Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
geworden. Und Diane war der Überzeugung, dass es nun endlich an der Zeit war für sie beide, getrennte Wege zu gehen. Lange genug hatte sie ihre kleine Schwester behütet, war tagtäglich für sie da gewesen. Anna musste sich langsam daran gewöhnen, dass die große Schwester auch hin und w ieder n i c h t zur Verfügung stehen konnte, dass sie das Recht hatte, fortzugehen, ohne sich abzumelden.
„Ich bin zurück nach Scarheim geritten. Dort war ich bei der Polizei“, erklärte Diane und sah die Überraschung in Annas Gesicht. Ihr Erstaunen würde sich bestimmt noch steigern lassen, dachte Diane. „Ich habe Herrn Adlam ein Alibi gegeben.“
„Du hast was ?“ fragte Anna entgeistert. „Du hast die Polizei angelogen? Diane, du weißt doch überhaupt nicht, ob er nicht wirklich...“
„Ich habe nicht gelogen“, stellte Diane richtig. „Er ist es nicht gewesen, darauf kannst du dich verlassen.“
„Was meinst du damit?“ Annas Augen waren nun so kugelrund, wie die ihrer Puppe.
„Du hast angenommen, ich wär bei unserem Besuch in Scarheim früh zu Bett gegangen und habe deshalb den Abend nicht mit euch verbracht“, sagte Diane und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Fensterbrett. „Aber das ist nicht richtig. - Ich bin in der Nacht in Wahrheit nur wenig zum Schlafen gekommen, und das auch nicht im Gästezimmer. Ich habe die Nacht mit Herrn Adlam verbracht, Anna.“
Ihre kleine Schwester sagte daraufhin nichts. Annas Mund stand offen, ihre Augen waren ungläubig aufgerissen. Sie schüttelte den Kopf, schluckte, brachte aber kein Wort heraus.
„Deshalb weiß ich, dass er den Toten zumindest nicht in den Bäckerladen gebracht haben kann“, erklärte Diane ruhig weiter. „Und dass er den Mord nicht begangen hat, sagt mir mein Gefühl. Wer außer dem Mörder selbst würde schon eine Leiche durch die Gegend schleppen und dann irgendwo liegenlassen?“
Anna schüttelte wie ein aufgezogenes mechanisches Äffchen weiterhin den Kopf.
Diane redete weiter: „Ich bin mir sicher, dass meine Affäre mit Robert Adlam nicht geheim bleiben wird. Ich habe um Diskretion gebeten, aber ich bin nicht so naiv, zu denken, es wird nicht irgendwo durchsickern.
Ich schäme mich überhaupt nicht für das, was ich getan habe. Ich war direkt nach meinem Besuch bei der Polizei wieder bei ihm: Es sieht so aus, als könnte aus uns beiden mehr werden.“
„Diane“, brachte Anna nun endlich gequält heraus, „hast du das von Anfang an geplant? - Ich meine: Unser kleiner Ausflug, hatte er für dich von Anfang dieses Ziel?“
Diane nickte entschieden.
„Und wenn du nun - ich meine - wenn du nun ein Baby bekommst, davon?“ fragte Anna weiter.
Diane musste ein wenig lächeln: Annas Worte klangen so verschämt.
„So weit sind wir in jener Nacht überhaupt nicht gegangen“, erklärte sie der kleinen Schwester. „Wir sind uns zwar sehr nahe gekommen, aber du weißt doch wohl, dass man von einem langen Gespräch und dem Austausch einiger Zärtlichkeiten nicht schwanger wird.“
„Aber wenn alle Welt davon erfährt, und alle glauben, dass da... mehr... gewesen ist, dann wird er dich doch heiraten, oder?“ wollte Anna ängstlich wissen. „Vater wird ausrasten! Wenn Herr Adlam dich nicht heiratet, dann wird Vater dich von hier wegschicken, bestimmt. Weil man mit dem Finger auf dich zeigen wird...“
„Beruhige dich, Anna“, bat Diane ihre kleine Schwester. „Es wird schon nicht gleich zu einer Katastrophe kommen.“
„Aber er wird dich doch heiraten?“ wiederholte Anna ihre Frage.
„Darüber haben wir nicht geredet.
Alles, was ich weiß, ist, dass ich sehr viel für ihn empfinde. Ich frage mich, warum sich auf einmal die ganze Welt gegen ihn verschworen hat und die Leute so viele schlimme Dinge über ihn sagen. Warum man ihn zum Mörder abstempelt... und diese dummen Verdächtigungen wegen der beiden Pferdepfleger und den anderen verschwundenen Männern.... Glauben die Leute, er füttert seine Pferde mit Menschenfleisch??“
„Was für verschwundene Männer?“ Anna schien nicht über sämtliche Gerüchte informiert zu sein.
„In Rubenfels und Feldfes sind ein paar Leute verschwunden. Wenn du mich fragst, sind sie fortgelaufen, weil sie es bei ihren langweiligen Frauen nicht mehr ausgehalten haben.“
„Und was ist mit den Pferdepflegern geschehen?“ wollte Anna weiter wissen. „Ich erinnere mich, dass, als ich mit Vater dort gewesen bin, zwei ganz andere Männer im Stall gearbeitet haben, als bei
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