Wer einmal lügt
Gebiet ab. Vielleicht findet ihr ja noch mehr.«
»Kein Problem, wenn wir hier nicht alle wie eine Büffelherde rumtrampeln.«
Bajraktari sagte etwas zu dem anderen, sehr jugendlich aussehenden Spurensicherer. Der kam auf Broome zu. Broome zeigte ihm den Abdruck und ging vorsichtig zurück auf die Lichtung. Er stellte sich neben Cowens und überlegte.
Vor siebzehn Jahren war Stewart Green an Mardi Gras an diesen abgelegenen Ort gekommen und – was? – niedergestochen worden, bevor er für immer verschwand? Jetzt hatte Broome ein Foto, leider ohne Datumsangabe, das Carlton Flynn zeigte, einen anderen Mann, der an Mardi Gras in derselben abgelegenen Gegend verschwunden war. Außerdem hatten sie Blutspuren gefunden, die eindeutig keine siebzehn Jahre alt waren. Und schließlich gab es siebzehn Jahre nach Stewart Greens Verschwinden zwei weitere eigenartige neue Entwicklungen. Erstens die unerwartete Rückkehr der abgetauchten Cassie – warum war sie zurückgekommen? Und sagte sie wirklich die Wahrheit? Und zweitens das mögliche plötzliche Erscheinen von Stewart Green.
Bestand eine Verbindung zwischen diesen beiden Ereignissen?
Wenn nicht, war es ein unglaublicher Zufall. Falls Stewart denn wirklich wieder da war. Hatte Cassie sich das vielleicht einfach nur ausgedacht? Oder hatte ihr »Informant« sich geirrt?
Was bedeutete es also, wenn man all diese neuen Hinweise zusammennahm? Broome hatte keine Ahnung.
Und genau in diesem Moment, als er grübelnd in den Pine Barrens stand, kam aus einer vollkommen unerwarteten Richtung der Durchbruch.
»Jetzt weiß ich’s wieder«, sagte Cowens.
»Was?«
»Das Déjà-vu, von dem ich gesprochen habe. Ich weiß wieder, was es war.« Cowens nahm die Zigarre aus dem Mund. »Das ist damals dieser große Mordfall gewesen.«
Broomes Aufmerksamkeit war geweckt. »Was für ein großer Mordfall?«
»Daran müssen Sie sich noch erinnern. Wie hieß der Kerl noch? Gunner, Gunther oder so ähnlich?«
Broome kramte in seinem Gedächtnis und spürte, wie sein Puls hochging. »Er wurde erstochen, oder?«
»Genau. Ist von einer Gruppe Wanderer hier gefunden worden. Das muss, na ja, vor rund zwanzig Jahren gewesen sein. Diverse Stichverletzungen.«
»Und Sie sind sicher, dass es hier war?«
»Ja, so gut wie sicher. Der alte Schornstein und der Fels da. Ja, das muss hier gewesen sein.«
»Wissen Sie noch, wann das war?«
»Wie schon gesagt, vor rund zwanzig Jahren.«
»Ich meine das Datum.«
»Das soll doch jetzt ein Witz sein, oder?«
»Wie wär’s mit der Jahreszeit?«
Cowens überlegte. »Es war kalt.«
»So wie jetzt?«
»Keine Ahnung. Gut möglich.«
Sobald er wieder im Revier war, konnte Broome das nachsehen. »Haben Sie die Ermittlung geleitet?«
»Ne, ich war noch bei der Streife. Morris war das, glaube ich, aber bei der Festnahme bin ich dabei gewesen. Na ja, wenigstens war ich vor Ort. Ich war die Rückendeckung für die Rückendeckung. Hab eigentlich die ganze Zeit im Streifenwagen gesessen. Der Täter hat sich ja auch sofort ergeben.«
»Der Fall galt damals als abgeschlossen, oder?«
»Ja, das war eine todsichere Sache. So eine Art Dreiecksverhältnis. Ganz genau erinnere ich mich nicht mehr. Ich weiß noch, dass der Täter geheult und gesagt hat, dass er den Kerl überhaupt nicht kennt und sein Mädel ihn niemals betrügen würde. Das Übliche halt.«
»Hat er hinterher noch irgendwann gestanden?«
»Ne. Der Kerl hat Stein und Bein geschworen, dass er unschuldig ist. Ich glaub, das behauptet er immer noch. Hat aber trotzdem lebenslang gekriegt. Ich glaube, er sitzt in Rahway.«
FÜNFZEHN
D ie Arterien verhärteten sich, und die Lunge wurde schwarz, sobald man die Tür zum Weak Signal Bar and Grill auch nur öffnete. Beim Anblick der heruntergekommenen Gäste kamen einem viele anschauliche Begriffe in den Sinn, zu denen jedoch weder »gesundheitsbewusst« noch »lange Lebenserwartung« gehörten. Im Fernseher hinter der Theke lief SportsCenter . Im Fenster stand eine Neonwerbung für Michelob -Bier. Die Tafel verkündete, dass an diesem Abend »Ladys Night« war und » Chicks ein Bier vom Fass für einen Dollar« bekämen, eine Marketing-Masche, die offenbar ihre Wirkung auf eine bestimmte weibliche Klientel nicht verfehlte. Als Beispiel konnte eine strohhaarige Frau gelten, die zu laut gackernd und Aufmerksamkeit heischend lachte und ein gelbes T-Shirt mit der Aufschrift »Luxus-Luder« trug, die zumindest zur Hälfte ins Schwarze zu treffen
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