Wer anders liebt (German Edition)
ist ernst, das habe ich schon verstanden. Sie würde ich immer wiedererkennen, Sejer, Sie überragen doch alles, könnte man sagen, Sie sind doch der reinste Leuchtturm. Ja, entschuldigen Sie, aber ich meine das als Kompliment. Aber Sie«, er sah Skarre an, »Sie habe ich offenbar vergessen. Oder, nein, an diese Locken erinnere ich mich. Dürfen Sie wirklich so herumlaufen? Ich hatte gedacht, Sie hätten da strengere Regeln. Wie war noch gleich der Name?«
»Skarre«, sagte Skarre.
»Genau. So war das. Skarre. Und Sie haben so ein schnarrendes R, weil Sie von der Südküste kommen, das ist ja reizend. Aber kommen Sie doch herein, hereinspaziert, hereinspaziert, natürlich stehe ich auf Ihrer Liste, daran führt kein Weg vorbei, aber in diesem Fall wissen doch sogar Sie, dass ich damit nichts zu tun habe, deshalb öffne ich Ihnen mein Haus mit allergrößter Freude. Ja, ich sage Freude«, zwitscherte er, »denn ich bekomme nicht oft Besuch. Ich hoffe, Sie haben ein wenig Zeit, damit wir uns richtig unterhalten können, mich würde das sehr freuen, das würde es wirklich.« Er trippelte ins Haus und zeigte ihnen den Weg. Er hatte ein gemütliches und feminines Wohnzimmer, mit Teppichen auf dem Boden und Korbsesseln. Durch das Fenster sahen sie den Fluss, eine Treppe führte in den kleinen Garten und weiter zum Wasser. Eine fette getigerte Katze lag auf einem Stuhl, der Sitz war von etwas bedeckt, das an ein Ziegenfell erinnerte. Auf den Fensterbänken standen Christsterne in üppiger Blüte.
Åkeson zeigte auf die Stühle.
»Werfen Sie die Katze einfach runter«, sagte er zu Skarre, »dieses Vieh ist so faul, ich weiß mir wirklich keinen Rat. Meinen Sie vielleicht, die ginge auf die Jagd? Nichts da, die will den ganzen Tag nur faulenzen. Kann ich Sie zu einer Tasse Tee verführen?«
Er lief um die Gäste herum wie eine geschäftige kleine Hausfrau.
»Nein, Danke, Åkeson«, sagte Sejer, »setzen Sie sich bitte. Sie wissen doch, dass wir alle Hände voll zu tun haben. Und Sie wissen auch, was uns herführt. Oder, anders gesagt, wir haben nicht viele Orte, die wir aufsuchen können.«
Åkeson ließ sich auf das Korbsofa fallen. Er schlug die Beine übereinander und faltete die Hände auf dem Knie.
»Ja, das wollte ich ja eben sagen«, sagte er. »Den Kerl müssen Sie erwischen. So können wir nicht leben, ich gehe davon aus, dass Sie das verstehen.«
»Das verstehen wir«, sagte Sejer mitfühlend. Sein Blick ruhte auf Åkesons Gesicht und er musste lächeln.
Skarre schob die Katze auf den Boden und nahm auf dem Ziegenfell Platz.
»Er kann doch wieder zuschlagen«, sagte Åkeson, »was Gott verhindern möge, aber es ist nun einmal so, wenn man die Schwelle erst einmal überschritten hat, ist es leicht, wirklich auszurutschen.«
»Sie wissen also etwas über diese Dinge?«, fragte Skarre vorsichtig.
»Man sieht doch so allerlei im Fernsehen«, erwiderte Åkeson, »und ich habe mir schon gedacht, dass wir es vielleicht mit einem Anfänger zu tun haben.«
Sejer spitzte die Ohren. »Wieso meinen Sie das?«
»Naja, weil er sich am Riemen gerissen hat, vielleicht ein ganzes Leben lang, vielleicht in einer Ehe. Naja, ich kann ja nur raten. Dann geht die Ehe in die Brüche, und er ist ganz allein auf der Welt. Vielleicht hat er Kinder, die keinen Kontakt zu ihm haben wollen. Dann wird der Druck immer größer und am Ende kocht bei ihm alles über, und als er dann wieder zu sich kommt, gerät er in Panik.«
Åkeson sah sie aus braunen Augen an.
»Ich meine«, sagte er dramatisch, »wir müssen uns folgende logische Frage stellen: Ist das hier ein erfahrener, praktischer Pädophiler? Hat dieser Mann seit Jahren kleine Jungen zu sich nach Hause gelockt, war er liebevoll und liebenswert und hat sie dann mit einem Geldstück in der Hand wieder weggeschickt? Aber warum geht dann plötzlich alles so schief?«
Sejer und Skarre tauschten einen Blick.
»Aber wollen Sie denn wirklich keinen Tee?«, fragte Åkeson. »Ich habe auch gefüllte Kekse. Wenn Sie darauf Lust hätten.«
»Sie sind überaus großzügig«, sagte Sejer. »Aber wir sind im Dienst und wir müssen weiter.«
»Dann werde ich Sie nicht nötigen«, sagte Åkeson, »auch wenn die goldene Regel doch dreimal Nachfragen vorschreibt. Aber jedenfalls, Sie müssen feststellen, wer dieser Mann ist und welche Veranlagung er hat. Ob es ihm um Kinder ganz allgemein geht oder nur um Jungen, und wenn ja, um was für Jungen? Ich meine, wir sind genauso
Weitere Kostenlose Bücher