Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
Im Gegensatz zur typischen Burger-Bude besticht das Gartenlokal im Madison Square Park durch seine Mischung aus Hausmannskost und kulinarischer Raffinesse. Amerikanische Alltagsküche mit einem Schuss Manhattaner Lebensstil.
Ich ließ den Blick über die Menge schweifen, doch Ethan war nirgendwo zu sehen. Enttäuschung erfasste mich, während mein Verstand mich beruhigte, dass er sich wahrscheinlich nur verspätete. Eine Viertelstunde später, als ich mich zentimeterweise in der Schlange vorwärtsbewegte und immer wieder auf die Uhr sah, war ich mir meiner Sache nicht mehr so sicher.
Umso erleichterter war ich, als Bentley zu kläffen anfing und aufgeregt mit dem Schwanz wedelte. Ich erspähte Ethan, der sich durch die Menge schob und mir lässig zuwinkte, worauf mein Magen das vertraute Mambo-Tänzchen hinlegte.
»Tut mir leid, dass ich zu spät komme«, sagte er und bückte sich, um Bentley hinter den Ohren zu kraulen, während dieser, um ein Zipfelchen Aufmerksamkeit heischend, bereits an seinem Bein hinaufkletterte.
»Ich bin froh, dass du es überhaupt geschafft hast. Allmählich dachte ich schon, du hättest mich versetzt.«
»Nie im Leben.« Er schüttelte den Kopf, während wir uns in der Schlange weiter vorwärtsschoben und unsere Bestellung aufgaben, wobei Bentley noch immer um Ethans Füße tanzte. »Es war nur viel los heute Vormittag. Mein Termin zog sich hin.«
»Tut mir leid. Etwas Ernstes?«
»Nichts, was ich nicht in den Griff bekäme. Aber jetzt bin ich ja hier, mit dir.« Er lächelte und zahlte, dann trug er unser Tablett in Richtung Park und sah sich nach einem Platz um. Das größte Problem am Shake Shack ist, dass es fast unmöglich ist, einen Tisch zu bekommen. An manchen Tagen ist es sogar so schwierig, dass man deswegen die so genannte Shack Cam installiert hat, auf der man im Internet die Länge der Schlange sehen und dann entscheiden kann, ob man überhaupt herkommen möchte.
Zum Glück hatten wir Bentley bei uns, der uns mit wedelndem Schwanz und wackelndem Hinterteil zu einem Tisch führte, dessen Gäste gerade erst aufgestanden waren.
»Guter Trick«, bemerkte Ethan und setzte sich auf einen Stuhl. »Kann er uns auch einen Tisch im Pastis besorgen?«
»Das wäre toll, was?«, lachte ich, obwohl ich bezweifelte, dass Ethan McCay Mühe hätte, irgendwo einen Tisch zu bekommen, egal in welchem Restaurant. Sein Familienname öffnete ihm unter Garantie jede Tür. »Aber ich fürchte, die Mehrzahl der kulinarischen Tempel ist nicht scharf auf kalte Schnauzen und Fellgesichter.« Wie auf ein Stichwort sprang Bentley auf meinen Schoß und legte das Kinn auf die Tischkante.
»Wie schade«, sagte Ethan. »Dabei würde er sich bestimmt besser benehmen als so mancher hochkarätiger Stammgast.«
»Sie ist es, Angie«, hörte ich in diesem Moment eine Stimme hinter mir. »Ich hab dir doch gleich gesagt, dass sie es ist.«
»O mein Gott!« Augenblicke später traten zwei Frauen an unseren Tisch, beide in Jeans, die eine mit einem »I love New York«-Sweatshirt, die andere in einem bedruckten Top mit mehr Glitzer auf der Vorderseite, als man an einem Samstagabend auf dem Gehsteig in Chelsea zu sehen bekam.
»Ich liebe Ihre Sendung«, schwärmte die eine Frau. »Ich gucke sie mir jede Woche an.«
»Und ich verpasse sie auch nie«, fiel die zweite ein. »Sie sind unsere Lieblingsmoderatorin.«
Die beiden nickten eifrig, dann zückte die Erste eine Serviette und einen Stift. »Kriege ich ein Autogramm? Für Liz und Angie?«
Lächelnd nickte ich und setzte meinen Namen auf die Serviette.
»Ziemlich beeindruckend«, bemerkte Ethan, als die beiden außer Hörweite waren. »Kommt das häufig vor?«
»Nicht so oft.« Ich schüttelte den Kopf. »Ein- oder zweimal pro Woche vielleicht.«
»Das kann ziemlich lästig sein, vermute ich.«
»Überhaupt nicht.« Ich lächelte. »Eigentlich ist es eher ein Kompliment. Ich meine, es ist doch schön zu wissen, dass die Leute sich die Sendung ansehen.«
»Mit geradezu kultartiger Hingabe, wenn man Liz und Angie als Richtschnur nimmt.«
Ich lachte, dann saßen wir einen Moment lang in einträchtigem Schweigen da.
»Und«, sagte Ethan schließlich und nahm einen Bissen von seinem Burger, »wie war dein Vormittag?«
»In Vergleich zu deinem wohl eher ereignislos. Ich war früh im Studio und habe ein paar Promotionspots gedreht; den Rest des Vormittags habe ich dann zu Hause Rezepte ausprobiert.«
»Klingt interessant«, erwiderte er. »Deine
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