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Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Titel: Wer hat das Rind zur Sau gemacht? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Pollmer , Andrea Fock , Monika Niehaus , Jutta Muth
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nicht um die genetische Gemengelage, die man landläufig in dörflichen Gemeinschaften unter Inzucht versteht. Durch diese Kombination kommt es bei gezielter Anwendung zu einer erstaunlichen Zunahme der Erträge. Aber nicht nur das, die Pflanzen sind zudem viel vitaler. Man braucht bei höheren Erträgen ganz wider Erwarten weniger Dünger und auch weniger Pestizide. Klar, dass sich dafür der Biobauer ganz besonders interessiert. 9

Der bunte Zoo der Züchter: Hybriden, Terminatoren und Exorzisten
    Die Hybridzüchtung liefert den Großteil des heute verwendeten Saatgutes, ob von Nutz- oder Zierpflanzen, ob im ökologischen oder konventionellen Landbau. Aber auch um Hybridsaatgut zu erzeugen, braucht man geeignete Ausgangspflanzen, die wiederum in der Regel durch Mutationszüchtung entstanden sind. Die Mutationszüchtung und die Hybridzüchtung haben wesentlich dazu beigetragen, dass heute acht Milliarden Menschen auf unserem Globus leben können.
     
    Der einzige Wermutstropfen: Will man von den Hybridpflanzen selbst Saatgut gewinnen, gehen die wunderbaren Vorteile verloren: Es liefert nur die mageren Ergebnisse der ursprünglichen Kreuzungspartner. Dass die Nachkommen von Hybriden ihre besonderen Eigenschaften verlieren, ist ein natürlicher Vorgang. Er hat nichts mit irgendwelchen fiesen Tricks der Züchter zu tun. Sie müssen das Saatgut für jede Ernte mühsam neu erzeugen, indem sie die Elternpflanzen wieder miteinander kreuzen.
    Dass sich aus Hybridpflanzen kein vernünftiges Saatgut erzeugen lässt, gibt seltsamerweise keinen Anlass zur Kritik. Aber bei der Gentechnik ist diese Tatsache einer der zentralen Gründe für deren Ablehnung. Aus diesem Grunde steht vor allem das sogenannte Terminator-Saatgut im Mittelpunkt der Kritik. Es dient als Beleg für die üblen Tricks der Gentechnik-Konzerne.
    Von links nach rechts: Ältester Maiskolbenfund ( 5500 Jahre alt), Mais um 1950 , moderner Hybridmais (verändert nach Galinat, W. S.: El Origen del Maiz: el Grano de la Humanidad. Economic Botany 1995 , 49 : 3 – 12 ). Zeichnung: Ute Düll
    Dabei handelte es sich um Saaten, die eigens nach den Wünschen der Gentechnikkritiker entwickelt wurden. Über Jahre hinweg hatten sie dagegen protestiert, dass Gensaatgut nach der Ernte im nächsten Jahr wieder auf dem Acker auskeimen und damit die nächste Ernte «verunreinigen» könnte. Das ließ die Branche nicht auf sich sitzen. Also entwickelte sie die Terminator-Technologie, die dafür sorgt, dass gentechnisch veränderte Pflanzen kein fruchtbares Saatgut mehr liefern. Raps- und Weizenkörner, die bei der Ernte auf den Boden gefallen sind, können also im nächsten Jahr nicht mehr auskeimen. Diese Technik ist also ganz im Sinne der Gentechnikgegner, stachelte sie aber dennoch zu wütenden Protesten an. Der Vorwurf lautete jetzt: Nun seien die Landwirte ja gezwungen, jedes Jahr das Saatgut erneut zu kaufen. Dass die Landwirte ihr Hybridsaatgut jedes Jahr ebenfalls neu kaufen mussten, störte die Kritiker dabei nicht.
    Die logische Weiterentwicklung der Terminator-Technologie ist das Exorzisten-Saatgut, eine verteufelt gute Idee: Die gentechnisch veränderte Pflanze schaltet das «fremde Gen» vor der Ernte nicht nur ab, sondern entfernt es sogar wieder. Der «Rausschmeißer» wird durch einen pflanzeneigenen Stoff aktiviert, der während der Reifung entsteht. Und schon fliegt das Gen für die Herbizidresistenz, oder was auch immer, aus dem Genom. 15 Hier ist sogar ein Nachbau möglich, aber man erhält beim Saatgut nur die gentechnikfreie Ausgangspflanze.
    Eigentlich hätten die Gentechnikgegner dieses Verfahren zumindest diskutieren müssen. Taten sie aber nicht. Offenbar interessiert sich unter ihnen niemand wirklich für den Schutz der Umwelt vor fremden Genen. Warum auch? Allen Beteiligten sind die hier dargestellten Zusammenhänge natürlich geläufig. Die Kritiker benötigen für ihre politischen und kommerziellen Interessen zuvörderst mediale Aufmerksamkeit. Und am leichtesten erreicht man den Bürger, wenn man irgendetwas schützt: ein Tier vor Tierquälerei, ein Kind vor Gensoja, das Klima vor Methan oder einen Rentner vor Vogelgrippe. Die Angst öffnet Herz und Portemonnaie, das wissen wir ja schon aus der Furchtappellforschung; sie verhilft der Politik zu neuen Abgaben und Steuern.

Hexenjagd
    Sobald der Landwirt aus gentechnisch veränderten Pflanzen selbst Saatgut erzeugen kann, ist aus Sicht der Kritiker Gefahr im Verzug, weil ihre Gene ja ausbüxen

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