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Wer aaahh sagt...

Wer aaahh sagt...

Titel: Wer aaahh sagt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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zuschicken«, bot er mir großzügig an. »Wir arbeiten an einem Whiskygeschmack, aber die Bienen wurden nur besoffen davon.«
    Nachdem er gegangen war, klingelte das Telefon. Es war Arthur Crevin, der mich wütend anfuhr: »Richard! Ist dir eigentlich klar, daß du der Patenonkel der Methusalem-Mafia bist? Diese wandernden Leichname veranstalten im ganzen Land Partys. Wenn die in der Fleet Street die Geschichte in die Finger kriegen, werden Hundertjährige wie Fußballfans nach Churchford strömen und wahrscheinlich genauso viel Unheil anrichten. Jetzt gibt es Tee und Brötchen im Gemeindesaal von St. Alphege.«
    »Doktor«, begrüßte mich Mrs. Jenkins düster am nächsten Morgen, bevor die Sprechstunde anfing. »Noch mehr Ärger.«
    »Immer noch keine passenden Bewerberinnen?« fragte ich gleichgültig. Seit sie ihre Arbeit wiederaufgenommen hatte, wunderte sie sich darüber, wie sie fünfzehn Jahre lang ohne die Hilfe einer Ganztagskraft ausgekommen war.
    »Noch eine Teilnehmerin für das Knickstockrennen«, verkündete sie verdrießlich. »Eine Mrs. Emily Hitchey-Powell von Trafalgar Cottage. Es kam am Telefon nicht ganz klar heraus, aber sie sagte, sie erinnere sich daran, Sie während der Krönungsfeierlichkeiten kennengelernt zu haben.«
    Am späten Vormittag fuhr ich zu einem gepflegten Landhaus am anderen Ende von Churchford. Im Garten und zu beiden Seiten der Eingangstür blühten Rosen. Ich drückte auf die Klingel an dem polierten Messingschild. Einige Zeit lang rührte sich nichts, dann hörte man drinnen schlurfende Schritte, die Tür wurde langsam geöffnet, und eine alte Dame stand auf der Schwelle.
    »Herzlichen Glückwunsch!« rief ich voreilig. »Sie sind zur Geburtstagsparty der Hundertjährigen eingeladen, die das Echo veranstaltet.«
    »Eigentlich«, antwortete sie, »habe ich Sie wegen Mama angerufen.«
    »Oh!« sagte ich.
    »Ich bin erst vierundachtzig«, erklärte sie entschuldigend.
    »Das sieht man Ihnen nicht an«, bemerkte ich automatisch.
    »Mama war noch sehr jung, als sie mich zur Welt brachte«, fuhr sie fort.
    Sie ließ mich in einem kleinen, peinlich sauberen Zimmer mit erlesenen antiken Möbeln zurück, in dem es nach Lavendel duftete. Ein lebendes Porzellanfigürchen, das in einem mit Stickereien verzierten Sessel saß, begrüßte mich mit den Worten: »Ihr Ärzte habt immer so viel zu tun, es ist mir wirklich unangenehm, Sie zu belästigen.«
    Ich antwortete galant: »Wären die Patienten, die einen Bruchteil so alt sind wie Sie, auch nur einen Bruchteil so vernünftig!«
    »Aber meine kleine Sara«, erklärte Mrs. Hitchey-Powell, »hat einfach darauf bestanden. Sie ist ein richtiger Schlingel.«
    Ich widersprach ihr: »Ich bin sicher, daß sie wirklich eine sehr verantwortungsbewußte Tochter ist.«
    »Sara hat in der Zeitung etwas über eine Feier oder einen Wettbewerb gelesen, der für Personen meines Alters in Frage kommt.«
    Ich fragte, wie alt sie sei.
    »Ich bin hundertdrei, obwohl ich glaube, daß man das lieber nicht so laut sagen sollte, nicht wahr, Doktor?«
    »Sie müssen bei diesem Vergnügen dabeisein«, forderte ich sie herzlich auf. »Der Herausgeber trommelt gerade Hundertjährige für eine wundervolle Champagnerparty im Arms Hotel in Churchford zusammen.«
    »Oh, Champagner!«
    Auf ihrem feinen, rosa-weißen Gesicht lag auf einmal der Ausdruck Aschenputtels, das sich an den Ball erinnert.
    »Ich habe seit Jahren kein Glas von der Witwe - so haben wir den Veuve Cliquot immer genannt - mehr getrunken. Nicht seit der Zeit des lieben Romano. Ach der liebe Romano! Im Strand, wie Sie sich sicher erinnern werden, Doktor. Einfach jeder ging dorthin, obwohl es eher déclassé war, ja eigentlich sogar ziemlich louche. Aber wir hatten so viel Spaß mit Leuten wie Oscar Wilde; was war er doch für ein amüsanter Mensch. Wenn ich mich bloß an die Dinge erinnern könnte, die er gesagt hat. Einige waren ganz einfach umwerfend. Ich bin mir sicher, daß man auch heute noch darüber lachen würde, obwohl ich vielleicht an jemand anderen denke.«
    Sie kicherte unerwartet, wie ein Backfisch, der gekitzelt wird.
    »Ich war in ganz jungen Jahren wirklich ein feuriges Füllen. Meine lieben Eltern waren überhaupt nicht damit einverstanden. Gott sei Dank hat mir Sara nie solche Sorgen gemacht.«
    Auf einem Bärenfell stehend, trat ich unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Die hellblauen Augen der alten Dame blickten durch die bleigefaßten Scheiben auf den kleinen,

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