Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
köstlich nach selbstgebackenem Brot, Knoblauch und Tomatensauce. Wenn Mr. Gallo aus der Arbeit kam, führte ihn sein erster Weg in die Küche, und beim Anblick seiner Frau breitete sich stets ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, als sei er erleichtert, sie wirklich dort vorzufinden. »Na, Josie, gibt’s heute wieder Dosenfutter?« zog er sie dann auf.
Ein wenig wehmütig dachte Tim an seine eigenen Eltern. Schon in den Jahren vor ihrer Scheidung hatte er jede Gelegenheit genützt, der eisigen Stimmung zu Hause zu entrinnen.
Obwohl Mr. Gallo seine Frau jeden Tag mit diesem Spruch begrüßte, lachte sie immer, als höre sie ihn das erste Mal. Die beiden liebten einander offenbar sehr. Allerdings hatte Mr. Gallo seine Schwierigkeiten mit Billy, denn er fand, daß sein Sohn Flausen im Kopf hatte, weil er Musiker werden wollte.
Als Tim nun auf der Fahrt seinen Erinnerungen nachhing, fiel ihm ein weiteres Begräbnis ein, das er in Greenwich besucht hatte. Damals war er bereits mit der Schule fertig gewesen und hatte als Reporter gearbeitet.
Er dachte an Fran Simmons und daran, wie erschüttert sie gewesen war. Während der Messe hatte er die ganze Zeit ihr ersticktes Schluchzen gehört. Als der Sarg in den Leichenwagen gehoben wurde, Tim seine Notizen machte und sein Fotograf die Bilder schoß, hatte er sich gefühlt wie ein Voyeur.
Fran Simmons hatte sich in den letzten vierzehn Jahren verändert. Sie war nicht nur erwachsen geworden, sondern
legte eine kühle Professionalität an den Tag, die sie vor sich hertrug wie einen unsichtbaren Schutzschild. Das war ihm schon bei ihrer Begegnung in Gus’ Büro aufgefallen. Es war Tim peinlich gewesen, daß er an die Unterschlagung ihres Vaters hatte denken müssen. Und nun ließ ihn das Gefühl nicht mehr los, daß er sich dafür bei ihr entschuldigen mußte.
So tief war er in Gedanken versunken, daß er beinahe die Ausfahrt North Street verpaßt hätte. Drei Minuten später hielt er vor dem Beerdigungsinstitut.
Viele Freunde der Familie Gallo waren gekommen. Tim erkannte einige vertraute Gesichter, Menschen, die er inzwischen aus den Augen verloren hatte. Manche Anwesende begrüßten ihn, während er auf eine Gelegenheit wartete, ein paar Worte mit Mr. Gallo und Billy zu wechseln. Die meisten lobten ihn für seine Berichte, doch häufig wurde er auch auf Fran Simmons angesprochen, die schließlich beim selben Sender arbeitete.
»Das ist doch die Fran, deren Vater den Bibliotheksfonds geplündert hat?« fragte Mrs. Gallos Schwester.
»Meine Tante glaubt, sie hätte sie in der Cafeteria der Lasch-Klinik gesehen«, meinte ein anderer. »Was wollte sie denn bloß dort?«
Diese Bemerkung fiel, als Tim gerade vor Billy Gallo stand. Auch dieser hatte sie gehört. Seine Augen waren vom vielen Weinen geschwollen. Er schüttelte Tim die Hand. »Wenn Fran Simmons im Krankenhaus recherchiert, soll sie am besten gleich herausfinden, warum Patienten dort sterben müssen, obwohl es gar nicht nötig ist.«
Tony Gallo berührte seinen Sohn am Ärmel. »Billy, Billy, es war Gottes Wille.«
»Nein, Dad, war es nicht. Man kann Menschen retten, denen ein Herzinfarkt droht.« Aufgeregt erhob Billy die Stimme. Er zeigte auf den Sarg seiner Mutter. »Mom bräuchte nicht dort zu liegen, sie hätte noch zwanzig Jahre
leben können. Aber den Ärzten in der Lasch-Klinik war das ganz egal. Sie haben sie einfach sterben lassen.« Er weinte. »Tim, du, Fran Simmons und die anderen Reporter eures Senders müßt euch dort mal umsehen. Ihr müßt herausfinden, warum man so lange gewartet und sie nicht rechtzeitig zu einem Spezialisten geschickt hat.«
Mit einem erstickten Schluchzer schlug Billy Gallo die Hände vors Gesicht. Tim umarmte ihn, bis er sich wieder beruhigt hatte und mit leiser, trauriger Stimme fragte: »Sag die Wahrheit, Tim. Hast du jemals eine bessere Spaghettisauce gegessen als die von meiner Mutter?«
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W arum habe ich mich nur darauf eingelassen, dachte Molly, als sie Käse und Cracker auf den Wohnzimmertisch stellte. Die Begegnung mit Cal und Peter verstörte sie mehr, als sie erwartet hatte. Die Ruhe und Entspannung, die sie hier in ihrem Haus empfand, waren auf einmal wie weggeblasen. Sie fühlte sich wie auf dem Präsentierteller. Der Anblick der beiden erinnerte sie an die vielen Besprechungen, die sie mit Gary in dessen Arbeitszimmer geführt hatten. Die drei hatten sich oft stundenlang dorthin zurückgezogen. Die übrigen Direktoriumsmitglieder des
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