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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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Internet kann man live Bilder von den Nestern sehen.«
    »Heißen die nich Horst?«
    »Wie?«
    »Die Nester.«
    »Ach so, das kann sein. Jedenfalls verfolgen Storchenfreunde aus der ganzen Welt die Brutsaison über das Internet, und in ein paar Wochen gibt es hier sogar ein Storchenfest mit einer Bühne, mit Musik und mit …«
    »Alter Vater«, unterbrach Peggy seine Aufzählung und gähnte herzhaft, »hier ist dit also, wo jedet Jahr dieser schwachsinnige Storchenterror abjeht.«

 
    Und dann war Peggy fort …
    … und van Harm hatte den Eindruck, er würde allein zurückbleiben unter Wilden und Banausen. Das war am Sonntagabend.
    Vorher hatten sie es sich zwei Tage gut gehen lassen. Sie waren mit dem Corsa an die Oder gefahren, und Peggy hatte sich tatsächlich ein wenig beeindrucken lassen von der Natur, von der Ruhe und der Schönheit der menschenleeren Auenlandschaft. So sehr, dass sie mit ihrem Handy ein Foto nach dem anderen geschossen hatte – klick, klick, klick, klick –, was Kai irgendwann dann doch ein kleines bisschen auf die Nerven gegangen war.
    Sie waren den holprigen Feldweg entlangspaziert, der die drei Dörfer verband, von Zirnsheim nach Altwassmuth und von dort nach Vieracker und wieder zurück, das ganze Dreieck einmal entlang, und van Harm hatte Peggy die wenigen Sehenswürdigkeiten gezeigt, die es in der Gemeinde gab: die Feuerwehrgarage, das Pfarrhaus, das Künstlerhaus in Vieracker, das Deutsche Haus in Zirnsheim und die steinalte Linde neben der kleinen freundlichen Kirche, die nicht mehr in Betrieb war.
    Alles hatte tot und wie ausgestorben in der Sonne des frühen Nachmittags gelegen. Nur zweimal waren sie von einem Auto auf dem holprigen Feldweg überholt worden. Und mit Sicherheit hatten die drei misstrauischen Menschen, denen sie als Einzigen unterwegs begegnet waren, sie eher für Vater und Tochter gehalten als für zufällige Wohnungsnachbarn aus Berlin Neukölln, so wie sie scherzend und manches Mal sogar untergehakt dahinliefen. Wie sie ab und zu stoppten, um ein paar grüne Äpfel zu pflücken, die an alten schiefen Bäumen zu beiden Seiten der gesamten Katzenkopfstraße wuchsen.
    Und überall waren die Störche gewesen: Sie standen auf den Wiesen und auf den Äckern, auf einem Bein oder auf beiden, sie staksten durchs Gras und pickten nach Futter, sie waren in der Luft, sie setzten zur Landung an oder waren dabei zu starten, sie blickten von ihren Horsten herunter, und überall konnte man das Schwingen ihrer Flügel hören und – viel lauter noch – das Klappern ihrer Schnäbel.
    Abends dann, als es wieder leiser geworden war, hatte Kai den Grill angezündet. Bis tief in die Nacht hatten sie um die Glut gesessen, und am Sonntagmorgen hatte sich van Harm so kräftig, tatendurstig und optimistisch gefühlt wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Wie neugeboren eigentlich.
    Er hatte im Schuppen gewühlt und ein paar Werkzeu ge gefunden, mit denen er wuchernden Hecken, Unkrautbeeten und vertrockneten Stauden im verwilderten Garten hinter den Stallungen zu Leibe gerückt war. Dieser Garten – oder wie immer man dieses ungepflegte Stück Land nennen mochte, das zum Hof gehörte – war gut dreißig Meter breit, dreihundert Meter lang und endete direkt am Waldrand. Aus dem Gestrüpp ragten immer mal wieder Teile vergammelter landwirtschaftlicher Geräte heraus.
    Währenddessen hatte Peggy, nur sehr knapp mit einem Bikini bekleidet, in einem Gartenstuhl gedöst und sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Nur hin und wieder läuteten die Glocken der Altwassmuther Kirche oder hörte man einen Storch klappern oder eine Grille zirpen, ansonsten war es auch tagsüber recht still hier.
    Jedenfalls waren es anderthalb perfekte Tage gewesen, weshalb van Harm, als sie Sonntagnachmittag unterm Pflaumenbaum im Hof saßen und ein spätes Mittagessen einnahmen, sagte: »Am liebsten würde ich noch ein paar Tage bleiben.«
    »Und wat hindert dich daran, Herr van Harm? Icke muss morgen wieder arbeiten, aber du hast doch alle Zeit der Welt.«
    »Ja schon«, sagte van Harm, der nicht schon wieder von seinem Sabbatical anfangen wollte, »aber so allein hier draußen. Ohne Sie oder wenigstens meine Frau … Ich weiß nicht so recht.«
    »Aber ick weeß wat«, sagte Peggy und strahlte, »du bleibst einfach hier, ick fahr nach Berlin und komm am nächsten Freitag wieder her. Wenn de dann die Nase voll hast vom Landleben, bring ick dich zurück in die Stadt. Wat sagste dazu?«
    »Puh!«
    »Mann, Herr van

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