Wenn Zaertlichkeit dein Herz beruehrt
nachlässt - ich vermute, dass ihn das zusätzlich erregt. Die Opfer verbluten innerlich.«
Das Opfer ist innerlich verblutet. Die Umstände sind äußerst seltsam. Er hat nicht zum ersten Mal getötet.
»Was ist?«, fragte sie. »Wie viel weißt du bereits?«
Er blickte sie spöttisch an. »Willst du mir einen Handel vorschlagen?«
»Verdammt noch mal, Chris!«
»Christopher, hör sofort auf, das arme Ding so zu bedrängen! Siehst du denn nicht, dass sie völlig erschöpft ist?« Abigale trat auf Victoria zu, legte ihr einen Arm um die Taille und führte sie zur Treppe. »Kommen Sie, mein Kind, wir werden jetzt ein schönes Bad für Sie vorbereiten, danach bekommen Sie etwas zu essen, und dann geht's ins Bett!«
Das hörte sich einfach himmlisch an. »Nein!« Victoria schob sanft ihren Arm weg und wandte sich ab, ohne Chris einen Blick zu schenken. »Vielen Dank, aber ich verzichte lieber.« Victoria ignorierte das Flehen in Abigales Blick. »Ich kann nicht hier bleiben.« Dabei wünschte sie es sich so sehr, sie hätte so gern ihre Last mit Chris geteilt, wollte frei sein von Sorgen und all diesen hässlichen Dingen und einfach vergessen, dass sie nicht hierhergehörte, in Chris' Leben nichts zu suchen hatte. Sie wollte wenigstens für eine Weile glauben, sie könnte glücklich sein. Aber sie konnte nicht vergessen, dass sie zurückkehren musste. Eine Welt trennte sie von Chris - und weder ihm noch ihr selbst gegenüber wäre es fair gewesen.
Sie schwang sich ihren Lederbeutel über die Schulter und strebte auf die Tür zu. Als sie die Hand schon auf dem Türknauf hatte, sagte sie noch einmal: »Ich kann nicht«, und ihre Stimme brach. Chris zerriss es fast das Herz.
»Tori, Liebes - «
Sie wirbelte herum, der Kummer darüber, dass ihre Träume niemals Wirklichkeit werden würden, ließ ihre Worte schärfer als beabsichtigt klingen. »Hör auf, mich >Liebes< zu nennen! Wenn du nicht ständig deine Nase in meine Angelegenheiten gesteckt hättest, dann könnten wir jetzt schon längst weg sein, und Vel würde vielleicht noch -« Sie konnte nicht weitersprechen; plötzlich füllten Tränen ihre Augen. Der Schmerz über Velvets Tod traf sie erneut mit voller Wucht. »O Gott!« Ihre Stimme klang leise, bedrückt. »Sie ist tot, und es ist meine Schuld.« Sie rieb sich die Stirn. Warum war sie nicht früher darauf gekommen? Dann hätte sie Vel warnen können, ihre Tochter vor Becket zu erwähnen.
»Und wohin willst du gehen, wenn ich fragen darf?«
Sie hasste seinen überheblichen Tonfall. »Zurück zu meiner Arbeit.«
Chris würde sie eher fesseln und knebeln, bevor er ihr gestattete, sein Haus zu verlassen. »Das geht nicht.« Er machte einen Schritt auf sie zu. »Wenn das stimmt, was du gesagt hast, dann - «
»Es stimmt!«
»- dann bist du als Nächste dran!«
Sie hatte ihre Beherrschung zurückgewonnen, in ihren Augen lag ein harter Ausdruck. »Nun, das Risiko werde ich eingehen müssen.« Sie drehte den Knauf.
»Verdammt, aber ich nicht!« Mit ein paar schnellen Schritten war er bei ihr, packte sie am Handgelenk und zog sie von der Tür weg. »Ich bin hier das Gesetz, Victoria. Und jetzt ist dies auch meine Angelegenheit!«
Ärgerlich riss sie sich los, starrte ihn an. »Es wäre gar nicht erst zu deinem Problem geworden, wenn du mich nicht gehindert hättest, ihn zu schnappen, als ich ihn schon fast in meinen Fingern hatte!«
»Du hattest kein Recht dazu, und du hast es immer noch nicht! Dein Wort steht gegen seins, und damit wirst du vor einem Richter niemals durchkommen!«
Aber mein Wort und die Aufnahmen, die ich gemacht habe, gelten sehr wohl - in meiner Zeit. »Er ist der Mörder, und du hast auch schon einen Anhaltspunkt dafür - das habe ich dir angesehen!«
Ich kann auch Geheimnisse für mich behalten, dachte er boshaft. »Zeig mir konkrete Beweise, Victoria, denn im Moment habe ich nur dich - und du behinderst die Justiz. Setz deinen Fuß auch nur einen Zentimeter von meinem Grund und Boden, dann sperre ich dich ein und lasse dich erst wieder heraus, wenn alles vorbei ist! Ich werde dich in meiner Stadt nicht alles durcheinanderbringen lassen!«
»In deiner Stadt?«
»Ja, in meiner«, fuhr er sie an und schaute sie an, als wollte er sie mit seinen Blicken am Boden festnageln. »Zwing mich nicht dazu! Deinetwegen habe ich den schlimmsten Albtraum meines Lebens durchlebt, und ich habe nicht vor, diese Erfahrung ein zweites Mal zu machen!«
Die Überheblichkeit in seinen Worten
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