Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
sie: „Würdest du... würdest du sogar noch weiter gehen... Ich meine: Die Leute werden über euch reden und sagen, dass ihr... miteinander im Bett gewesen seid.“
Diane blickte ihre kleine Schwester an und antwortete mit ruhiger Stimme: „Und ich weiß nicht, warum alle Leute immer so ein Theater daraus machen. Die Liebe ist sicher etwas sehr, sehr Schönes, Anna. Es kann nicht so furchtbar sündig und verwerflich sein, seinen Gefühlen zu folgen. Ich spüre, dass ich in die Arme dieses Mannes gehöre. Du selbst weißt, was für einen Anziehungskraft von ihm ausgeht. Für mich ist sie wohl noch ein ganzes Stück stärker, als für dich.“
Anna seufzte schwer.
„Ich kann mir das alles nicht vorstellen. - Wie wird das wohl sein, mit einem Mann zu schlafen? Teresa hat immer gesagt, dass das nur schrecklich weh tut, für die Frau. Dass man es nur macht, um Kinder zu kriegen.“
„Teresa hat keine Ahnung“, meinte Diane und nahm ihre Schwester beim Arm. „Komm her, lass uns darüber reden. - Ich will nicht, dass du diese Lügen glaubst.“
Sie führte Anna wieder zurück zum Bett und beide machten es sich dort nebeneinander bequem. Draußen kreischte noch immer die feine Dame inmitten ihres Gepäcks, doch das war inzwischen uninteressant.
„Lass dir von anderen keinen Unsinn erzählen. Es werden so viele Lügen verbreitet, aus falscher Scham oder auch, weil die Kirche alles, was mit sinnlicher Liebe zu tun hat, verteufelt.“
„Aber wie, glaubst du, ist es denn in Wahrheit?“
„Erst mal musst du dir ganz sicher sein, dass du es wirklich willst. Viele Frauen, die heiraten und in der Hochzeitsnacht vor dem ersten Mal stehen, bekommen furchtbare Angst. Weil sie innerlich überhaupt noch nicht bereit sind. Aber nach der Hochzeit muss es ja sein, denken sie. Also unterdrücken sie ihre Angst und machen sich völlig verkrampft daran ‘ihre Pflicht zu erledigen’. Weiß du, dann ist es kein Wunder, dass es weh tut. Nur, wenn du beim ersten Mal mit ganzem Herzen bereit bist, und all deine Gefühle dir sagen, dass es richtig ist, dann wird es wirklich schön.“
„Aber woher willst du das denn wissen? Vielleicht irrst du dich ja...“ In Annas Augen entdeckte Diane nun wieder das kleine, unsichere, aber nichtsdestotrotz neugierige Mädchen, das ihr so sehr vertraut war.
„Tante Agnes und ich, wir haben ausführlich darüber geredet. Und mein Gefühl sagt mir, dass sie Recht hat. Sich einem Menschen hinzugeben, den man liebt, kann nicht mit Schmerzen verbunden sein.“
Annas Gesicht färbte sich bei diesen drei Worten leicht rot.
„Man muss es sicher selbst erfahren, um es genau zu verstehen“, vermutete Diane.
„Ich glaube, ich würde mich vor dem Mann schämen“, sagte Anna mit schüchterner Stimme. „Ich könnte ihm danach nicht mehr in die Augen schauen.“
„Aber warum denn?“
„Weil... weil das sicher sehr peinlich wäre. Er hätte mich dann nackt gesehen, und...“, ´sie brach ab und ihre Wangen färbten sich noch ein bisschen roter.
Diane nahm ihre kleine Schwester sanft in den Arm. „He, wofür musst d u dich denn schämen? Jeder Mann würde entzückt sein, über dich.“
„Ich weiß nicht...“
„Das hat alles auch noch sehr viel Zeit, Anna. Wenn du erst den richtigen Mann gefunden hast, dann wirst du sicher auch keinen Grund mehr dafür sehen, dich vor ihm zu schämen.“
Anna schmiegte sich an Dianes Seite, wie sie es als kleines Kind immer getan hatte, in der Zeit, als Diane etwa in ihrem jetzigen Alter gewesen war. Da war ein festes Band zwischen ihnen, das stärker war, als bei den meisten anderen Geschwistern. Diane war an Stelle der Mutter getreten, hatte sich gesorgt und gekümmert und kaum etwas dem Kindermädchen überlassen. Sie hatte stundenlang an Annas Bett gesessen, wenn diese krank gewesen war und sie getröstet, wenn es ihr schlecht ging. Im Winter hatte sie sich darum gekümmert, dass Anna warm genug gekleidet war und wenn der Hauslehrer gegangen war, dann hatte Diane ihr die Dinge erklärt, die sie nicht verstanden hatte.
Doch nun war einen entscheidende Wende eingetreten: Diane war von Annas Ersatzmutter zu ihrer Freundin geworden. Sie nahm ihre kleine Schwester nun sehr viel ernster und gestand ihr zu, ihre Entscheidungen selbst zu treffen.
„Ist Herr Adlam denn der richtige Mann für dich?“ erkundigte sich Anna, deren heißes Gesicht sich langsam wieder abkühlte.
„Ich glaube ja“, erwiderte Diane ernsthaft. „Er ist kein sehr einfacher
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