Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer braucht denn schon Liebe

Wer braucht denn schon Liebe

Titel: Wer braucht denn schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marte Cormann
Vom Netzwerk:
du was? Steck dir deine Ratschläge an den Hut und verschwinde!« Karen hatte es kaum ausgesprochen, als sich ihr Herz auch schon kläglich zusammenzog. Doch eher würde sie sich die Zunge abbeißen, als auch nur einen Millimeter zurückzuweichen.
    Lorenzos Augen verengten sich zu zwei schmalen Schlitzen. »Ist das dein Ernst?«
    »Mein voller Ernst!«
    Alles Lüge. Geh nicht.
    Lorenzo schob die Daumen unter die Tragegurte seines Rucksacks und musterte sie kühl. »Irgendwann hätten wir uns ohnehin trennen müssen. Weshalb also nicht jetzt?«
    Mit ausdruckslosem Gesicht wandte er sich von ihr ab, um schnellen Schritts den Weg zurück einzuschlagen, den sie gemeinsam gekommen waren. Auf keinen Fall durfte er riskieren, dass sie ihn bat zu bleiben.
    »Alles Gute!«, hört er sie jedoch rufen. Da wusste er, dass er richtig gehandelt hatte. Keine zwanzig Schritte, und er erreichte die Wegbiegung, hinter der sie ihn nicht mehr sehen würde.
    Ruf ihn zurück. Du brauchst ihn doch.
    Karen schluckte heftig.
    Letztlich kämpft jeder Mensch für sich allein. Meiner Mutter ist es auch nicht bekommen, ihr Glück an einen Mann zu hängen.
    Trotzig wandte Karen sich ab. Alles, was sie wollte, war, von Federico Gabano die Wahrheit über den Tod ihrer Mutter zu erfahren.
    Mehr nicht.
    »Schämen Sie sich nicht? Nach so viel Jahren?!«
    Signor Gabano erinnerte in nichts mehr an den glutäugigen, schlanken jungen Mann, der Karens Mutter damals um den Verstand gebracht hatte. Mit seinen neunundvierzig Jahren trug er einen stattlichen Bauch vor sich her, und aus seiner modischen Fönfrisur von damals war eine blinkende Halbglatze geworden.
    »Immer hat deine Mutter nur von dir gesprochen, und wie hast du es ihr gedankt? Durch Vergessen? Nicht mal zu ihrer Beerdigung bist du erschienen!« Trotz der Jahre, die seither vergangen waren, bebte Signor Gabano vor Zorn.
    Sein Angriff traf Karen völlig unvorbereitet. Sie registrierte kaum, wie ihr Antonia, Federicos Ehefrau, mit einem schüchternen Lächeln den caffe latte servierte.
    »Aber ich habe nicht gewusst, dass sie tot ist«, entgegnete sie fassungslos.
    »Nicht gewusst?« Federico stand sein Misstrauen im Gesicht geschrieben. Hinter ihm an der Wand schmückten gerahmte Fotografien dicht an dicht die weiß gekalkten Wände. Lachende Gesichter, alte und junge, strahlten dem Betrachter entgegen. Auf einem bulligen alten Herd, der das Zentrum der Küche bildete, blubberte eine aromatisch duftende Tomatensuppe. In einer Ecke auf dem Steinfußboden entdeckte Karen eine Pokemonfigur aus Plastik, die eins der Kinder dort vergessen hatte.
    Das hier könnte auch mein Zuhause sein.
    »Seitdem Sie damals zusammen fort sind, warte ich auf eine Nachricht meiner Mutter. Erst seit heute Nacht weiß ich …« Den Rest des Satzes verschluckte Karen, um die aufsteigenden Tränen zurückzudrängen. Entschlossen beugte sie sich vor.
    »Erzählen Sie mir, was damals passiert ist.«
    Federicos Frau wechselte einige schnelle Sätze mit ihrem Mann, bevor sie in einem Nebenzimmer verschwand.
    Minuten verstrichen, in denen Karen befürchtete, dass der ehemalige Geliebte ihrer Mutter sie bitten würde zu gehen. Doch schließlich begann er mit Augen, in denen sie noch die Trauer von damals erkennen konnte, zu erzählen: »Weihnachten 1982. Es ist schon so lange her – und trotzdem sehe ich noch alles vor mir. Wir hatten große Pläne, deine Mutter und ich. Petra war schwanger. Das erste Kind einer neuen Dynastie von Gabanos.« Er lächelte schmerzlich bei der Erinnerung. Genau wie Karen, die sich von diesen Zukunftsplänen ausgeschlossen fühlte.
    »Petra und ich wollten noch im Januar 1983 heiraten. Selbstverständlich hatten wir auch dich und deine Großmutter zur Hochzeit eingeladen. Und dass du von da an bei uns wohnen würdest, stand für uns fest.«
    Karen hob überrascht den Blick. »Wirklich?!«
    »So wahr ich hier sitze.« Mit einem warmen Lächeln bot er ihr ein Glas Wein an, das sie dankend ablehnte.
    »Und was passierte dann?»
    Er räusperte sich. »Nun, zunächst gab es einige Schwierigkeiten mit deiner Großmutter. Sie konnte es deiner Mutter nicht verzeihen, dass sie, ohne sie vorher einzuweihen, mit mir nach Italien ausgewandert war. Sie weigerte sich, zur Hochzeit zu kommen, und wollte auch nicht, dass du bei uns lebst.«
    »Oma?! Aber sie hat mir nie etwas davon erzählt!«
    Federico zuckte vielsagend mit den Achseln. »Ich weiß nicht, was letztlich genau der Grund war. Jedenfalls regte

Weitere Kostenlose Bücher