Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
Vom Netzwerk:
»Lilly, es tut mir so leid. Ich hätte dich nicht zu den Garnelen überreden sollen.«
    »Nicht das Wort sagen.«
    »Welches Wort?«
    »Das G-Wort.«
    »Ah. Okay. Es tut mir leid.« Zaghaft greift Barnie nach Lillys Hand.
    »Du kannst überhaupt nichts dafür. Ich konnte dir das vorhin nicht erklären, aber ich habe dich nur weggeschickt, damit du dich nicht vor mir ekelst.«
    »Vor dir ekeln? Du warst überhaupt nicht ekelhaft. Ich hab mir nur … du weißt schon … ein bisschen Sorgen …. um dich und den Kleinen!«
    Ich drehe mich um und will den Raum diskret verlassen, aber Mark steht mir im Weg und betrachtet über meinen Kopf hinweg interessiert die Szene. Meinen Versuch, ihn rückwärts durch die Tür zu schieben, ignoriert er. »Ich habe dich echt … ich liebe dich«, höre ich Barnie an Lillys Bett sagen. Endlich bemerkt Mark meine Bemühungen und lässt sich von mir auf den Flur schubsen. Er schaut beseelt drein. Und doch auch irgendwie irritiert.
    »Du bist so was von neugierig«, schimpfe ich. Aber auch ich bin irgendwie froh, dass ich das miterleben durfte. Eine Liebeserklärung von Barnie. Das ist mehr als ein Wunder. Barnie ist nicht der Typ für Liebe. Barnie ist der Typ fürs Bett. Und jetzt sagt er der Mutter seines Kindes, dass er sie liebt.
    Den Sonntag verschlafen wir nach den aufregenden Ereignissen fast vollständig. Anfang der Woche darf Lilly das Krankenhaus schon wieder verlassen. Und ich werde eines Morgens in der Arbeit von der furchteinflößenden Elaine begrüßt, die mir eröffnet, dass der Präsentationstermin für die Herbstlinie vorverlegt wurde.
    »Auf wann?«, frage ich vorsichtig.
    »Vierzehn Uhr.«
    »Was, heute?« Ich bin entsetzt.
    »Natürlich heute.«
    Urgs. Ich habe ein paar Ideen für die Linie und ein paar Zeichnungen anfertigen lassen, aber es war noch nichts Geniales dabei. Und auch der Name fehlt mir noch. Das wird keine Präsentation, das wird ein ästhetisches Massaker. Ich greife nach dem Hörer und wähle Anitas Durchwahl.
    »JA, LUISA?« Dass die Frau aber auch immer so schreien muss.
    »Anita, die Herbstpräsentation wurde vorverlegt. Ich bräuchte dich für ein paar Zeichnungen.«
    »Ich komme sofort vorbei!«, jauchzt meine Kollegin, als gäbe es nichts Schöneres auf der Welt. Immerhin hat eine von uns gute Laune.
    »Woran hast du denn genau gedacht?«, fragt Anita kurz darauf und legt ihren Skizzenblock auf ihrem Missoni-Rock zurecht.
    An gar nichts habe ich gedacht. Also muss ich improvisieren und rede einfach drauflos. »Für die Augen natürlich an Edelsteinfarben für den Herbst, das klassische Rostrot, Jagdgrün, Curry. Außerdem möchte ich, dass stilisierte Blätter im Design vorkommen.«
    »Wie soll die Linie eigentlich heißen?«
    Mein Blick fällt auf den goldenen Ring an Anitas Hand, den eine Perle ziert. »Goldener Herbst«, sage ich schnell.
    »Finde ich gut«, nickt Anita und fängt schon an zu zeichnen. »Ein paar goldene Partikel kann man auch in die Verpackung integrieren, das glitzert dann schön.« Mit wenigen Strichen entwirft sie eine Lidschattendose, die ich selbst sofort kaufen würde.
    »Bei den Lippenstiften fände ich goldene Hülsen gut, wenn das nicht den anvisierten Preis sprengt. Ansonsten Rostrot mit Gold. Und wieder die Blattstruktur. Bekommst du das hin?« Ich werfe einen Blick auf den Entwurf und bin erleichtert. Anita bekommt das sogar ausgezeichnet hin. Der Lippenstift sieht aus wie für Liv Tyler in Herr der Ringe gemacht.
    Auch die Kollegen sind angetan von unserer Präsentation. Alle. Bis auf einen.
    »Goldener Herbst«, mäkelt Mike und schüttelt sein Köpfchen. »Was soll das sein? Es heißt doch nur goldener Oktober.«
    »Ganz recht, Mike«, sage ich überfreundlich. »Und wir dehnen die goldenen Zeiten aus. Bei uns ist es eben der ganze Herbst.«
    »Verstehe ich nicht.«
    »Ich schon«, schaltet sich unser Chef ein. »Das hat Klasse. Können wir genau so umsetzen. Die Budgetplanung besprechen wir dann gleich in meinem Büro, Luisa.«
    Hm. Zu Jérôme ins Büro gerufen zu werden, ist eigentlich kein gutes Zeichen. Außerdem spreche ich ihn fürchterlich ungern mit diesem Namen an. Erstens widerstrebt es mir, dass wir uns hier alle duzen. Und zweitens bin ich mir absolut sicher, dass Jérôme nicht sein richtiger Name ist. In Schwaben kommt man nicht als Jérôme zur Welt. Wahrscheinlich heißt er in Wahrheit Albert oder Wolfgang. Nicht nur sein Name ist eigenartig, sondern auch seine Begeisterung für Esoterik. Als

Weitere Kostenlose Bücher