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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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so eine schöne Sammlung von dreißig SMS löschen, die ihn als den heißesten Typen aller Zeiten darstellt. Wütend tippe ich auf den Tasten herum, wechsele von SMS zu SMS, um zu schauen, ob die Auflistung meines Vaters vollständig ist. Dann treffe ich die falsche Taste und habe auf einmal alle gesendeten SMS vor mir. Die letzte ging an Barnie und lautete: Lass bitte den Hundeblick zu Hause! Aber die vorletzte beginnt mit Verpiss dich … Ich öffne sie und sehe: Verpiss dich, Franziska. Perplex öffne ich die nächste. Und die übernächste. Und noch mehr davon.
    Lass mich in Ruhe, das mit uns ist lange vorbei. – Ich heirate Luisa. Such dir einen anderen Typen, den du terrorisieren kannst. – Steck dir deine blöden SMS dahin, wo die Sonne nicht scheint!
    Offenbar hat Mark recht konsequent auf jede dritte SMS geantwortet. Aber immer ablehnend. Schnaufend lasse ich mich auf einen Stuhl fallen. Na gut, er hätte mir davon erzählen müssen, aber mein Vater hatte unrecht. Ich hätte beinahe einen riesigen Fehler gemacht. Hat Papa etwa absichtlich die Antworten unterschlagen? Ich greife zum Telefon.
    »Hallo, Papa. Störe ich?«
    »Aber nein, Liebes. Hast du meine Mail bekommen?«
    »Ja, das habe ich.«
    »Was sagst du dazu?«
    »Ich brauche mehr Beweise. Kannst du mir die SMS besorgen, die Mark versendet hat?«
    »Hm, ganz schwierig.« Mein Vater windet sich. »Der SMS-Ausgang, der ist anders verschlüsselt und geht über einen anderen Server, da kommt man praktisch gar nicht ran!«
    »Ah, na gut. Da kann man wohl nichts machen.«
    »Was hast du jetzt vor?«, fragt mein Vater. Er klingt besorgt, aber ich vermute, er triumphiert im Stillen. »Willst du zu uns ziehen? Dein Kinderzimmer ist frei.«
    »Um Gotteswillen. Nein danke, Papa. Ich muss nachdenken.«
    »In Ordnung. Melde dich.«
    Innerhalb von nur zehn Minuten hat sich meine Wut von Mark komplett auf meinen Vater verlagert. Das mit dem SMS-Ausgang war doch Gewäsch. Das nehme ich ihm nicht ab, beim besten Willen nicht. Ich zittere vor Wut. Er wollte nur Mark schlechtmachen. Aber er hat das Gegenteil erreicht: Ich bin bereit, die Hochzeit mit Mark gegen jeden Widerstand durchzusetzen. Wenn mein Vater das so schlimm findet, kann er an dem Tag ja zu Hause bleiben. Bis dahin werde ich Mark bei jeder Gelegenheit zu meinen Eltern mitnehmen. Nicht, weil ich glaube, mein Vater würde ihn dann mögen – sondern um zu zeigen, dass mir Papas Meinung egal ist. Außerdem hat Mark sich die Verbalattacken seines Schwiegervaters redlich verdient. Dafür, dass er mir nichts von diesen SMS erzählt hat. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr verletzt es mich. Ich suche mein Handy und schreibe selbst eine SMS – an meine Mutter. Vielen Dank für die Einladung, liebe Mama! Mark und ich kommen sehr gerne mit. Er freut sich schon sehr.
    Mark
    Ich hab’s ja gewusst: Ich hasse Joggen. Es gibt nichts langweiligeres, als ohne Ziel durch die Gegend zu hetzen. So schön könnte ich jetzt auf meiner Couch liegen und gemütlich Formel 1 gucken. Dafür sind Sonntage doch da. Stattdessen laufe ich an der verdammten Isar entlang – mit Millionen Fitnessjunkies hinter, vor und neben mir. Mir tun die Füße weh, meine Schuhe drücken, ich bin außer Atem und vor allem ein bisschen außer Form. Luisa ist gemein. Ich weiß selbst, dass ich vielleicht ein oder zwei Kilo zu viel auf die Waage bringe. Aber nur weil sie schlank bleibt, obwohl sie für zwei isst, braucht sie mir noch lange nicht so in den Bauch zu zwicken. Weniger Kohlenhydrate und vielleicht etwas mehr Sport, dann bin ich bis zu dieser Riesenhochzeit wieder dünn und passe leicht in meinen guten Anzug. Ich hoffe nur, dass ich mir keinen neuen kaufen muss. Aber was weiß ich schon? Luisa plant ja alles. Würde mich nicht wundern, wenn sie schon einen Termin beim Herrenschneider für mich ausgemacht hätte. Ich bin gespannt, was als Nächstes kommt. Wahrscheinlich Xavier Naidoo oder gleich die Söhne Mannheims.
    Im Wald zwei Wege boten sich mir dar, und ich nahm den, der weniger betreten war. Und dies veränderte mein Leben. Robert Frost. Bekannt aus dem Club der toten Dichter . Von wegen Kunstbanause. Ich verlasse den ausgelatschten Joggingpfad. Ich bin doch nicht wahnsinnig. Dreißig Minuten in die eine Richtung zu laufen, bedeutet im Umkehrschluss, dreißig Minuten zurücklaufen zu müssen. Wofür hat mein Chef die ganzen schönen modernen Geräte in die Praxis gestellt? Laser Lipo und HIFU, also High Intensity Focused

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