Wenn Werwolf-Pranken streicheln
Person war, die so fürchterlich geschrien hatte. Der dritte Kidnapper, der Mann mit dem Messer.
Der Schrei stoppte abrupt. Wir standen starr und schauten uns nur an. Brenda atmete heftig, ich war ruhiger. »Es waren drei«, flüsterte das Kindermädchen. »Demnach müßte die Bestie jetzt den dritten getötet haben — oder?«
»So sehe ich es auch.«
»Und es bleibt dabei, daß wir fahren?«
»Ja. Wir werden schauen, ob wir den Ford noch einholen können oder ihn irgendwo entdecken. Wenn nicht, habe ich ein anderes Ziel vorgesehen.«
Brenda dachte mit. »Wieder zurück zu den Harpers?«
»So ist es.«
»Himmel, was wird Mr. Harper dazu sagen? Der dreht durch, der macht mich fertig.«
»Keine Sorge, Brenda, ich bleibe bei Ihnen.«
»Welchen Wagen nehmen wir denn?«
»Lassen Sie den BMW stehen, wir nehmen meinen Rover.«
Damit war das Kindermädchen einverstanden.
***
Angelo Lombardi konnte es kaum fassen. Seine Euphorie, den Bestien entwischt zu sein, war schlagartig verschwunden, als er die Pranke sah, die sich von oben her außen an der Scheibe herab nach unten schob und dabei ihre Krallen bewegte.
Es war müßig, nach einer Erklärung zu suchen, die Bestie hatte es geschafft, sie war schlauer gewesen als er. Nur mußte er jetzt versuchen, sie wieder loszuwerden.
Wenn es ihr einmal gelang, die Scheibe zu zerstören und in den Wagen einzudringen, war alles vorbei.
Es sprach für seine Nerven, daß er nicht durchdrehte. Eiskalt dachte er in den folgenden Sekunden nach der Entdeckung nach, während er über die Zufahrtsstraße durch die Nacht raste, beobachtet vom Vollmond. Auch wenn über ihm kein Mensch lag, mußte die Bestie trotzdem einen gewissen Halt haben, um nicht abzurutschen.
Plötzlich jaulten die Reifen, als Lombardi nach links lenkte, das Steuer sofort wieder herumriß und den Ford in eine Rechtskurve legte, die der Wagen nur mit Ach und Krach schaffte.
Dabei hatte der Mann auf die Pranke geschaut, die ebenfalls über die Scheibe rutschte und dabei die Bewegungen des Körpers auf dem Dach nachvollzog.
Auf einmal verschwand sie!
Lombardi bekam leuchtende Augen. Er lachte hart auf, wiederholte das gleiche Manöver, nur begann er diesmal mit einer Rechtskurve und hörte über sich das Rutschen des Körpers auf dem Dach. Zu beiden Seiten huschten die Bäume vorbei. Das Fernlicht strahlte ihre Stämme an. Sie wirkten in der bleichen Farbe wie erstarrte Geister. Mit den Bäumen rechnete Lombardi. Erhoffte, daß der Körper vom Dach und gegen einen der Stämme geschleudert wurde.
War er schon gefallen?
Der Kidnapper hatte nichts bemerkt, auch keinen Körper im Lichtschein der Scheinwerfer gesehen. Wahrscheinlich hatte er sich noch festhalten können.
Er schaute für einen Moment nach links, weil ihn dort etwas irritiert hatte. Da sah er den Schatten.
Er kippte genau an dieser Seite vom Dach. Hinter der Fensterscheibe erschien er und versuchte, sich noch im Fall festzuhalten. Wie er das schaffen wollte, war Angelo ein Rätsel, jedenfalls streckte er noch seinen Arm aus, um den zweiten Außenspiegel zu erreichen und an diesem den entsprechenden Halt zu finden.
Sein Gesicht preßte er dabei gegen die Scheibe, und zwar so hart, daß die vorstehende Schnauze schon allmählich platt wurde. Die gelben Augen sahen dabei aus wie ovalförmige Laternen, die Zähne glichen hellen Reißnägeln, die in das Glas beißen wollten. Wieder riß Lombardi das Kenkrad herum. Es war ein letzter Versuch, den Werwolf abzuschütteln. Sekunden später würde er den Spiegel erreicht haben. Lombardis Gesicht war verzerrt. Der Schweiß bildete eine glänzende Schicht. Er spürte den Druck, sein Magen hatte sich zusammengezogen. Wenn er atmete, zischte es.
Gegen die Fliehkraft kam auch die Bestie nicht an. Für Angelo Lombardi wirkte es so, als würde der Körper anfangen zu flattern wie ein Fahnentuch.
Die Pranke, mit der er sich hatte festklammern wollen, stand plötzlich senkrecht, wie zum Gruß erhoben. Der Kopf wurde von der Scheibe weggedrückt. Mit der anderen Pranke wollte er die Scheibe einschlagen, genau in dem Augenblick, als Lombardi dem Ford durch eine schnelle Lenkbewegung wieder eine andere Richtung gab.
Das Aus für den Werwolf.
Den Schlag konnte er noch anbringen, aber er durchhämmerte nicht mehr die Scheibe, sondern rammte seine Faust dicht unterhalb des Rahmens in das Blech.
Angelo vernahm einen dumpfen Knall, der interessierte ihn im Moment nicht. Auch nicht das ängstliche Rufen des Kindes
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