Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
angestellt?«
»Wir haben auf eine Annonce in der Evening News geantwortet«, erzählte Candy. »Hübsche Mädchen für glamouröse Fotos gesucht, gute Bezahlung. Die Anzeige erscheint fast jede Woche. Es werden dauernd neue Mädchen gesucht. Das wär doch was für dich.«
»Meinst du wirklich?« Josie nahm einen kräftigen Schluck Brandy, obwohl er ihr nicht schmeckte. »Ist das dein Ernst?« Sie fuhr sich mit der Hand an die Kehle, die wie Feuer brannte.
Candy zuckte mit den Schultern. »Dir muss es ernst damit sein, wenn du es versuchen willst. Wie gesagt, es sind keine Modeaufnahmen, sondern Pin-up-Fotos. Das heißt, du hast kaum was an.«
Josie kannte diese Fotos, sie hatte sie schon in Zeitschriften wie Tit-Bits gesehen. Die Mädchen trugen enge, tief ausgeschnittene Pullover oder einen Badeanzug. Das konnte sie auch!
»Erzählt mir mehr darüber, das interessiert mich.« Aufgeregt beugte sie sich vor.
Sie hörte den beiden wie gebannt zu. Die Fotos seien schon ein bisschen gewagter als die in Tit-Bits, erklärten sie rundheraus, und wenn sie prüde sei, würde sie es keinen einzigen Tag aushalten. Es handele sich aber nicht um Nacktaufnahmen oder Pornografie, fügten sie hinzu, obwohl sie bei entsprechender Bezahlung schon bereit seien, sich nackt fotografieren zu lassen. Sie würden pro Shooting bezahlt, sagten sie. Ein Shooting dauere vier Stunden, und das Honorar betrage fünfzehn Pfund. Meistens machten sie bis zu sechs Shootings in der Woche; davon könne man bequem leben und sich die Sachen kaufen, die man brauche, um im Geschäft zu bleiben.
»Heute Morgen hatten wir ein Shooting«, berichtete Tina. Sie öffnete ihren roten Regenmantel, damit Josie das schwarze Kleid, das sie darunter trug, sehen konnte. »Darin hat er mich fotografiert, und darunter hatte ich bloß einen Slip an. Das verstehen die unter glamourösen Fotos. Ich hab ein paar knappe Babydolls, Shorts, die gerade mal den halben Po bedecken, viel aus Spitze, Strümpfe, Strapse, all so was. Weißt du, was ich meine?«
Josie nickte. Sie hörte zum ersten Mal von diesen Dingen, aber sie lernte ziemlich schnell.
Als sie erwähnte, dass sie samstags freihatte, fragten die Mädchen, ob sie am nächsten Tag nicht zu Probeaufnahmen mitkommen wolle.
»Versuchen kostet nichts«, meinte Candy. »Wenn es dir nicht liegt, gehst du Montag wieder kellnern. Aber wenn du gut bist und Beetle dich mag, hast du es geschafft.«
Beetle, der »Käfer«, war der Boss von Glamour Pics Inc. Sie wüssten auch nicht, woher er seinen Spitznamen habe, fügten die Mädchen lachend hinzu, aber er passe zu ihm. Beetle sei für alle organisatorischen Fragen zuständig, er vereinbare die Termine für die Fotoshootings und verkaufe die Fotos an internationale Zeitschriften. Und er zahle eine Provision für jedes neue Mädchen, das sie ihm brachten, gaben sie zu.
»Aber deswegen haben wir dich nicht eingeladen«, versicherte Tina rasch. »Wir haben dir angesehen, wie niedergeschmettert du warst. Dass du ein hübsches Gesicht und eine gute Figur hast, ist uns natürlich auch aufgefallen, doch das allein genügt nicht. Du musst hart und hungrig sein, wenn du Model werden willst. Ich weiß nicht, ob du hart genug bist, aber wir werden ja sehen.«
Als Josie an diesem Abend nach Hause ging, spürte sie ihre schmerzenden Füße kein bisschen. Sie ging wie auf Wolken. Sie würde ihnen beweisen, dass sie hart genug war – hungrig war sie jedenfalls: Sie gierte förmlich nach einer schönen Wohnung, hübschen Kleidern, und sie wollte Spaß haben. Vielleicht würde sich ja doch noch alles zum Guten wenden.
Am nächsten Morgen um sieben wusch Josie sich die Haare. Tina und Candy würden sich wundern. Sie hatten sie ungeschminkt, mit zusammengebundenen Haaren und in einem grässlichen Nylonkittel über einem billigen Baumwollkleid gesehen. Wenn sie sie in diesem Aufzug für hübsch hielten, was würden sie dann erst sagen, wenn sie in ihrem schwarz-weißen Minikleid und mit offenen Haaren kam!
Das Studio, in dem sie mit Beetle und den Mädchen verabredet war, lag in Paddington, nur ein paar Gehminuten von der Westbourne Park Road entfernt. Es sei nicht wichtig, was sie anhabe, hatte Tina gemeint, Beetle könne ihr etwas leihen. Für die Probeaufnahmen bekomme sie kein Honorar, doch wenn sie ihre Sache gut machte, werde er sie für die kommende Woche für fünf oder sechs Shootings engagieren und jedes Mal bar bezahlen. Kopfzerbrechen bereitete Josie nur ihre Unterwäsche.
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