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Wer Boeses saet

Wer Boeses saet

Titel: Wer Boeses saet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Descosse
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Gebäude verteilt gewesen waren: das Zentralkommissariat, die Abteilung für öffentliche Sicherheit, das Zentrum für behördliche Verwahrung, der Nachrichtendienst und schließlich ganz zum Schluss die für die Départements zuständige Kripo. Alles in allem über vierhundert Beamte, deren Aufgabe es war, in dem Département mit der höchsten Verbrechensrate für die Wahrung von Gesetz und Ordnung zu sorgen.
    Marchand stieg die wenigen Stufen hinauf, die zu Forestiers Territorium führten. Als er durch die Glastür ging, hatte er das Gefühl, in Feindesland einzudringen. In dieser Festung war er nicht willkommen.
    Der Hauptkommissar erwartete ihn in seinem Büro, ein wahres Schlachtfeld, was so gar nicht zu seinem strengen Stil passte. Der Kripochef des 93. Départements trug einen grauen Anzug, ein weißes Hemd und eine marineblaue Krawatte. Ein hoher Beamter, der gerade aus dem Ministerialbüro kam. Die Kutte macht noch keinen Mönch, dachte François, als er ihm die Hand schüttelte.
    »Wo ist er?«
    »In der Frischhaltebox.«
    »Du hast ihn doch wohl nicht in die Zelle gesteckt?«
    »Reg dich nicht auf.«
    »Wir haben ihn nach Strich und Faden verhätschelt.«
    Forestier ließ sich tief in seinen Ledersessel fallen.
    »Übrigens, François …«
    Honigsüße Stimme. Der Profiler wurde instinktiv misstrauisch.
    »Ja, Guillaume ?«
    »Ich wollte dir sagen … Die alte Geschichte, das tut mir leid.«
    Jetzt fing er wieder von vorn an. Auf die eine oder andere Weise lag der Mord an der jungen Araberin ihm immer noch quer im Magen.
    François hatte keine Lust, den alten Mist noch einmal hochzukochen. Dazu war das hier weder der Ort noch die Stunde.
    »Ach, hör doch auf. Mittlerweile ist viel Wasser den Bach hinuntergeflossen.«
    »Ich hatte ja keine Wahl. Jouve hat so einiges für mich getan. Der Kerl war einer seiner Informanten. Na ja, du weißt ja, wie das ist …«
    Nicht wirklich. François hatte nie einen Bandenboss protegiert, damit der sich erkenntlich zeigte.
    Der andere Mann blieb stur, seine Stimme klang immer devoter:
    »Lass uns Frieden schließen. Wir müssen zusammenarbeiten. Das wäre für alle das Bequemste.«
    Der Profiler traute seinen Ohren kaum. Diese vorgetäuschte Reumütigkeit fand er erst recht zum Kotzen. Er stützte sich auf die Hände und beugte sich vor.
    »Du entschuldigst, aber ich habe keine Zeit, dir zu helfen. Wenn du die Adresse eines Psychiaters brauchst, kann ich dir vielleicht eine geben. Können wir jetzt gehen?«
    Der leitende Beamte setzte sofort wieder die furchterregende Miene auf, die alle an ihm kannten: wie ein Irrer, der gleich irgendein Ding dreht.
    »Wie du willst.«
    Wortlos gingen sie ins Untergeschoss. Ein Irrgarten aus neonbeleuchteten Gängen. In dieser Polizeieinrichtung war die eisige Atmosphäre, die in sämtlichen repressiven Universen herrscht, deutlich zu spüren. Mit eingezogenem Kopf folgte François seinem Feind. Die beiden Polizeibeamten schritten energisch aus, sie hatten es eilig, die Sache zu einem Ende zu bringen.
    Sie gelangten vor eine Tür. Vernehmungsraum Nr. 7, stand auf einem Plastikschild. Der Aufseher nahm Habachtstellung ein.
    »Er gehört dir«, bemerkte Forestier.
    »Weiß man, um wen es sich handelt?«
    Die Antwort kam mechanisch:
    »Bernard Laugier. Siebenunddreißig Jahre alt. Adresse unbekannt. Wir haben uns in der Wohngegend des Opfers ein wenig umgesehen und schließlich den Saustall gefunden, in dem er haust. Er hatte sich genau gegenüber eingenistet, im ersten Stock eines unbewohnten Hauses.«
    Das verlassene Haus. Das einzige Gebäude genau gegenüber. Jetzt erinnerte sich François. Als er zu Justine gegangen war, um ihre Mutter zu befragen, war es ihm kaum aufgefallen.
    Forestiers Worte bestätigten nur, was er dachte.
    »Die Fenster sind zugemauert. Das heißt, so halbwegs. Es gibt da einige Lücken zwischen den Backsteinen. Wenn man da hindurchlinst, hat man einen freien Blick auf das Loft.«
    Das Sandkorn im Getriebe. Weder Natascha noch der Mörder hatten das vorhersehen können. Wie hätten sie auch auf die Idee kommen sollen, dass zwei Augen sie durch diese blinden Mauern beobachteten?
    Der Kripochef drückte die Klinke herunter.
    »Wenn du fertig bist, dann vergiss nicht, die Tür wieder hinter dir zuzumachen.«
    François zog eine Grimasse und betrat die Arena. Es stank erbärmlich nach verfaultem Fisch. Hinter einem Tisch saß der Obdachlose mit gesenktem Kopf und schien zu schlafen. Er war in eine rote Decke

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