Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
vertrauten wohligen Schauer durch meinen Körper. »Störe ich?«
»Nein. Ich sitze gerade beim Tee mit Bethany.«
»Gut. Ich hatte schon Angst, ich störe dich bei der Aufzeichnung oder so. Aber ich habe einen Moment Zeit bis zum nächsten Termin und wollte hören, wie es dir geht.« Das klang gut. Sogar sehr gut.
»Und hast du Großes vollbracht?«, fragte ich, wieder einmal die Eloquenz in Person. Dieser Mann brachte mich völlig aus dem Konzept. »Bei deinen Terminen, meine ich.«
»Im Prinzip das, was ich erreichen wollte. Obwohl es ein paar Verluste gab, fürchte ich.«
»Klingt ja sehr geheimnisvoll«, bemerkte ich. »Sehr nach Sopranos .«
»Keine Leichen«, lachte er. »Aber um unseren Marktanteil bewahren zu können, mussten wir ein paar Mitbewerber verdrängen.«
»Im Sinne von ausschalten ?«
»So könnte man es bezeichnen.«
»Also hast du ernsthaft die Firma von jemand anderem zerstört?« So ausgedrückt klang es ziemlich übel.
»Ich habe sie übernommen. Geschäft ist nun mal Geschäft. Und nur fürs Protokoll – hätten wir es nicht getan, wäre ein anderer gekommen. Da draußen ist der Dschungel. Aber ich habe nicht angerufen, um mich übers Geschäft zu unterhalten, sondern wollte hören, ob du morgen Zeit für ein Mittagessen hast.«
»Mittagessen?«
»Du weißt schon, die Mahlzeit zwischen Frühstück und Abendessen.« Wieder lag dieser Anflug eines Lachens in seiner Stimme.
»Ja, schon mal davon gehört.«
»Und, hast du Zeit?«
»Ja. Für dich schon.« Okay, allmählich klang ich annähernd wie ich selbst.
»Hervorragend. Wie wär’s mit dem Shake Shack? Du kannst Bentley mitbringen. Ich nehme an, du versuchst ihn immer noch außerhalb von Dillons Reichweite zu halten?«
»Ja, genau. Obwohl er seit gestern nicht mehr angerufen hat. Und ich habe die Schlösser auswechseln lassen. Trotzdem ist es süß von dir, dass du daran denkst.«
»Na ja, Bentley und ich sind schließlich Freunde. Aber jetzt muss ich Schluss machen. Ich sehe euch beide morgen?«
»Klingt gut. Bentley wird außer sich sein.« Auf meinem Gesicht lag ein dümmliches Grinsen, als ich auflegte. Offenbar war mein Hund nicht der Einzige, den die Aussicht auf ein paar Pommes mit Ethan McCay in gespannte Erregung versetzte.
»Und?«, fragte Bethany.
»Wir treffen uns morgen zum Mittagessen. Im Shake Shack. Mit Bentley.«
»Das gibt dem Begriff Anstandswauwau eine völlig neue Bedeutung.«
»Er war besorgt, weil Dillon versucht, ihn mir wegzunehmen.«
»Wie süß von ihm.«
»Genau das habe ich auch gesagt. Aber es hörte sich an, als hätte er einen wirklich üblen Tag.«
»Das habe ich mitbekommen. Irgendetwas von wegen Sopranos ?«
»Wie es aussieht, hat er die Konkurrenz eliminiert. Irgendeine Art feindliche Übernahme.«
»Klingt nicht sonderlich spaßig. Andererseits geht es im Geschäftsleben wohl selten spaßig zu. Und, bist du schon aufgeregt?«
»Irgendwie schon. Es geht alles so schnell. Und nach wie vor weiß ich praktisch nichts über ihn.«
»Stimmt. Wir wollten ihn googeln.« Bethany tippte seinen Namen in ihren Blackberry und wartete. »O mein Gott.« Stirnrunzelnd blickte sie auf den winzigen Bildschirm, und ihre Augen weiteten sich.
»Das klingt nicht gut«, sagte ich und beugte mich vor, mit einem Mal durchaus interessiert an moderner Technik und dem Wissen, das sie barg. »Was steht da?«
»Dass er für Mathias Industries arbeitet.«
»O mein Gott«, echote ich. »Du machst Witze.«
»Nein.« Sie drehte den Blackberry um, so dass ich auf das kleine Display sehen konnte. »Walter Mathias ist sein Großvater. Steht zumindest hier.« Sie tippte auf den Bildschirm.
Die Mathias’ gehörten zu den alteingesessenen Familien der Stadt. Einer ihrer Vorfahren hatte sogar die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet, ich weiß nur nicht mehr, welcher. Unter dem Adel Manhattans waren sie eindeutig die Blaublütigsten der Blaublütigen. Eine Dynastie, wie sie im Buche stand.
Die Mitglieder dieser Familie saßen in den Vorständen der wichtigsten Firmen, und einen Mathias als Schirmherr einer Wohltätigkeitsveranstaltung zu gewinnen war das gesellschaftliche Äquivalent dazu, einen Baseball geradewegs über die Mauern des Yankee Stadium zu schlagen. Der Name dieser Familie begegnete einem praktisch jeden Tag hier in der Stadt. Parks, Bibliotheken, Museen, ganz zu schweigen von der Vielzahl florierender Unternehmen, firmierten unter dem Dach von Mathias Industries.
Walter Mathias, Ethans
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