Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
obwohl es ihr lieber gewesen wäre, wenn die Betäubung bereits jetzt ihre vollkommene Wirkung entfaltet hätte. „Dann gebe ich dir das mit auf dem Weg: Wenn du wieder wach wirst, dann wird es an der Zeit sein, mir Rechenschaft abzulegen. Ich weiß, was du getan hast. Und ich will endlich die Wahrheit aus deinem Mund von dir hören.“
Keine Antwort mehr.
Diane verharrte einen Moment lang schweigend in ihrer Position und beobachtete ihn. Die Anspannung war aus seinem Gesicht gewichen, als habe der Schlaf ihn übermannt. Seine Atmung war nicht ganz gleichmäßig, hin und wieder stockte er beim Luftholen und es schien, als bereite es ihm Mühe, weiter zu atmen.
Sie legte ihre Fingerspitzen auf seine Hand, die sich merkwürdig kalt anfühlte. Er reagierte nicht auf ihre Berührung. Ein Gefühl der Erleichterung stellte sich bei ihr ein: Diese Hürde wäre genommen. Nun lag die Situation in ihrer Hand.
Aus der Tasche, die auch die Weinflaschen enthalten hatte, holte sie die dünnen, festen Stricke hervor. Sie legte die Schlingen um
seine Gelenke und zog die Knoten, die ihr Konrad gezeigt hatte, mit aller Kraft zusammen. Die Fesseln sollten nicht nur halten
– sie sollten auch wehtun.
Erst, als sie ihn sorgfältig gebunden hatte, verließ Diane den Raum.
Sie begab sich auf die Suche nach Katharina.
14. Das Sterben
------- ROBERT ADLAM ------
Das erste, was er wahrnahm, war der schneidende Schmerz in seiner Brust. Es schien, als sei seine Lunge mit tausenden von Glasscherben angefüllt. Jeder Atemzug war eine Qual.
Seine Erinnerung war keinesfalls getrübt. Er wusste genau, was geschehen war und kannte sogar das Mittel, das die Schmerzen in seiner Lunge verursachte. Hätte er den Wein ausgetrunken, wäre dies sein sicherer Tod gewesen.
Eine Weile konzentrierte er sich nur auf seine Atmung, ohne die Augen zu öffnen oder sich zu bewegen. Dass der Schmerz nicht so schnell nachlassen würde, dessen war er sich sicher. Doch solange er noch am Leben war, würde er auch wieder aus dieser Sache herauskommen. Ganz egal, was sie inzwischen mit ihm angestellt hatte. Seine Hände waren hinter der Stuhllehne gefesselt. Die Finger waren taub, weil der Strick das Blut abschnürte. Auch seine Füße waren nicht frei, Diane hatte sie fest mit den vorderen Stahlen des Stuhles verschnürt. Das Seil, das er um seinen Hals spürte, rief eine besonders unangenehme Erinnerung ihn ihm wach. Und zugleich war es eine Bestätigung für seine Vermutung: Dass Diane nur ein Werkzeug war. Ein Werkzeug in der Hand eines Feiglings.
Er öffnete die Augen. Wie erwartet war da nur lichtlose Schwärze um ihn herum: Diane war offensichtlich anständig mit Hilfsmitteln ausgestattet worden. Und der Urheber dieses Plans war gründlich vorgegangen. Jedoch die Erfahrung hatte Robert gelehrt, dass jedes noch so ausgeklügelte System seine Lücken hatte.
Noch immer bewegte er sich nicht, sondern richtete seine Aufmerksamkeit auf die Laute um sich herum. Es war relativ still im Raum, jedoch konnte er anhand weniger leiser Geräusche eine Person direkt neben sich ausmachen. Und auch ihm gegenüber befand sich jemand, nur etwa drei Meter weit weg. Doch kein Wort wurde gesprochen. Sogar die Bewegungen der beiden Personen waren spärlich.
Ein plötzliches, übermäßig heftiges Brennen in seiner Lunge ließ ihn zusammenfahren. Ein ersticktes Keuchen war nicht zu unterdrücken, ein Zittern ging durch seinen Körper. Der besorgte Ausruf auf seiner linken Seite kam von Katharina: „Robert!“
„Bleib‘ bloß sitzen“, hörte er Dianes warnende Stimme von vorne.
Das Keuchen wurde zu einem Husten, die Lunge presste sich in einem grausamen Krampf zusammen. Die Luft blieb ihm völlig weg, sein Körper wurde von einem endlosen, kräftigen Husten geschüttelt. Er versuchte immer wieder, Atem zu holen, doch sein Brustkorb war zugeschnürt. Sein Kopf begann, zu dröhnen.
Die Gier nach Luft wuchs unendlich, doch seine Lunge verweigerte völlig den Dienst. Der Husten wurde zu einem regelrechten Hustenkrampf, der kein Ende fand. Hitze und Kälte durchflutete ihn. Das war es, was das Gift im Wein bewirkte: Atemstillstand , dachte er, doch seine Gedanken schienen ganz weit weg zu sein. Sein Kopf wurde so merkwürdig leicht, das Bewusstsein begann, zu schwinden. Mit aller Kraft klammerte er sich am Wachzustand fest, kämpfte gegen die drohende Ohnmacht
an. Denn aus dieser Bewusstlosigkeit würde er nie wieder erwachen.
„Verdammt, was soll das?“ hörte er
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