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Wer anders liebt (German Edition)

Wer anders liebt (German Edition)

Titel: Wer anders liebt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Sommer in winzigen Bikinis wie goldene Filets in der Sonne, er würdigte sie keines Blickes. Dem Haupthaus gegenüber lag das Haus, das die Mutter des Bauern bewohnte, sie war sechsundachtzig. Jedes Jahr im Mai kamen vier Polen, um auf den Feldern zu arbeiten, sie blieben bis Mitte November. Er nickte ihnen zu, blieb aber nie zu einem Gespräch stehen. Sie wohnten in der Scheune. Manchmal, abends, hörte er von dort Lachen und Stimmen, eine Sprache, die er nicht verstand, die ihm exotisch erschien. Einer war ein guter Mundharmonikaspieler, ein anderer hatte ein ganz besonderes Lachen, das über den Hofplatz hallte. Sie waren höflich und freundlich und arbeiteten hart. Plötzlich ging ihm auf, während er Hofplatz und Ahornbaum anstarrte, dass es dumm von ihm war, die Vorhänge zu schließen. Das tat er doch sonst nie, es konnte Verdacht erregen. Jetzt riss er den Stoff zur Seite, das Licht flutete herein. Ob er nun wollte oder nicht, er würde den Wagen anlassen und zum Laden fahren müssen, um Lebensmittel zu kaufen. Den weißen Wagen. Nach dem gesucht wurde. Und dann würde er Zeitungen kaufen, natürlich, wenn er sich traute. Wie viel wussten sie, was hatten sie in Erfahrung gebracht, waren sie ihm schon auf den Fersen, war es nur eine Frage von Tagen, bis sie an die Tür hämmern würden? Der Anorak, das fiel ihm jetzt ein, den konnte er nicht mehr benutzen, den musste er wegwerfen. Er stürzte hinaus auf den Gang, um zu sehen, was am Garderobenständer hing. Ein Mantel mit großen Taschen und eine alte Lederjacke. Das Futter war fast zerbröselt und das Leder war über den Ellbogen rissig. In der Tasche fand er eine alte Kinokarte und einen Eisstiel. Er ging in die Küche, um zu duschen, schob den Plastikvorhang zur Seite und stieg hinein, drehte die Hähne auf. Beim Duschen machte er Pläne. Man soll seine Gewohnheiten nicht ändern, dachte er, man soll leben wie vorher, grüßen und freundlich sein, oder besser noch, die Arme öffnen und herzlich lachen. Hinausgehen und den Wagen waschen, vielleicht den Polen freundlich zunicken, etwas über das Wetter sagen. Wenn jemand ein Gerücht über seine Person erwähnte, würden sie diesen Verdacht sofort entkräften. Der doch nicht, würden sie sagen, der ist doch genau wie immer.
    17
     
    Ist es nicht seltsam, dachte Kristine, dass ich ganz sicher sagen kann, dass da Reinhardt nach Hause kommt, ich habe ihn doch noch nicht gesehen, aber alle Menschen haben ihre eigenen Geräusche, ihre eigene Art, durch Räume zu gehen. Reinhardt war ein großer Mann, er schlich nicht umher, ein Kleiderbügel klapperte, sie hörte ein dumpfes Geräusch, als er seine Schuhe abstreifte, erst den einen, dann den anderen.
    »Hallo, Schatz!«
    Er trug einen dicken Zeitungsstapel unter dem Arm. Kristine trat aus der Küche.
    »Wie lange willst du diese Papierstapel noch mit nach Hause schleppen?«, fragte sie.
    »So lange wie die über den Fall Løwe schreiben«, sagte er. »Schau her, hier steht eine Menge.«
    Er hob Dagbladet hoch, um es ihr zu zeigen.
    »Die haben auch heute ein Bild von Jonas auf der ersten Seite, es ist ein einzigartiger Fall in der norwegischen Kriminalgeschichte, hast du dir das schon mal überlegt? Ich will alles mitkriegen, alle Details.«
    Er schnippte mit den Fingern über den Zeitungsstapel. »Du hast doch immer gesagt, ich solle mir ein Hobby zulegen, ich sollte was anderes machen als nur Computerspiele. Und jetzt hab ich mich entschieden. Ich werde diesen Fall verfolgen, bis er geklärt ist, und wenn sie ihn haben, werde ich den Prozess verfolgen.«
    Kristine riss ihm Dagbladet aus der Hand. Sie blätterte darin und las.
    »Aber das ist doch nichts Neues«, sagte sie. »Nur noch mal dasselbe wie bisher.«
    »Nicht wegwerfen«, sagte er. »Ich will alles ausschneiden.«
    »Was? Ausschneiden?«
    Sie sah ihn fragend an.
    »Ja, wirklich«, sagte er ernst, »es ist sehr interessant, einmal einen Fall von Anfang an mitzuerleben, ihn Woche für Woche zu begleiten und die ganze Entwicklung zu sehen. Das ist wie eine eigene Disziplin.«
    Er fuhr sich mit den Fingern durch den Schopf. »Vielleicht sollte ich bei Hafslund aufhören und Kriminalreporter werden. Ich glaube, ich bin auf den Geschmack gekommen.«
    Kristine schüttelte resigniert den Kopf.
    »Wenn ich in mich gehe«, sagte er nachdenklich, »stelle ich fest, dass ich noch nie zuvor Nachrichten auf diese Weise gelesen habe. Ich war oberflächlich, das Elend der Welt schien mich nichts anzugehen. Aber das

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