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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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»Die toughe Frau Staatsanwältin! Du liest Gefühlspornos? Wie großartig. Natürlich leihe ich sie dir. Weiß Barnie von deiner geheimen Leidenschaft?«
    Lilly wirft mir einen indignierten Blick zu. »Natürlich weiß er das nicht. Er wird es auch nicht erfahren. Ich bin doch nicht wahnsinnig. Hast du zufällig eine blickdichte Tüte?«
    Der Abend ist gerettet.
    Als wir uns am nächsten Morgen reichlich spät aus dem Bett quälen, hat Mark einen Trauzeugen und ich eine neue Freundin. Außerdem haben wir meine Mutter auf dem Anrufbeantworter: »Guten Morgen! Schlaft ihr noch?« Kunstpause, als würde sie erwarten, dass das Gerät »Ja« schnarrt. »Kinder, wir fahren nächstes Wochenende weg, Papa will auf die Jagd gehen. Kommt doch mit! Da haben wir endlich mal Zeit, uns in aller Ruhe über die Hochzeit zu unterhalten.«
    Klingt, als wären die beiden doch einverstanden mit meiner Wahl. In frappierendem Gegensatz dazu steht eine Mail von meinem Vater, die ich am Mittag in meinem Posteingang finde.
    An: Luisa Conte
    Betreff: Dreck am Stecken
    Liebe Tochter,
    ich habe dir immer gesagt, dass Mark nicht der Richtige für dich ist. Hier ist der Beweis. Sei nicht traurig, wir finden für dich einen besseren Mann.
    Dein Vater
    Ich warte, bis Mark das Zimmer verlassen hat, und öffne den Anhang. Mein Vater ist in der Internetbranche tätig, und seine zum Großteil langhaarigen männlichen Angestellten, die ich schon immer für zwielichtige Hacker gehalten habe, haben offenbar ganze Arbeit geleistet. Es ist eine Auflistung von SMS, die im Laufe der letzten Tage an Marks Mobilfunknummer gesendet wurden. Etwa die Hälfte stammt von mir, ein paar von Freunden, die anderen sind rot eingefärbt und kommen von einer Handynummer, die ich nicht kenne. Ich brauche die Nummer allerdings auch nicht zu kennen, denn manche der SMS sind unterschrieben. Von Franziska. Franziska die Grausame, wie sie in meinem Freundeskreis ausschließlich heißt, weil ich Mark in einem emotional etwas lädierten Zustand von ihr übernommen habe. Franziskas SMS wirken allerdings ganz und gar nicht grausam. Zumindest nicht Mark gegenüber: Du bist immer noch so attraktiv wie damals. Beim nächsten Mal musst du länger bleiben. – Ich liege gerade in der Badewanne und denke daran, wie wir es im Meer getan haben … – Komm doch heute in der Mittagspause bei mir vorbei. Ich koche. Danach.
    Mir schießen die Tränen in die Augen. Vor Enttäuschung, aber auch vor Wut. Dieser Sack hat seine Exfreundin wiedergetroffen und mir kein Wort davon gesagt. Und jetzt springt er offensichtlich jeden Tag mit ihr in die Kiste, während ich mit meinen Kollegen in der Kantine labbrige Nudeln esse. Ein paar Tränen tropfen auf die Tastatur, gleichzeitig balle ich die Hände zu Fäusten. Wenn Mark jetzt zur Tür reinkäme, könnte ich für nichts garantieren. Mein Vater hatte also recht mit seinem Misstrauen, aber muss er mir das unbedingt auf diese Art und Weise mitteilen – per Mail? Ganz toll gemacht, Papa, wirklich. Ich tigere durchs Arbeitszimmer und würde am liebsten Marks heißgeliebte Plattensammlung aus dem Fenster werfen. Erst Pink Floyd, dann Depeche Mode und dann AC/DC. Das geschähe ihm recht. Aber wir wohnen im dritten Stock, und auf dem Gehweg sehe ich alte Muttis und Frauen mit Kinderwagen. Die haben mir ja nichts getan. Ich atme tief durch, um mich zu beruhigen.
    Was soll ich jetzt bloß machen? Ich kann Mark schlecht den Ausdruck unter die Nase halten und ihm sagen, dass mein Vater über ein paar illegale Kanäle seine SMS protokolliert hat. Einfach wortlos meine Koffer zu packen, geht irgendwie auch nicht. Ich muss auf normalem Weg an seine SMS kommen. Entschlossen schalte ich den Computer aus, wische mir die Tränen aus dem Gesicht und gehe zu Mark, der gerade vor dem geöffneten Kühlschrank steht. Von hinten kneife ich ihn in den Bauch.
    »Hey, was soll das?«, empört er sich.
    »Ach, ich überprüfe nur deinen Bauch. Er wird allmählich ein bisschen wabbelig.«
    Zehn Minuten später hat Mark stocksauer (»Wart’s nur ab, irgendwann hängen deine Brüste, und dann werde ich dich auch darauf aufmerksam machen!«) seine Joggingschuhe angezogen und das Haus verlassen. Sein Handy liegt auf dem Küchentisch. Ich nehme es in die Hand und öffne den SMS-Eingang. Eigentlich weiß ich schon, was drinsteht – aber falls Mark die SMS alle gelöscht hat, muss ich mir was Neues einfallen lassen.
    Die Sorge ist allerdings unbegründet. Klar, kein Mann würde je

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