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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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heißen Brei. Die sagt, was Sache ist. Widerspruch zwecklos.«
    »Was genau will sie von dir?«
    »Dass ich mich nicht aus der Verantwortung stehle.«
    »Sonst passiert was?«
    »Gibt’s einen Satz heiße Ohren, mindestens«, brummt Barnie und muss über sich selbst und die Gesamtsituation lachen.
    »Und jetzt? Wie geht’s weiter?«
    »Ich muss morgen gleich mit. Zum Frauenarzt.«
    »Frauenarzt«, wiederhole ich und nicke dabei ernst.
    Als ich kurz nach dem Münster- Tatort nach Hause komme, trete ich als Erstes bei Luisa an und erzähle ihr von Barnie und Lilith.
    Luisa ist hingerissen und gleichzeitig abgestoßen. »Schwanzgesteuerter Affe«, murmelt sie wie ein Mantra vor sich hin. »Die arme Lilith.«
    »Lilly.«
    »Du hast doch gerade noch Lilith gesagt. Wie die erste Frau von Adam vor Eva. Die Gott dessen Namen abtrotzte, Flügel bekam und davonflog.«
    Ich behalte meine Unkenntnis für mich. »Ja, schon«, sage ich, »aber man nennt sie Lilly.«
    »Gut, dann eben Lilly. Leid tut sie mir trotzdem.«
    »Du kennst sie doch gar nicht.«
    »Solidarität«, erklärt Luisa.
    »Unter Frauen?«
    »Gewissermaßen, ja.«
    »Und wenn sie nun ein ziemliches Miststück ist?«
    »Dann träfen sich zwei.«
    Hä? Egal. »Er muss mit ihr zum Frauenarzt.«
    »Na und?«
    »Und später zum Hechelkurs.«
    »So ist das, wenn man ein Kind kriegt.«
    Luisa verschwindet kurz in der Küche und kommt mit zwei Gläsern Crémant zurück. Eines hält sie mir hin, ich greife zu. »Stoßen wir an.«
    »Auf Barnies Vaterfreuden?«
    »Nein«, wehrt Luisa ab.
    »Auf uns!« Ich ziehe meine Mundwinkel nach oben und proste meiner Verlobten zu.
    »Kluger Bursche.«
    »Höre ich oft.«
    »Im Gegensatz zu deinem Kumpel.«
    »Hör mal«, sage ich, »Barnie war immer der Klügste. 1,0 im Abi, 1,0 im Studium, summa cum laude in der Promotion.«
    »IQ ist nicht alles«, meint Luisa altklug. »Schon mal was von EQ gehört?«
    »Klar. Emotionale Intelligenz.«
    »Die liegt bei Barnie definitiv unter null.«
    »Jetzt tust du ihm aber unrecht«, verteidige ich meinen besten Freund. »So schlimm ist er nicht.«
    »Da sagt Marie was anderes.«
    »Barnie ist halt in seinem Innersten immer noch ein kleiner Junge. Können wir vielleicht über was anderes reden?« Ich küsse Luisa auf die Wange, dann auf den Hals. Sie lässt es sich erst gefallen, schiebt mich dann aber zurück. »Was ist?«
    »Möchtest du nicht deine Eltern anrufen?«
    »Nein, danke«, wehre ich ab. »Ruf doch du deine an.«
    »Habe ich schon.«
    »Und?«
    »Papa wollte das nicht hören.«
    »Na bravo.«
    Luisa legt beruhigend die Hand auf meinen Arm und drückt ihn leicht. »Weil er dich kaum kennt, Mark. Es soll ein kleines Essen noch diese Woche stattfinden. Mit Freunden und Familie.«
    »Super«, sage ich und mache dann eine ganz dumme Bemerkung, die ich sofort bereue, weil ich genau weiß, wie wichtig Luisa ihre Familie ist. »Die ganze Mafia versammelt.«
    »Du bist so ein Trottel!«, schreit mich Luisa an. Im nächsten Moment springt sie auf, knallt die Tür und stampft Richtung Schlafzimmer, wo sie die nächste Tür zuschlägt.
    Ein paar Minuten später, nachdem ich mich von dem Schock erholt habe, will ich nach ihr sehen, mich entschuldigen, sagen, dass ihre italienische Familie ganz großartig ist. Die Tür ist aber verschlossen. Ich stehe ein paar Sekunden unentschlossen im Flur herum, betrachte die Audrey Hepburn von Ikea an der Wand, klopfe dann, entschuldige mich für meine dumme Bemerkung, bettle, dass sie aufsperrt. Vergebens!
    Für die Nacht richte ich mir eine Schlafstatt auf dem Sofa ein. Das geht ja gut los. Warum muss ich auf Familie immer so reagieren? Nur weil meine Familie eine Enttäuschung für mich war? Das ist doch Schnee von gestern.
    Luisa
    Praktischerweise fällt das Familienessen auf den Mittwoch – da muss Mark wieder bei Barnie Händchen halten und Durchhalteparolen skandieren. Ich steige also alleine ins Auto und fahre Richtung Stadtrand. Die Woche war etwas durchwachsen nach meinem Ausraster am Sonntagabend. Gegen Mitternacht hatte ich mich endlich zusammengerissen und war fähig gewesen, Mark von der Couch aufzusammeln und mit ins Bett zu nehmen.
    Warum muss der Kerl auch meinen empfindlichsten Punkt treffen? »Die ganze Mafia«, hat er meine Familie genannt. Nicht alle Italiener gehören zur Mafia, der überwiegende Teil sind ganz normale Leute, wie meine Eltern. Sie haben mich noch nie im Stich gelassen. Mein Bruder und meine zwanzig Cousinen und Cousins

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