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Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Deegan
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ich, dass er sich umdreht und wegläuft. Aber das tut er nicht. Er kommt herein.
    » Alex. Was ist passiert? Was ist los?« Er setzt sich zu mir auf die Bettkante. Er verzieht das Gesicht, hält sich den Rücken, dann steht er wieder auf. Er dreht sich zu mir um, dann lässt er sich auf die Knie sinken, wie ein Kind, das sein Gebet am Bettrand spricht.
    » Du kannst die Sonnenbrille jetzt abnehmen, Dad. Ich weiß Bescheid.«
    Er sieht verwirrt aus. » Worüber?«
    » Es ist nicht dein Rücken, oder? Du bist krank. Ernsthaft krank. Und du willst nicht, dass ich es erfahre.«
    » Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    » Ich habe dich im Pool gesehen. Ich bin nicht blöd. Du weinst nicht. Du weinst nie. Das war’s, stimmt’s? Sag es mir. Ich bin kein Kind mehr.« Aber ich fühle mich wie ein Kind. Ich fühle mich klein und verletzlich und ich brauche Trost. » Und nimm diese blöde Sonnenbrille ab.«
    Er legt sie tatsächlich aufs Bett. » Ich bin nicht krank, Alex. Manchmal wünschte ich, ich wäre es.«
    » Wie kannst du so etwas sagen?«
    » Es tut mir leid. Aber wenn ich mit ihr tauschen könnte, würde ich es tun. Einfach so.« Er schnippt mit den Fingern.
    Und ich fühle mich schuldig, denn es gab Zeiten, da habe ich mir genau das gewünscht.
    » Willst du wissen, warum ich so furchtbar traurig bin? Weil ich euch beide im Stich gelassen habe. So furchtbar im Stich gelassen.«
    Also stirbt er nicht?
    » Ich habe mich versteckt, Alex, ich bin weggelaufen.«
    Wovon redet er?
    » Ich konnte mich dem allen nicht stellen. Mums Schmerzen. Der Tatsache, dass es nichts gab, was ich hätte tun können, um sie zu retten. Der Tatsache, dass sie tot ist.«
    Es geht um Mum?
    » Ich habe es verdrängt. Ich habe so getan, als würde es nicht passieren. Habe mich in die Arbeit gestürzt.« Am liebsten würde ich ihn bitten, langsamer zu reden. Zurückzuspulen. Alles noch mal zu wiederholen. Aber ich sage nichts. Versuche nur, mitzukommen. » Jedes Mal, wenn ich dich angesehen habe, habe ich Mum gesehen. Ich habe auch deinen Schmerz gesehen und ich konnte nicht damit umgehen. Also habe ich mich zurückgezogen. Von meiner eigenen Tochter!«
    Aber hier geht es nicht um mich. » Mum hätte dich gebraucht. Sie hat dich so geliebt und sie musste ohne dich sterben. Du hättest da sein können. Du hättest da sein müssen.«
    Er lässt den Kopf in die Hände sinken. » Ich weiß. Ich. Weiß.«
    » Du hättest dich verabschieden sollen.«
    Er sieht mich an, als würde es ihm das Herz brechen. » Ich konnte nicht, Alex. Ich konnte sie nicht gehen lassen. Sie war bereit dazu. Sie hatte es akzeptiert. Ich konnte das nicht. Und solange ich lebe, werde ich mir das nie verzeihen.«
    Gut, denke ich. » Sie hätte dich gebraucht. Wir hätten dich gebraucht.«
    » Ich hätte stark sein müssen für dich. Aber ich konnte nicht in dieses Zimmer gehen und stark sein. Ich konnte mich nicht verstellen.«
    » Niemand hat das von dir verlangt.«
    » Niemand hätte gewollt, dass ich reingehe und sie anflehe, sie soll nicht sterben, sie soll uns nicht verlassen, aber das hätte ich getan.«
    » Wenigstens hätte das gezeigt, dass sie dir etwas bedeutet.«
    Er sieht mich an, als hätte ich ihm eine Ohrfeige verpasst. » Sie hat mir etwas bedeutet. Mein Gott, und wie. Deine Mutter war mein Leben. Sie war alles für mich. Die Einzige, die meiner albernen, verrückten Existenz einen Sinn gegeben hat. Die Einzige, die mich wirklich verstanden hat. Niemand wird je begreifen, wie sehr ich sie geliebt habe. Und jetzt muss ich mich den Tatsachen stellen. Sie ist nicht mehr da und sie wird nie wieder zurückkommen. Ich werde sie nie wiedersehen. Nie wieder berühren. Nie wieder halten.«
    Willkommen in meiner Welt, denke ich, als er zusammenbricht.
    Ich habe mir das ausgemalt. Ich wollte es. Ich dachte, das sei alles, was ich will. Dass es ihm leidtut. Dass er weint. Aber ich hätte nie gedacht, dass es mir derart schwerfallen wird, zu sehen, wie verloren er ohne sie ist.
    » Es tut mir leid«, sagt er schließlich. » Ich war der schlechteste Dad aller Zeiten. Aber ich habe nie aufgehört, dich zu lieben, Alex, du hast mir immer etwas bedeutet. Deswegen habe ich mich an Fachleute gewandt, an Leute, die sich mit Trauer auskennen, die wissen, wie man zuhört, die wissen, was man sagt. Damit sie dir geben, was ich dir nicht geben konnte.«
    Sieht er es denn nicht? » Ich wollte keine Fachleute. Ich wollte dich. Du warst alles, was mir geblieben ist.«
    » Und es tut

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