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Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche

Titel: Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dee Davis
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Gleiche. Immerhin hat mein Urgroßvater uns enterbt, schon vergessen?«
    »Er hat deine Großmutter enterbt, aber nicht Althea und deine Mutter. Und damit folglich auch dich nicht. Außerdem geht es darum in Wahrheit gar nicht«, erklärte er, während Bentley, der kleine Verräter, den restlichen Hamburger verputzte und dann auf Ethans Schoß sprang.
    »Sondern?«
    »Im Grunde ist der Unterschied zwischen uns gar nicht so groß.«
    »Also bitte«, stöhnte ich und stibitzte ein Löffelchen von seinem Eis. »Zwischen uns liegen Welten. Mein Großvater war ein griechischer Einwanderer, der durchs Land gezogen ist.«
    »Und der mit seinem Import von Delikatessen ein Vermögen verdient hat. Er hatte vielleicht keinen großen Namen im Rücken, dafür hat er sich einen in Manhattan gemacht, und zwar aus eigener Kraft.«
    »Trotzdem ist es nicht dasselbe«, protestierte ich.
    »Doch, ist es. Mein Ur-Urgroßvater hat als irischer Dockarbeiter angefangen und den gleichen Traum verfolgt wie dein Großvater. Nur ein paar Generationen früher. Sieh den Tatsachen ins Auge – dein Geld ist genauso aristokratisch wie meines.«
    »So gesehen vielleicht schon«, räumte ich ein.
    »Aber ich sage dir nichts, was du nicht ohnehin längst weißt. Wieso erzählst du mir nicht, was wirklich hinter deiner Einstellung gegenüber der Manhattaner Gesellschaft steckt?«
    »Dasselbe, was hinter allem in meinem Leben steckt«, seufzte ich und wünschte, ich hätte nie mit diesem Thema angefangen. »Meine Mutter.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich dir folgen kann.«
    »Ich habe dir doch erzählt, dass meine Mutter ein ziemlicher Wildfang war. Es genügt wohl, wenn ich sage, dass ihr Lebenswandel es nicht als leuchtendes Beispiel ins Lehrbuch für höhere Töchter geschafft hätte. Und damals war es eben wichtig, dass man sich ans Protokoll hielt.«
    »Und ich nehme an, die Gesellschaft sprang nicht gerade freundlich mit ihr um.«
    »So kann man es nennen. Sie haben sich über sie lustig gemacht, haben sie geächtet. Kurz gesagt, sie haben ihr das Leben zur Hölle gemacht. So sehr, dass sie am Ende davongelaufen ist.«
    »Aber du sagtest doch, sie sei nach einem Streit mit Althea weggelaufen.«
    »Das stimmt auch. Aber diese Auseinandersetzung war nur das, was das Fass zum Überlaufen brachte. Verstehst du denn nicht? Der Streit mit Althea ist quasi das Symbol dafür, wie die Gesellschaft meine Mutter sah. Sie wollten, dass sie sich ändert. Zu jemandem wurde, der sie nicht war. Und deswegen blieb ihr nichts anderes übrig, als zu verschwinden.«
    »Und warum hat sie dich nicht mitgenommen?« Auf diese Frage war ich nicht gefasst gewesen, und da sie zu denen gehörte, auf die ich nach wie vor keine befriedigende Antwort gefunden hatte, tat ich, was ich immer tat, wenn sie mir gestellt wurde. Ich nahm meine Mutter in Schutz – und mit ihr das, wovon ich sicher sein musste, dass es die Wahrheit war.
    »Das wollte sie ja. Zumindest glaube ich das. Aber Althea hat es nicht zugelassen. Sie dachte, es sei besser für mich, wenn ich hier in Manhattan bliebe.«
    »Aber am liebsten wärst du bei deiner Mutter geblieben.«
    »Natürlich.« Ich rang um Fassung. »Wer wäre das nicht? Melina war unglaublich, hat immer gelacht. Du hättest sie sehen sollen. Wenn sie einen Raum betrat, war es, als ginge die Sonne auf. Sie war immer so lustig. Ich weiß noch, dass sie mich einmal mitten in der Nacht aufgeweckt hat, damit ich einen Meteoritenschauer beobachten konnte. Wir hüllten uns in Decken und gingen über die Straße in den Park. Dort legten wir uns ins Gras und sahen zu, wie die Lichter über den Fluss sausten. Es war wie Magie. Ich hätte alles darum gegeben, mit ihr gehen zu können. Aber Althea sagte, ich müsse zur Schule gehen und bräuchte einen geregelten Tagesablauf, Disziplin und all das.«
    »Kein ganz schlechter Ansatz.«
    »Kann sein.« Ich zupfte an meiner Serviette herum und suchte nach den richtigen Worten. »Aber das ändert nichts daran, dass ich meine Mutter verloren habe.«
    »Auf deinen Schultern liegt eine schwere Last«, sagte er und schob sein Eis beiseite. »Aber das weißt du natürlich längst, stimmt’s?«
    »Ja.« Ich seufzte. »Wahrscheinlich. Aber normalerweise zeigt sie ihr hässliches Gesicht nicht in dieser Form. Es ist nur … seit ich herausgefunden habe, wer du bist, komme ich mir wie die schlimmste Heuchlerin vor. Ich war so wütend auf Dillon, weil er sich mit Diana eingelassen hat – der New Yorker

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