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Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)

Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)

Titel: Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LESLEY PEARSE
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nach Hause und eine an Ellen, aber keinen Absender angegeben. Ellen hatte in den vergangenen Wochen viel darüber nachgedacht. Eine Schwangerschaft schloss sie aus: Josie wäre dann sicher nicht nach London gefahren, sondern zu ihr nach Bristol gekommen. Dass sie ihnen keine Adresse mitteilte, musste nichts zu bedeuten zu haben: Sie war minderjährig und wollte nicht gefunden und wieder nach Hause verfrachtet werden. Dennoch machte Ellen sich große Sorgen um ihre Schwester. Nach allem, was sie gehört hatte, war London ein gefährliches Pflaster.
    »Einfach abzuhauen! Du hast ihr diesen Floh doch erst ins Ohr gesetzt«, giftete Violet, nachdem Ellen gerade mal ein paar Minuten zu Hause war. »Aber ich wette, im Gegensatz zu dir wird sie es zu was bringen. Guck dich doch bloß mal an – als hätte man dich von der Straße aufgelesen!«
    Ellen schluckte die Tränen hinunter. Als sie später in den Schlafzimmerspiegel blickte, konnte sie Violet sogar verstehen. Sie war mager und blass, und das einst so schicke cremefarbene Kleid, das sie ein Jahr zuvor für ihre erste Verabredung mit Pierre gekauft hatte, hing nach unzähligen Wäschen an ihr wie ein alter Lumpen.
    Nach zwei Wochen wusste Ellen immer noch nicht, ob es ein Fehler oder eine gute Idee gewesen war zurückzukommen. Violet begegnete ihr mit unvermindertem Groll. Ihr Vater schien alt und müde geworden zu sein und hatte ihr nicht viel zu sagen. Keiner von Josies Freunden hatte etwas von ihr gehört; alle wiederholten nur, was ihr Vater bereits von der Polizei erfahren hatte: Josie sei von zwei Männern nach London mitgenommen worden.
    Mit Mavis Peters zu sprechen, hatte ihr jedoch unendlich gut getan. Sie stellte fest, dass sie ihr Dinge anvertrauen konnte, die sie nicht einmal Dr. Fordham erzählt hatte. Sie genoss auch das Alleinsein, die einsamen Spaziergänge an der Küste entlang, die Stunden, die sie in der Bucht saß und aufs Meer hinausschaute. Sie verstand jetzt, was Dr. Fordham gemeint hatte. Es war wichtig gewesen, hierher zurückzukehren, und sei es nur, um sich bewusst zu werden, wie wenig die Farm ihr zu bieten hatte.
    Sie würde Cornwall immer lieben, doch die Farm lockte sie nicht mehr. Ihr schwebte ein Beruf vor, in dem sie mit Kindern zu tun hatte, in einer Schule vielleicht oder in einem Heim. Eventuell würde sie noch ein Jahr bei den Sandersons bleiben, bis Simon eingeschult wurde, und sich dann neu orientieren.
    Dr. Fordham hatte Recht: Sie war stärker geworden. Gleichgültig, was das Leben noch für sie bereithalten mochte – nichts würde auch nur im Entferntesten so wehtun wie die Trennung von Catherine. Und was Josie betraf, so würde sie sich bestimmt bald bei ihr melden. Ellen war sicher, ihre Schwester kam bestens zurecht, sonst wäre sie schon längst wieder zu Hause aufgekreuzt.

11. Kapitel
     
    Z wei Wochen nach ihrer Ankunft in London hauste Josie noch immer in der Dachkammer in der Westbourne Park Road 42. Sie hasste dieses Zimmer, wie sie noch nie in ihrem Leben etwas gehasst hatte. Durch die winzige Dachluke schien kein Lufthauch hereinzukommen, und wenn sie hinausschaute, sah sie nichts als Dächer. Die anderen Hausbewohner, von denen es dutzende zu geben schien, kochten widerlich riechendes Zeug, und der Geruch wehte durchs Treppenhaus bis in Josies Kammer herauf und setzte sich dort fest.
    Am meisten jedoch ekelte sie sich vor dem Bad. Es stank, wurde nie geputzt, das Klo war Grauen erregend, und die Wände waren mit schwarzem Schimmel überzogen. Überwand sie sich und beschloss, ein Bad zu nehmen, musste sie die Wanne erst gründlich schrubben und dann neben ihr stehen bleiben, während das Wasser einlief. Sie hatte einmal den Fehler gemacht, den Hahn aufzudrehen und wegzugehen. Als sie zurückgekommen war, hatte sie vor verschlossener Tür gestanden: Jemand anders hatte für die Münze, die sie in den Gaszähler geworfen hatte, gebadet.
    Das Zimmer mochte nicht schlechter als das auf der Farm sein – wacklige alte Möbel, fadenscheinige Bettwäsche, keinerlei Komfort –, aber zu Hause hatte sie wenigstens den herrlichen Blick, die frische Meeresbrise und die Stille gehabt. In dem Haus in der Westbourne Park Road war es nie richtig ruhig. Mitbewohner schrien und grölten bis in den frühen Morgen hinein, Fernseher und Radios liefen auf voller Lautstärke. Flachshaarige Kinder spielten auf der Treppe, und irgendwo plärrte immer ein Baby. Die anderen Hausbewohner waren entweder Schwarze oder Iren, und man konnte

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