Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
Gefühl sei stärker geworden und sie müsse unbedingt nach Hause. Sie versprach, den nächsten Bus zurück nach Falmouth zu nehmen, wenn sie sich geirrt habe und alles in Ordnung sei. Mrs. Parks fand das richtig und meinte, Rosemary sei egoistisch, und wenn doch nur ihr Mann da wäre, damit er Josie fahren könnte. Um halb sieben verließ Josie mit ihrem Koffer das Haus. Sie solle ja gleich wiederkommen, rief Rosemary ihr nach, und falls doch etwas passiert sei, solle sie sie am andern Morgen von einer Telefonzelle aus anrufen.
Josie war es unangenehm, so in den Seitenstraßen umherzustreifen. Aber wenn sie zu früh zum Hotel kam, würde Will merken, dass sie in der kurzen Zeit unmöglich zu Hause gewesen sein konnte. Und sie würde ihm einen Grund geben, seine Meinung zu ändern.
Um zehn vor neun machte sie sich auf den Weg zum Hotel. Es war noch sehr hell, und die vielen Leute auf der Straße machten sie noch nervöser, doch im gleichen Moment, als sie sich dem Hoteleingang näherte, kam Will heraus, eine Reisetasche in der Hand.
Er strahlte. »Ich hätte nicht gedacht, dass du tatsächlich kommst«, meinte er. »Was haben denn deine Eltern gesagt?«
Josie zuckte mit den Schultern. »Sie halten mich für verrückt, weil ich alles stehen und liegen lasse, aber sie sind nicht böse gewesen oder so. Alle in meinem Alter wollen von hier weg. Die Touristen sehen im Sommer nur die schöne Seite, aber das restliche Jahr ist hier tote Hose.«
»Und Rosemary?«
»Na ja, sie war ein bisschen sauer.« Sie grinste. »Doch sie ist tanzen gegangen, und wahrscheinlich ist sie jetzt schon betrunken und erinnert sich überhaupt nicht mehr daran. Ich hab ihr erklärt, sowie ich eine eigene Wohnung hätte, könnte sie nachkommen.«
»Colin hat mir die Hölle heiß gemacht«, gestand Will zerknirscht. »Ich würde dich gerade mal fünf Minuten kennen, hat er gemeint, und woher ich wissen wolle, dass du nicht schwanger bist und nur einen Dummen suchst, der dich versorgt.«
Das wurmte sie. Sie zog ihr Kleid straff über den Bauch und erwiderte: »Seh ich so aus, als wär ich schwanger?«
»Nein, ich glaub nicht, dass du so leichtsinnig bist.«
»Bin ich auch nicht. Und ich brauche weder dich noch sonst jemanden, der mich versorgt«, versicherte sie empört. »Wenn du willst, setz mich einfach irgendwo ab, wenn wir in London sind.«
Das stimmte ihn milde. Er trat einen Schritt auf sie zu und küsste sie. »Ich bin froh, dass du gekommen bist. Und ich werd dich ganz bestimmt nicht einfach irgendwo absetzen. Ich möchte dich bei mir haben.«
Es war eine schrecklich lange Fahrt. Josie döste auf der Rückbank vor sich hin. Da Colin sichtlich verärgert gewesen war, als er sie vor dem Hotel hatte stehen sehen, hatte sie sich so klein wie möglich gemacht.
In Bristol wies Will sie auf eine wunderschöne hohe, strahlend hell erleuchtete Brücke hin. Das sei die Hängebrücke von Clifton, erklärte er. Josie bekam Herzklopfen. Ellen wohnte in Clifton. Sie hatte die Brücke und den Wald auf der anderen Seite der Avon Gorge in einem ihrer Briefe erwähnt.
Bei dem Gedanken an Ellen und ihre Eltern wurde ihr auf einmal bewusst, wie rücksichtslos, ja ausgesprochen dumm sie gehandelt hatte. Sie hatte geglaubt, alles genauestens geplant zu haben, dabei hatte sie in Wirklichkeit nicht einmal die grundlegenden Dinge bedacht.
Wenn sie Sonntagabend nicht nach Hause käme, würde ihr Vater nach Falmouth fahren und sie suchen. Und wenn er dann von den Parks’ erführe, sie sei bereits am Vorabend nach Hause gefahren, würde er denken, ihr sei etwas zugestoßen.
Angst befiel sie. Rosemary würde ihm bestimmt von Will und Colin erzählen. Falls Albert die Polizei einschaltete und diese im Hotel Nachforschungen anstellte, würden die Beamten die Londoner Adresse der beiden ermitteln können.
Josie setzte sich ruckartig auf. Was sollte sie tun? Colin saß im Augenblick am Steuer, Will machte ein Nickerchen auf dem Beifahrersitz. Sie könnte ihnen natürlich die Wahrheit sagen und Colin bitten, umzukehren und sie zurückzufahren, aber da er sowieso schon sauer auf sie war, würde er dann vermutlich richtig ausrasten. Außerdem wollte sie nicht zurück, sie wollte nach London.
Sie sackte in sich zusammen und versuchte, logisch zu denken. Falls die Polizei Will aufspürte, würde er möglicherweise Ärger bekommen, weil sie noch minderjährig war. Sie würde also nicht bei ihm bleiben können.
Man würde sie frühestens Sonntagnacht
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