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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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betrachte, und ist entsetzt. »Schau bitte nicht so versonnen diesen Kitsch an!«
    »Ach, hab dich doch nicht so. Das ist doch hübsch. Vielleicht könnten wir unser Badezimmer ein bisschen dekorieren.«
    »Es sieht nach Mädchen-WG aus, es staubt ein und wir leben nicht mal in der Nähe der Küste. Was willst du in München mit einem Fischernetz anfangen?«
    »Dekorieren.«
    Allmählich gerät Mark ins Schnaufen. Es ist ein Quell stetiger Unruhe in unserer Beziehung: Mark hasst es, wenn etwas rumsteht. Ich finde, das macht eine Wohnung erst gemütlich. Leider kann ich ihn davon nicht überzeugen. Schon mehrmals war er kurz davor, eine Blumenvase von mir wegzuwerfen – aus einem einzigen Grund: Es standen keine Blumen drin. Dabei ist die Vase undicht, da sollen gar keine Blumen rein, sie ist eher ein Deko-Objekt. Für mich zumindest; für Mark ist sie ein Störfaktor.
    »Wie kann ich dich überreden, dass du keine blöden Fischernetze in unserem Bad drapierst?«, fragt Mark freundlich.
    »Du könntest mich jeden Morgen auf einer Sänfte zur Arbeit tragen. Das würde mir gefallen!«
    »Sorry, Liebes, aber dafür bist du ein bisschen zu pummelig.«
    »Pummelig, ich? Ich passe in Größe sechsunddreißig, du Blödmann!«
    Stimmt nicht so ganz. Also, wenn die Kleider großzügig geschnitten sind, dann sechsunddreißig. Sonst eher achtunddreißig. Aber das braucht mein Freund ja nicht zu wissen. Der beömmelt sich erst mal ausgiebig. Meine Hand schließt sich um ein Steakmesser. Der Kellner rettet Marks Leben, indem er unser Essen bringt.
    Eine halbe Stunde und dreihundert Gramm Entrecôte später habe ich Mark verziehen. Während wir über unsere Freunde, Familien und die Arbeit reden, schweifen meine Gedanken immer wieder ab. Müsste jetzt nicht allmählich der Teil mit dem Ring im Sektglas kommen? Oder wenigstens der Kniefall? Wo bleibt meine rote Rose? Nein, ich wollte das ja alles gar nicht. Fand es blöd, gerade eben noch. Aber jetzt kommt es mir auf einmal doch ganz erstrebenswert vor. Ich hätte doch gerne einen spießig-romantischen Heiratsantrag, und zwar subito! Ich will Liebesschwüre zu hören bekommen und ein bisschen heulen. Und dann will ich den Ring, der da hoffentlich in dem Kästchen steckt. Müsste er das nicht allmählich mal rausholen? Warum holt er das Kästchen nicht raus?
    Als das Dessert kommt, leuchtet wieder ein Funken Hoffnung in mir auf. Ist ein Ring in der Crème brûlée? Oder in der kleinen Mousse au Chocolat? Vielleicht steckt er in dem gedrehten Keks? Ich esse ganz vorsichtig, um nicht versehentlich Geschmeide zu verschlucken. Erst als mein Teller ganz leer ist, werde ich ein bisschen traurig. Kein Ring. Mark wird mich niemals heiraten. Bestimmt macht er am Montag seiner Arzthelferin einen Antrag und wirft mich dann hochkant aus der Wohnung. Irgendwie muss ich es schaffen, dass er sich das noch an diesem Wochenende anders überlegt. Dass er wieder weiß, dass ich die Frau bin, mit der er sein Leben verbringen will. Wie soll ich das nur anstellen? Ich glaube, ich werde gerade ein bisschen hysterisch.
    Mark
    O Mann! Der Ring. Wiegt viel schwerer, als ich dachte. Plötzlich verstehe ich, wie sich Frodo auf dem Weg nach Mordor gefühlt haben muss. Und ich hatte ihn immer für ein Weichei gehalten. »Mein Schatz«, sage ich, als wir an der Bar noch einen Grappa nehmen.
    »Was?«, knurrt Luisa.
    Wenn ich das wüsste. Während des Abendessens war ich zweimal kurz davor, den Ring aus der Tasche zu holen. Einmal kam mir aber der Typ vom Nachbartisch dazwischen. Jetzt nicht mit einem Heiratsantrag, aber mit einem unangenehmen Hustenanfall, der nach offener Tuberkulose klang. Echt ekelhaft. Und beim zweiten Anlauf war es Luisa selbst, die einen Moment der Stille nutzte, um aufs stille Örtchen zu verschwinden. Ich hatte mich nur noch kurz sammeln wollen, um den Antrag auch ja nicht zu vermasseln. Als ich gerade Luft holte, sagte sie, sie müsste mal kurz für kleine Mädchen, gab mir einen Kuss auf die Wange und drehte ab.
    Jetzt bin ich einerseits froh, dass ich noch nicht verlobt bin. Andererseits habe ich den Antrag noch vor mir, was auch nervt. Aber Restaurants sind einfach generell keine guten Orte, um die Liebe deines Lebens zu fragen, ob sie bis ans Lebensende bei dir bleiben möchte. Ich habe das schon mehrfach erlebt. Ich sage nur: Ring im Martini-Glas. Ring im Champagner-Glas. Ring im Pils-Glas – das wäre wenigstens mal was anderes. Aber dann müssten Braut und Bräutigam schon große

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