Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
hielt er ihre Theorie für überspannt, aber er hatte sie sich zumindest angehört.
Anders als Callahan. Der hatte süffisant gelächelt und sich abgewandt. Und wie würde die Task Force auf ihre Theorie reagieren?
Sollten sie sie am Ende in der Luft zerreißen. Zumindest würden sie sich mit ihr beschäftigen müssen.
»Nun?«
Bäche von Schweiß liefen ihr den Rücken hinunter. Sie räusperte sich. Ihre Kehle war ausgetrocknet. »Ich halte Officer Chavez für einen zuverlässigen Beamten. Er ist engagiert, hilfsbereit und immer bemüht, einen perfekten Job zu machen.« Das klang nach einer rührseligen Tischrede zur vorzeitigen Pensionierung. »Ich halte es für unmöglich, dass er zu solchen Gewaltexzessen fähig ist. Außerdem ist er zu jung.«
Die Männer vor ihr schwiegen. Die Sonne stach vom Himmel. Der Chor der Zikaden um sie herum wuchs zu einem ohrenbetäubenden Gelärme an. Die Mittagsstunde war vorbei. Der Himmel war weiß geworden.
In der Ferne flog ein Vogel.
Sie kannte seine wirbelnden und kreisenden Flugbewegungen. Dann schoss er zur Erde und verschwand hinter Laubwerk.
»Da!«, rief sie, und ihre Lungen zogen sich zusammen.
»Was? Wo?« Loomis drehte sich zu ihr um.
»Ein Bussard. Dort.« Sie zeigte auf ein Röhricht mit Rohrkolben. »Er hat etwas zum Fressen gefunden.«
Troy wurde von Ekel gepackt. Die Taten dieses Kranken wurden beim Lesen wieder lebendig. Außerdem verursachten sie bei ihm einen Muskelkrampf im Nacken.
Er sah zu Ric Santos, der sich in alte Polizeiberichte vergraben hatte.
»Vor Jahren habe ich über die Woodlawn-Morde in San Antonio berichtet«, sagte Troy. Der Detective sah von den Papieren auf. »Da hatte ich mit einem Special Agent Rey Santos zu tun. Bist du mit ihm verwandt?«
»Das ist mein Bruder.«
Troy fand, dass er ihm ähnlich sah. »Elaina vertritt die Theorie, dass sich der Täter vielleicht beim FBI beworben hat. Die Bewerbungen für diese Region werden doch vom Büro in San Antonio bearbeitet. Könnte dein Bruder nicht …«
»Sie hat mich schon gefragt«, sagte Ric. »Er kümmert sich darum. Ein Ergebnis gibt es vielleicht morgen.«
Die Tür ging auf, und Weaver stapfte herein. Die Sonne hatte ihn geröstet, er war am Ende seiner Kräfte. Ihm folgte Elaina, deren glasige Augen sofort die Minibar suchten, auf der ein Eiskübel mit einer Flasche Champagner stand. Sie marschierte geradewegs darauf zu, knallte die Flasche auf die Bar und verschwand mit dem Eiskübel.
Weaver ließ sich in einen Sessel fallen.
»Was ist mit euch passiert?«, fragte Ric.
»Ein neuer Hitzerekord. Mindestens hundert Grad im Schatten.« Weaver warf seine Sonnenbrille auf den Couchtisch. Über seinen verbrannten Wangen zeichneten sich schmale käsig weiße Ränder ab.
»Schon mal was von Sonnenschutz gehört?«, fragte Ric. Elaina stürmte ins Zimmer zurück, verschwand aber sofort im Badezimmer.
Troy sah zu Weaver. »Was ist los mit ihr?«
Hinter der Badezimmertür wurde die Dusche aufgedreht.
»Sie hat die Leiche gefunden. Kein schöner Anblick.«
»Todeszeitpunkt?«, fragte Ric.
»Man vermutet, sehr früh heute Morgen. Sie war erst ein paar Stunden tot.«
Troy stand auf. Er suchte aus der Kommode etwas zum Anziehen zusammen. In der Minibar fand er eine eiskalte Flasche Mineralwasser.
»Mein Gott, bin ich fertig«, sagte Weaver. »Hat jemand Lust auf einen Burger? Ein Müsliriegel ist das Einzige, was mein Magen heute gesehen hat.«
»Geht doch in den Diner gegenüber«, sagte Troy und klopfte an die Badezimmertür. »Wir kommen dann nach.«
Elaina saß mit angezogenen Beinen in der Dusche auf dem Boden. Wasser prasselte über ihren Rücken. Neben ihr stand der Eiskübel.
Troy legte die frischen Kleidungsstücke aufs Waschbecken und öffnete die Glastür. Er kniete sich neben sie, sie sah ihn kurz an.
»Bitte geh«, flüsterte sie.
Er nahm den Eiswürfel aus ihrer Hand und ersetzte ihn durch die Wasserflasche. »Trink das.« Dann strich er ihr Haar zur Seite und massierte mit dem Eiswürfel ihren Nacken. Ihr Rücken war blass, im Gegensatz zu den Armen, die die Sonne verbrannt hatte.
»Bitte geh«, sagte sie wieder. Sie legte den Kopf auf die Knie und igelte sich ein.
Der Wasserstrahl benetzte auch seine Jeans und Stiefel. Zum Glück war sie so schlau gewesen, kalt zu duschen. Einen zweiten Eiswürfel verrieb er auf ihren Schulterblättern. Sie sagte nichts. Nach ein paar Minuten drehte sie sich um zu ihm. Ihr Gesicht war rosa, die Lippen waren
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