Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen
Raststätte halten wir an und kaufen Mark ein labbriges Sandwich als Frühstücksersatz. Danach wählt er die Nummer seines Vaters am Starnberger See und kündigt unseren Besuch an. Ich sitze daneben und höre die Begeisterung förmlich durch den Telefonhörer hüpfen. Es ist allerdings seine Halbschwester Judith dran und nicht die ominöse Stiefmutter. So unangenehm kann die Frau gar nicht sein, bei den Töchtern. Die Zwillinge sind entzückend. »Wir sind in drei Stunden da«, sagt Mark. »Sollen wir was mitbringen?«
»Blumen!«, höre ich Judith rufen.
Mit drei Blumensträußen stehen wir gegen elf Uhr vor der Tür. Ich komme mir ein bisschen vor wie eine Assistentin bei Wetten, dass..? , aber das vergeht, als Judith und Rebekka aus der Tür kommen, uns umarmen und sich von Mark die Blumen überreichen lassen.
»Sind die etwa für uns?«, fragt Judith kokett, als hätte sie sie nicht selbst eingefordert.
»Die sind für die schönsten Frauen Starnbergs. Ach, das seid ja ihr!«
»Du darfst nicht mit uns flirten, wir sind verwandt.«
»Ich darf jetzt nur noch mit Frauen flirten, mit denen ich verwandt bin.« Mark legt den Arm um mich. »Luisa und ich heiraten nämlich.«
»Was, echt? Herzlichen Glückwunsch!«
»Danke.« Ich werfe Mark einen indignierten Blick zu. »Du hast es deiner Familie noch nicht erzählt?«
»Äh, nein. Ich dachte, es wäre viel netter, wenn wir das persönlich machen«, erklärt Mark schnell.
»Das ist wirklich netter!«, ruft Rebekka. »Und jetzt kommt endlich rein.«
Das Haus von Marks Vater ist hell und modern. Ein paar andere Häuser versperren den Blick auf den See, aber trotzdem ist es nah am Ufer. Kein Wunder, dass es ihn nach der krawalligen Ehe mit Marks Mutter an ein stehendes Gewässer gezogen hat. Die Frau ist alleine schon anstrengend, aber die beiden zusammen, meinte Mark mal, wären eine explosive Mischung. Deshalb bin ich umso gespannter auf Richards zweite Frau. Und dann steht sie plötzlich vor mir und reicht mir eine weiche Hand.
»Hallo. Ich bin Priska.«
Priska. Ein Name wie ein Niesen. Marks Stiefmutter trägt ungebleichtes Leinen und eine weite fliederfarbene Hose. Alles an ihr ist glatt: ihre langen dunkelblonden Haare, ihre Haut und ihre Stimme. Ihre blauen Augen hat sie nur zu zwei Dritteln geöffnet. Wahrscheinlich schaut sie mit dem letzten Drittel ihrer Aufmerksamkeit permanent in sich hinein. Ich wundere mich. Marks Vater ist lebhaft und absolut bodenständig, genau wie die Töchter. Priska dagegen wirkt, als wolle sie ihr Leben am liebsten auf einer Yogamatte zubringen und dabei auf keinen Fall von Menschen gestört werden. Huldvoll nimmt sie die Blumen von Mark entgegen. Dann schwebt sie vor uns her auf dem Weg in den Wintergarten, während die Mädchen Richtung Kaffeemaschine in die Küche verschwinden. Wir lassen uns auf hübschen, aber schmerzhaft unbequemen verschnörkelten weißen Metallstühlen nieder.
»Lange nicht gesehen, Priska«, sagt Mark betont locker. »Wie geht es dir?«
»Es geht mir gut«, antwortet Priska mit einem madonnenhaften Lächeln und nickt ihm gnädig zu.
»Was machst du eigentlich so den ganzen Tag, jetzt, wo die Mädchen sich selbst ihr Essen kochen können?«
O Gott! Ich heirate einen unhöflichen Trampel.
»Lieber Mark, ich bilde mein Inneres weiter«, antwortet Priska mit unverändertem Lächeln. »Obwohl Richard darauf besteht, ständig raffinierten Zucker und gesättigte Fettsäuren ins Haus zu bringen, schaffe ich es, mein Bewusstsein zu erweitern. Das ist keine Kleinigkeit.«
»Wieso stört dich der Zucker dabei?«, frage ich vorsichtig.
»Diese Nahrungsmittel schwingen negativ«, erklärt Priska, als sei das völlig banal und allseits bekannt.
Zum Glück nähern sich Schritte dem Wintergarten. Marks Vater kommt durch die Tür, begrüßt uns herzlich und küsst seine Frau auf die Wange. Seine dunklen Haare werden an den Schläfen grau, was ihm sehr gut steht. Er trägt Jeans und ein hellblaues Hemd. Die beiden nebeneinander zu sehen, ist eigenartig. Sie sind tatsächlich sehr verschieden. »Was für eine schöne Überraschung! Wie kommt es, dass ihr so spontan hier aufkreuzt?«
»Wir waren in Bozen und sind, ähm … früher zurückgekommen.«
Zum Glück retten uns Judith und Rebekka, die mit zwei Tabletts hereinmarschieren, vor weiteren Erklärungen. Und auch die Bekanntmachung nimmt uns Rebekka gleich ab: »Die beiden heiraten.«
»Oh, herzlichen Glückwunsch. Das wurde ja auch mal Zeit!«
»Einen
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