfte und zeterte, dass sie sogar Josies Geschrei übertönte.
Die Haustür flog auf, und Albert stürzte herein.
»Hör sofort auf, Violet!«, rief er und riss sie von Josie weg.
Josie war noch nie so froh gewesen, ihn zu sehen. Als Violet sie losließ, sackte sie kraftlos in sich zusammen. Wie durch einen Nebel hindurch sah sie ihren Dad, der ihre hysterisch kreischende Mum zu einem Stuhl zerrte, sie darauf niederdrückte und sie ohrfeigte, um sie zur Besinnung zu bringen.
Dann hob er Josie vom Boden auf und hielt sie ganz fest. »Ist es nicht schon schlimm genug, dass eins unserer Mädchen uns heute verlassen hat? Musst du auch noch das andere halb totschlagen?«, hörte sie ihn sagen.
»Sie hats nicht anders gewollt. Du hättest ihr Schandmaul hören sollen!«
Josie klammerte sich an ihren Vater, vor Angst, ihre Mutter würde von neuem über sie herfallen. Albert schien es zu spüren. Er schickte Violet mit den Worten hinaus, sie solle erst wiederkommen, wenn sie sich beruhigt hätte.
Es war lange her, dass ihr Vater sich so liebevoll um sie gekümmert hatte. Er hob sie auf den Küchentisch, tastete sie behutsam ab, um herauszufinden, ob sie sich etwas gebrochen hätte, und tupfte ihr dann Gesicht und Hals mit einem nassen Handtuch ab.
»Sprich mit mir, Josie«, drängte er. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und blickte ihr direkt in die Augen. »Erkennst du mich?«
Sie war versucht, so zu tun, als wäre sie schwer verletzt und könnte nicht reden, nur um seine Fürsorge noch ein bisschen länger genießen zu können. Doch dann sah sie die panische Angst in seinen braunen Augen und wusste, das durfte sie ihm nicht antun.
»Ja, Daddy«, antwortete sie. »Mum ist völlig durchgedreht.«
Er seufzte und drückte sie erleichtert an sich. »Ich glaub, gebrochen ist nichts. Doch du wirst ein paar ganz schöne Blutergüsse bekommen. Was hat sie denn so wütend gemacht, mein Schatz?«
Sie schmiegte sich in seine Arme und fing an zu weinen. »Dass ich Ellen nicht Auf Wiedersehen gesagt hab«, schluchzte sie. »Aber ich konnte einfach nicht, ich war so sauer, weil sie weggefahren ist.«
Er erwiderte nichts, hielt sie nur fest. Dann holte er eine Schüssel kaltes Wasser, tunkte das Handtuch hinein und presste es Josie auf Wangen und Stirn.
»Leg dich ein bisschen hin«, meinte er nach ein paar Minuten. »Ich bring dir was Heißes zu trinken.«
Josie beschloss, die Gelegenheit beim Schopf zu ergreifen. »Lass mich nach Helston gehen, Daddy, bitte! Ich halt es nicht mehr hier aus, jetzt, da Ellen fort ist. Bitte, Daddy! Ich hab gedacht, Mum bringt mich um!«
»Wenn es meine Verwandten wären, würd ich es mir überlegen. Aber das sind sie nun mal nicht. Und du bist meine Tochter; es ist meine Pflicht, für dich zu sorgen. Du gehörst hierher, Josie, zu mir.«
Josie brach von neuem in Tränen aus. »Aber wenn sie mich nun wieder verprügelt?«
»Das wird sie nicht, das versprech ich dir. Wenn sie dich noch ein einziges Mal anrührt, kann sie ihre Koffer
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