Wenn Zauberhaende mich beruehren
Straßen liefen.
Er befand sich in einer total ausgestorbenen Stadt und hatte absolut keine Ahnung, was passiert sein könnte.
»Ist hier denn niemand?« rief er, aber nur seine Stimme hallte gespenstisch von den Mauern der verlassenen Häuser wider. Vor dem Gemischtwarenladen stieg er vom Pferd und band es an. Im Geschäft traf ihn der nächste Schock. Zwei Drittel der Regale waren leer. Kleidungsstücke hingen noch an ihren Haken, Stiefel und Schuhe standen zum Verkauf, aber alle Lebensmittel waren bis auf den letzten Krümel verschwunden. Keine Mehlsäcke standen vor dem Tresen, die Fässer mit den Gurken fehlten.
Cole verließ den Laden und lief weiter. Die Wäscherei war verlassen, die Stühle des Barbiers waren leer. Vor dem Frachtdepot stand ein mit Erz beladener Wagen, aber es waren keine Pferde davorgespannt, kein Kutscher saß auf dem Bock.
Je mehr er sah, desto ängstlicher wurde er und begann zu rennen. Er lief an der Jordan Line die Paradise Line hinauf, aber konnte schon aus der Ferne sehen, daß Kirche und Bibliothek ebenso verlassen waren wie der Rest der Stadt.
»Kady«, flüsterte er, und nackte Angst durchzuckte ihn. Was den Bewohnern von Legend zugestoßen war, konnte auch Kady nicht verschont haben. Er machte auf dem Absatz kehrt und rannte zu seinem Pferd zurück. Er mußte Kady retten!
In seiner panischen Angst bemerkte er Ned Wallace erst, als er heftig gegen ihn prallte. Prompt rutschte das kleine Bierfaß von Neds Schultern und ergoß seinen Inhalt schäumend auf den Bürgersteig.
»Nun sehen Sie sich an, was Sie angestellt haben«, schrie Ned. »Das hat Kady dringend gebraucht! Was soll ich ihr denn nun sagen? Verdammt! Ich glaube nicht, daß noch Fässer da sind.«
Cole war hart gegen das Geländer geschleudert worden, und da er auch in den letzten Tagen von Verletzungen nicht verschont geblieben war, verschwamm ihm alles vor den Augen. Als er wieder einigermaßen klar denken konnte, war Ned bereits wieder im Saloon verschwunden.
Cole riß die Schwingtüren auf, doch Ned war nirgendwo zu sehen. »Was zum Teufel geht hier vor?« röhrte er. Er bekam keine Antwort, hörte aber Geräusche im Hinterraum.
Normalerweise waren dort Unmengen von Flaschen und Fässern gestapelt, doch jetzt herrschte gähnende Leere. Eine Falltür, von deren Existenz Cole keine Ahnung gehabt hatte, stand offen. Licht schimmerte herauf. Cole hastete die Leiter hinunter und sah, wie Ned leere Holzkisten durch die Gegend warf und von Sekunde zu Sekunde erregter wurde.
»Es war das letzte«, schimpfte Ned. »Was wird Kady nur sagen? Heute ist Nudeltag, und sie wollte eine Sauce aus Bier und Sahne machen. Wie zum Teufel soll sie das nun anstellen?« Er sah Cole so vorwurfsvoll an, als hätte der eine unverzeihliche Sünde begangen.
»Vermutlich bleibt es an mir hängen, ihr von dieser Katastrophe zu erzählen«, knurrte Ned und stürmte an Cole vorbei die Leiter hoch.
»Was zum Geier ist ein Nudeltag?« Verblüfft starrte Cole Ned nach, griff nach der Laterne, die Ned vergessen hatte, und hastete ihm nach.
Er holte Ned ein, bevor der durch die Hintertür des Saloons verschwinden wollte. »Wenn Sie mir nicht endlich sagen, was hier vor sich geht, werde ich ...«
»Was werden Sie?« entgegnete Ned wütend. »Dafür sorgen, daß ich den Nudeltag verpasse? Heute ist der Mesquite fertig, und ich soll noch die Veilchen kandieren, und Juan meinte, die zweite Ladung Briocheteig wäre meine Sache, und ...«
Cole stieß ihn gegen die Wand und hielt ihm ein Messer an die Kehle. »Sie gehen nirgendwohin. Sie setzen sich jetzt und erzählen mir alles ganz genau. Haben Sie verstanden? Sie werden nie wieder einen Hund zu Gesicht bekommen, Pudel oder Labrador, wenn Sie nicht endlich den Mund aufmachen.«
Ned warf Cole einen Blick tiefster Verachtung zu und murmelte etwas davon, daß Cole höchstwahrscheinlich einen Strudelteig nicht von Biskuit unterscheiden könne. Aber er ging in den leeren Saloon und setzte sich. Er holte seine große Taschenuhr hervor und legte sie aufgeklappt auf den Tisch. »Zehn Minuten, aber keine Sekunde länger. Mehr Zeit kann ich unmöglich vergeuden.«
»Sie werden sich die Zeit nehmen, die nötig ist. Ich will endlich wissen, was hier los ist. Fangen Sie damit an, wo eigentlich alle sind.«
Ned wollte wieder aufstehen. »Warum reiten Sie nicht zu Kady hinaus und überzeugen sich selbst? Damit würden wir viel Zeit sparen.«
Um nicht zu explodieren, mußte Cole erst einmal leise bis zehn
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