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Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)

Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)

Titel: Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LESLEY PEARSE
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eine Art Ausstellung sein, denn die Leute betrachteten sie im Vorbeigehen sehr genau. Ein großer roter Doppeldeckerbus fuhr vorbei, genauso einer, wie sie sie aus Filmen und von Fotos kannte. Sie schauderte vor Aufregung. Endlich in London! Es war zwar nicht ganz so gelaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte, aber jetzt war sie hier, und sie würde das Beste daraus machen.
    Sie wusch sich und schlüpfte in die Kleider vom Vortag. Dann spülte sie das schmutzige Geschirr, räumte Küche und Wohnzimmer auf und klappte die Bettcouch wieder zusammen.
    Neugierig sah sie sich in der Wohnung um. Alles schien gut organisiert zu sein: Schränke und Kühlschrank waren mit Vorräten gefüllt, sogar Putzmittel für Bad und Toilette waren vorhanden. An eine Pinnwand neben dem Schreibtisch waren Fotos von Mädchen geheftet. Eins sah Will ein wenig ähnlich, vermutlich seine Schwester. Bei den anderen tippte sie auf Freundinnen. In einem Notizbuch beim Telefon standen hunderte von Telefonnummern, und in einem schwarzen Terminkalender direkt daneben fand sie den Termin eingetragen, von dem er gesprochen hatte. Es stimmte sie traurig, dass sie am Abend nicht mehr da sein würde, um mit ihm essen zu gehen, und dass sie ihn nicht mehr wiedersehen konnte. Hätte sie nicht unbedingt ihren Kopf durchsetzen müssen, sondern wäre zu Hause geblieben, hätte gearbeitet und per Brief und Telefon Kontakt zu Will gehalten, dann wäre vielleicht etwas Dauerhaftes aus ihnen geworden.
    »Hallo! Du hast ja aufgeräumt! Du bist ein Schatz«, rief Will, als er kurz nach eins aus seinem Schlafzimmer kam. Sein Haar war zerzaust, und ein bläulicher Schatten lag auf seinem Kinn. »Hast du nicht schlafen können?«
    »Doch, aber der Verkehr hat mich geweckt«, antwortete sie. »Ich hab gerade Wasser aufgestellt. Soll ich dir einen Tee aufbrühen?«
    »Kaffee, bitte, zwei Stück Zucker. Ich will nur schnell ins Bad und mich rasieren. Ich muss mich beeilen.«
    Als er zehn Minuten später aus dem Badezimmer kam, sah er genau wie bei ihrer ersten Begegnung aus, nur sein Gesicht hatte von dem Tag am Strand ein bisschen Farbe bekommen. Er stürzte den Kaffee hinunter und warf einen gehetzten Blick auf seine Armbanduhr.
    »Da hängt ein Zweitschlüssel«, meinte er und zeigte auf den Schlüsselbund neben der Tür. »Falls du in den Park möchtest. Aber geh nicht zu weit weg und schreib dir vorsichtshalber die Adresse und die Telefonnummer auf, man kann nie wissen. Im Regal liegt übrigens ein Stadtplan. Und nimm dir zu essen, was du möchtest, okay?«
    »Tut es dir Leid, dass du mich mitgenommen hast?«, fragte sie. Sie musste es wissen.
    Sein Gesicht nahm einen sanften Ausdruck an. »Nein, natürlich nicht. Aber wir müssen uns ernsthaft unterhalten, wenn ich wieder zurück bin. So gegen fünf, denke ich.«
    Sie trat vor ihn hin und hob erwartungsvoll den Kopf. Will küsste sie flüchtig auf den Mund. »Ich muss los«, erklärte er und ergriff eine große, dünne Mappe, die an der Wand lehnte. »Bis später.«
    Um zehn Uhr an diesem Abend befand sich Josie in einer völlig anderen Umgebung – einer trostlosen kleinen Dachkammer in einer Gegend namens Ladbroke Grove – und weinte.
    Sie hatte Wills Wohnung voller Vorfreude verlassen, sich im Park gegenüber auf eine Bank gesetzt und den Stadtplan studiert. Da sie gesehen hatte, dass die U-Bahn-Station ein Stück weiter die Straße hinunter Queensway hieß, fand sie rasch heraus, wo sie sich befand.
    Dann hatte sie ein paar Mädchen angesprochen, die nur wenig älter als sie zu sein schienen, hatte ihnen erzählt, sie suche eine Wohnung und ob sie ihr vielleicht einen Tipp geben könnten. Im Evening Standard stünden immer eine Menge Wohnungsangebote, meinten sie, aber die Zeitung erscheine nur werktags. Sie unterhielten sich eine Weile. Dabei erfuhr Josie, dass Bayswater eine sehr teure Gegend war: Für ein einzelnes Zimmer wurden bis zu fünfzehn Pfund die Woche verlangt. Sie solle es doch mal in Notting Hill versuchen, schlugen die Mädchen vor, und sich die Mietangebote in den Schaufenstern ansehen, weil sich da möglicherweise etwas Preisgünstigeres finden ließe. Ob sie einen Job habe, wollten sie wissen. Als Josie erklärte, sie sei gerade erst angekommen und müsse sich einen suchen, rieten sie ihr, gleich am Montagmorgen zu einer der Arbeitsvermittlungen in der Oxford Street zu gehen. Sie waren so freundlich und hilfsbereit, dass Josie schon annahm, alle Leute seien wie sie. Stunden später, als sie

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