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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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domestizieren: mit Mark die potenziellen Locations für die Hochzeit durchsprechen und ihn sachte in die Richtung schubsen, die ich mir vorstelle. Ich bin ja für die Villa im Grünen. Da passen hundertfünfzig Leute rein, das Mobiliar sieht schön aus, irgendwie Zwanzigerjahre, und Ende September werden die Bäume drumherum bunt sein. Aber das würde ich natürlich nie einfach so sagen. Ich zähle Mark also die Alternativen auf und sage beiläufig: »Vielleicht kennst du die Villa schon. Ich glaube, die haben bei der WM draußen die Spiele übertragen.«
    Nicht dass Mark so naiv wäre, dass er das als Teil unseres Partyprogramms sehen würde. Nein, es soll einfach eine positive Assoziation wecken. Das mag peinlich simpel sein, aber es funktioniert: Automatisch gehen seine Mundwinkel nach oben. Leider hat er trotzdem Einwände. »Das sieht ja ganz schön aus, aber es ist doch viel zu groß.«
    »Wieso denn? Maximal hundertfünfzig Leute, das heißt hundert bis hundertzwanzig plus Tanzfläche.«
    »Hundert Leute?«
    »Oder hundertzwanzig.«
    »Luisa … Wir müssen da mal was klären.«
    »Was denn?«
    »Ich hatte mir das alles weniger opulent vorgestellt. Eine standesamtliche Trauung, ein Abendessen im kleinen Kreis im Restaurant.«
    Ich bin geschockt. Standesamtliche Trauung? Was ist mit Kirche? Ich bin katholisch, verdammt noch mal! Und Abendessen im Restaurant? Im kleinen Kreis? Was ist mit meinen Freundinnen, mit meiner italienischen Verwandtschaft? Trotzig schiebe ich die Unterlippe vor. »Du hast gesagt, wir machen es so, wie ich es mir wünsche.«
    »Wann soll ich das denn gesagt haben?«
    »Auf dem Rückflug von Sylt.«
    »Da war ich halb ohnmächtig vor Übelkeit!«
    »Ach Quatsch, Übelkeit! Du hast Flugangst, gesteh dir das doch endlich ein. Und mir ist egal, warum du es gesagt hast. Du hast es gesagt!«
    »Ich konnte ja nicht ahnen, dass du eine Hochzeit wie beim Hochadel planst.«
    »Du spinnst doch. Ganz normale Leute heiraten in dieser Villa. Und wenn sie viele Freunde und große Familien haben, haben sie nun mal hundertzwanzig Gäste. Ich sehe wirklich nicht ein, warum das für uns unmöglich sein sollte.«
    »Ich hab keine große Familie.«
    »Aber ich! Und das ist dann auch deine Familie, weil wir nämlich heiraten! Und zwar nicht nur standesamtlich, sondern richtig. Mit Kirche! Und Pfarrer!«
    Meine Stimme macht schon nervöse Kiekser. Gleich werde ich anfangen zu weinen, das weiß ich. Mark weiß es auch. Und er hasst es, wenn ich weine. Er atmet tief durch und schaut mich an wie ein Schlangenbeschwörer seine Kobra.
    »Okay, Luisa.«
    »Was?«
    »Es ist okay. Wir feiern groß. Was soll’s? Wir heiraten nur einmal.«
    »Zweimal.«
    »Ich meinte, einmal im Leben.«
    »Aber wenn du die Hochzeit dann schrecklich findest, will ich das nicht. Es soll dir doch auch gefallen.«
    »Weißt du, was mir am besten gefallen würde?«
    Ich schüttele wortlos den Kopf.
    »Eine glückliche Braut.«
    Jetzt weine ich wirklich gleich. Schniefend schaue ich Mark an.
    »Meinst du das ernst?«
    »Ja. Und wenn du deine überspannten Kolleginnen und langweiligen Schulfreundinnen einladen willst, ist es mir auch recht. Aber bitte nicht weinen!«
    »Ich weine ja gar nicht.« Schnell wische ich mir über die Augen und strahle meinen Bräutigam an. Das ging ja schneller als gedacht.
    »Und jetzt zeig mir die Website dieser Villa.«
    Wir entscheiden uns dann aber doch für das alte Wasserwerk. Es gefällt Mark besser. Außerdem passen da hundertachtzig Gäste rein, und die Kirche ist nicht weit entfernt.
    Ich bekomme strikte Handlungsanweisung, am Abend für eine Weile mit Lilly im Wohnzimmer zu verschwinden, damit Mark in der Küche Barnie bitten kann, sein Trauzeuge zu werden. Er möchte dabei mit ihm alleine sein. Meine Güte. Das ist ja wie ein Heiratsantrag bei Oscar Wilde.
    Als es an der Tür klingelt, steht Mark noch in der Küche und kämpft mit der Vorspeise. Er hat sie aus irgendeiner Kochshow, deren Belegschaft am Herd etwas routinierter ist als er. Deshalb startet Mark gerade den zweiten Versuch, Garnelen anzubraten, ohne dass sie eine gummiartige Konsistenz annehmen. Ich öffne Barnie und Lilly. Sie trägt weiße Hosen und eine türkisfarbene Tunika, was zu ihren blonden Haaren und schlanken Beinen super aussieht. Ihren kleinen Schwangerschaftsbauch sieht man kaum. Barnie hat sich entweder selbst Gedanken gemacht oder sie um Rat gefragt – denn es kann kein Zufall sein, dass sein weißes Hemd und seine blauen

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